„Schwere Kriegsverbrechen“
Die UNO wirft dem syrischen Regime schwere Kriegsverbrechen und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die syrische Regierung wird für mutmaßliche Luftangriffe mit giftigem Chlorgas auf bewohnte Gebiete verantwortlich gemacht. IS werden öffentliche Hinrichtungen, Kampfausbildungen für Kinder und jugendliche Selbstmordattentäter angelastet.
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In ihrem 45-seitigen Bericht zur Menschenrechtslage in Syrien listen die vier verantwortlichen Ermittler Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf, die zwischen dem 20. Jänner und 15. Juli von der syrischen Regierung und den verschiedenen Rebellengruppen in dem Bürgerkriegsland begangen wurden. Die sunnitische IS-Miliz hat dabei der Regierung von Präsident Baschar Al-Assad den Rang abgelaufen, wenn es um die Anzahl und die Schwere der ihnen zur Last gelegten Verbrechen geht.
Hinrichtungen als „übliche Spektakel“
Die IS-Kämpfer verbreiten dem Bericht zufolge mit öffentlichen Hinrichtungen, Amputationen und Auspeitschungen Angst und Schrecken. Hinrichtungen auf öffentlichen Plätzen seien vor allem in den nördlichen Regionen um Rakka und Aleppo zu einem „üblichen Spektakel an Freitagen“ geworden. Sogar Kinder würden dazu gezwungen, bei Enthauptungen und Erschießungen zuzuschauen.
Die IS-Milizionäre hätten schon Burschen, die erst 15 Jahre alt gewesen seien, getötet, heißt es in dem Bericht. Die Leichen der Getöteten würden oft tagelang öffentlich zur Schau gestellt, um die Bevölkerung zu „terrorisieren“. Sogar Teenager müssten sich an Kämpfen und Selbstmordanschlägen beteiligen, heißt es in dem Bericht. Rekrutiert und trainiert werden demnach Kinder ab zehn Jahren. Die IS-Kämpfer hatten in den vergangenen Monaten große Gebiete in Syrien und im benachbarten Nordirak erobert und dort ein „Kalifat“ ausgerufen.
Auf Augenzeugenberichte angewiesen
Die Untersuchungskommission zu Menschenrechtsverletzungen in Syrien wurde im September 2011 vom UNO-Menschenrechtsrat ins Leben gerufen. Ihr gehört auch die ehemalige Chefanklägerin des internationalen Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien, Carla del Ponte, an.
Den Ermittlern wurde bisher die Einreise nach Syrien verwehrt. Sie müssen sich daher auf Gespräche mit Augenzeugen und mit der Auswertung von Fotos und Dokumenten begnügen. Demnach gibt es „ausreichende Gründe“ für den Verdacht, dass bei acht Luftangriffen auf insgesamt drei Dörfer im Norden des Landes Fassbomben mit „Chemikalien, wahrscheinlich Chlorgas“, abgeworfen wurden. Zudem würden jede Woche Hunderte Zivilisten durch Luftangriffe mit Fassbomben getötet, heißt es in dem Bericht.
Del Ponte: IStGH soll tätig werden
Die syrische Regierung hatte im Herbst 2013 unter starkem internationalen Druck eingewilligt, ihre chemischen Waffen zur Vernichtung außer Landes zu bringen. Chlorgas hat zwar ebenfalls eine toxische Wirkung, fällt aber nicht unter die Vereinbarung zur Vernichtung der C-Waffen. Del Ponte forderte bei der Vorstellung des Berichts den UNO-Sicherheitsrat auf, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag mit der Aufarbeitung der Verbrechen in Syrien zu beauftragen. Demnach soll der Sicherheitsrat Del Ponte und die weiteren drei Mitglieder der Untersuchungskommission mit den Ermittlungen betrauen. „Wir sind bereit“, sagte Del Ponte.
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