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Alle Patienten unter Quarantäne

Die Ebola-Epidemie in Westafrika weitet sich aus. Nach Guinea, Liberia und Sierra Leone wurden nun in Nigeria mehrere Ebola-Fälle in Labortests bestätigt. Allerdings gehen die offiziellen Angaben über die Zahl der Krankheitsfälle auseinander.

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Der örtliche Gesundheitsbeauftragte Jide Idris bestätigte am Dienstagabend acht Fälle. Alle Patienten lägen in Lagos auf Isolierstationen in Quarantäne, weitere mögliche Fälle würden überwacht, so Idris. Nigerias Gesundheitsminister Onyebuchi Chukwu sprach laut der Nachrichtenagentur AP am Mittwoch nur von sieben Krankheitsfällen. Allerdings ist laut Chukwu bereits eine weitere Patientin gestorben. Sie soll ebenfalls Kontakt mit Patrick Sawyer gehabt haben, der vor knapp zwei Wochen in einem Krankenhaus in Lagos an Ebola starb.

Höchste Alarmbereitschaft

Bereits am Montag hatte die Regierung bekanntgegeben, dass sich ein Arzt bei der Behandlung von Sawyer mit dem Virus infiziert hatte. Der Berater der liberianischen Regierung war wenige Tage zuvor mit einem Flugzeug in die Millionenmetropole gereist und dort auf dem Flughafen zusammengebrochen.

Maskierte Gesundheitsbeauftragte und Polizei am Flughafen in Lagos

APA/AP/Sunday Alamba

Gesundheitsbeobachter und Sicherheitskräfte sollen mögliche Verdachtsfälle auf dem Flughafen in Lagos abfangen

Die Regierung hatte daraufhin die Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt und alle Flughäfen, Seehäfen und Landesgrenzen verstärkt überwacht. Die Regierung sandte darüber hinaus medizinisches Personal zu wichtigen Grenzpunkten. Zudem wurden in vielen Bundesstaaten Aufklärungskampagnen gestartet. Am Wochenende hatten die Behörden mitgeteilt, dass eine Schließung der Grenzen zunächst nicht geplant sei.

Spanien holt erkrankten Geistlichen zurück

Die spanische Regierung gab unterdessen bekannt, einen mit dem Ebola-Virus infizierten Staatsbürger aus Westafrika in sein Heimatland zurückbringen zu wollen. Eine Maschine der spanischen Luftwaffe sollte am Mittwoch von Madrid nach Liberia starten, um den aus Spanien stammenden Geistlichen abzuholen. Bei dem Transport würden die strengen Sicherheits- und Quarantänevorkehrungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingehalten, verlautete aus dem Verteidigungsministerium.

Zehntausende Spanier hatten zuvor von der Regierung in Madrid die sofortige Rückkehr des Geistlichen gefordert. Die entsprechende Internetpetition war am Dienstagabend bereits von mehr als 75.000 Menschen unterstützt worden. Der 75-jährige Johanniter, der seit acht Jahren in Liberia für eine Nichtregierungsorganisation tätig ist, sagte der Nachrichtenagentur EFE, er fühle sich im Stich gelassen. Ein Test ergab am Montag, dass er Ebola hat. „Ich würde gern nach Spanien, weil wir hier sehr schlechte Erfahrungen gemacht haben. Man hilft uns nicht.“

Weltbank kündigt Millionenhilfe an

Angesichts der rapide zunehmenden Zahl der Ebola-Opfer in Westafrika will die Weltbank den Kampf gegen die Epidemie massiv unterstützen. Bis zu 200 Millionen Euro (149 Mio. Euro) sollen es Guinea, Liberia und Sierra Leone ermöglichen, das Virus unter Kontrolle zu bekommen und den wirtschaftlichen Schaden durch die Seuche zu mindern, teilte die Organisation mit.

Grafik zeigt Ebola-Epidemien in Afrika

APA/ORF.at

Die WHO hatte bereits am Donnerstag ein 100-Millionen-Dollar-Programm gegen die seit Monaten andauernde Ebola-Epidemie angekündigt. Der Krankheit fielen nach neuen Angaben der WHO wahrscheinlich bereits mehr als 900 Menschen zum Opfer. Aus den betroffenen Ländern in Westafrika seien bis zum 4. August insgesamt 1.711 Fälle sowie Verdachtsfälle gemeldet worden. 932 dieser Patienten seien gestorben, teilte die WHO am Mittwoch mit. Bei 603 der Toten sei Ebola bestätigt, bei den anderen wahrscheinlich, aber noch nicht eindeutig nachgewiesen.

Auch in Saudi-Arabien starb ein Mann, der möglicherweise mit Ebola infiziert war. Die Blutproben des Geschäftsmannes, der mit ebolaähnlichen Symptomen von einer Reise aus Sierra Leone zurückgekehrt war, seien aber noch nicht ausgewertet, teilte das Gesundheitsministerium in Riad mit.

WHO-Experten beraten in Genf

Internationale Experten für Virusinfektionen und Seuchen kamen am Mittwoch in Genf zusammen, um Maßnahmen zur Eindämmung der Ebola-Epidemie zu erörtern. Die Mitglieder des Notfallkomitees der WHO sollen bei zweitägigen Beratungen feststellen, ob der Ausbruch der Infektionskrankheit als internationaler Gesundheitsnotfall eingestuft werden sollte.

Die Entscheidung darüber liegt bei WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. Die Expertenempfehlung soll am Freitag bekanntgegeben werden. Es ist das erste Mal, dass das WHO-Notfallkomitee wegen eines Ebola-Ausbruchs einberufen wird. Zuletzt hatten die Fachleute im Mai wegen der Ausbreitung von Polio in Pakistan und Afghanistan einen internationalen Gesundheitsnotfall konstatiert.

Liberias Präsidentin fordert zum Gebet auf

Liberia setzt seine Hoffnungen ob der kritischen Lage mittlerweile auf göttlichen Beistand. Die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf forderte die Bevölkerung ihres Landes auf, für göttliche Hilfe zu beten. Die Liberianer sollten drei Tage des Fastens und des Gebets einhalten, „damit Gott Mitleid mit uns hat und unsere Sünden vergibt und unser Land heilt, während wir gegen das tödliche Ebola-Virus kämpfen“.

Die Fasten- und Gebetszeit soll bis Freitagabend andauern, Höhepunkt ist ein dreistündiger Gottesdienst in Monrovia, der live im Fernsehen übertragen werden soll. Das Präsidentenamt erklärte, religiöse Würdenträger würden auch gegen „jede Form der Hexerei beten, mit der das Ebola-Virus verbreitet wird“, sowie für das Gesundheitspersonal im Kampf gegen das Virus.

US-Arzt mit neuem Wirkstoff behandelt

Für Hoffnung sorgt unterdessen die anscheinend erfolgreiche Behandlung eines US-Arztes mit einem neuen Wirkstoff. Der aus Liberia in die USA ausgeflogene Kent Brantly wird mit dem auf Antkörpern basierenden Mittel ZMapp behandelt. Zuvor war der Wirkstoff lediglich an Affen getestet worden. Nach der Verabreichung habe sich Brantlys Zustand binnen einer Stunde gebessert, hatte der Sender CNN berichtet.

Experten reagierten allerdings zurückhaltend auf das experimentelle Serum. „Ich glaube, wir sollten sehr vorsichtig sein und keine Schlüsse über die Rolle von ZMapp ziehen, bis wir mehr Details erfahren“, sagte der US-Mikrobiologe Thomas Geisbert von der University of Texas in Galveston, einer der führenden Ebola-Forscher. Brantly könne auch zu jenen rund 40 Prozent der Patienten gehören, die die Erkrankung ohne Behandlung überleben. „Ich glaube, wir benötigen mehr Daten, um eine definitive Aussage zu treffen“, sagte Geisbert der dpa.

Fluglinien setzen Flüge aus

Am Dienstag strich British Airways als zweite Fluglinie ihre Flüge nach Westafrika. Zunächst bis Ende des Monats werden Sierra Leone und Liberia nicht mehr angeflogen, wie die Muttergesellschaft IAG mitteilte. Die Gesundheit und Sicherheit von Passagieren, Besatzung und Bodenpersonal habe höchste Priorität. Als erste große internationale Fluggesellschaft hatte die arabische Emirates wegen der Ebola-Seuche am Samstag ihre Flüge nach Guinea eingestellt.

Mit Nigeria ist das erste Mal auch ein Land von der jüngsten Ebola-Epidemie betroffen, zu dem die Austrian-Airlines-Mutter Lufthansa eine direkte Flugverbindung unterhält. Die deutsche Fluggesellschaft fliegt täglich von Frankfurt aus zwei Ziele in Nigeria an: Lagos und Abuja. „Wir verfolgen die Situation aufmerksam“, sagte ein Lufthansa-Sprecher. „Wir planen derzeit aber keine Veränderung in unserem Angebot.“

Ausbreitung in Europa unwahrscheinlich

Eine Angst von einer Ausbreitung von Ebola nach Europa ist aus Expertensicht unbegründet. „Es ist absolut unwahrscheinlich, dass es in Europa zu einer Epidemie kommt“, sagte der Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, Jonas Schmidt-Chanasit. Er räumte allerdings ein, dass mit den steigenden Infektionszahlen und immer mehr Helfern aus Europa das Risiko steige, dass ein Erkrankter einreise.

Von der Ansteckung bis zu ersten Symptomen vergehen bei Ebola bis zu drei Wochen. In dieser Zeit könne der Betroffene aber keine anderen Menschen infizieren, sagte Schmidt-Chanasit. Erst bei Fieber, Durchfall oder Erbrechen werde das Virus weitergegeben. „Dafür ist ein enger Kontakt mit Erkrankten oder verstorbenen Patienten notwendig - wie ihn etwa Angehörige haben.“

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