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„Chance auf Rückkehr“ gefordert

„Österreichs Universitäten bilden viel und gut aus - unterm Strich profitiert Österreich aber zu wenig davon.“ Zu diesem Schluss kommt die Universität Wien mit Blick auf aktuelle Ab- und Zuwanderungsdaten. Demnach können nicht nur ausländische Absolventen „selten gehalten werden“ - auch hoch qualifizierte Österreicher suchen zusehends ihr Glück im Ausland.

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Für den Vizerektor der Uni Wien, Heinz Faßmann, steht außer Frage, dass Österreich „ein Braindrain-Problem“ hat. Untermauert werde das durch aktuelle Daten der Statistik Austria, so Faßmann bei einer gemeinsam mit Uni-Wien-Rektor Heinz Engl und voestalpine-Chef Wolfgang Eder abgehaltenen Pressekonferenz Mitte März. Demnach verlassen schon seit Jahren mehr Österreicher das Land, als zurückkommen, wobei die höchsten Wegzugsraten die Hochschulabsolventen aufweisen.

Kritik an Rot-Weiß-Rot-Card

Es ziehen aber nicht nur inländische Absolventen ins Ausland, sondern auch ausländische Studenten verlassen nach Beendigung ihrer Ausbildung das Land. Derzeit sind rund ein Viertel der Studenten an österreichischen Unis und sogar 38 Prozent der Studienanfänger Ausländer. Diese werden aber nicht gehalten: Weniger als 20 Prozent der ausländischen Absolventen beantragen Faßmann zufolge nach Studienabschluss erneut eine Aufenthaltserlaubnis.

Ein ähnliches Bild zeigt ein Blick auf die Zahlen der Rot-Weiß-Rot-Card: 2013 wurden nur 214 Karten an ausländische Studienabsolventen ausgegeben - bei rund 1.700 Graduierten aus Drittstaaten. Das sind rund zwölf Prozent. Nun gelte es unter anderem mit attraktiven Rückkehrmöglichkeiten an heimischen Ausbildungsstätten und Unternehmen dem Braindrain entgegenzuwirken. Faßmann forderte auch eine „Nachjustierung der Rot-Weiß-Rot-Karte“, sonst bleibe Österreich ein „qualifikatorischer Durchlauferhitzer“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Sehr demotivierend“

Laut Faßmann muss etwa die erlaubte Jobsuchdauer von sechs Monaten ausgedehnt werden. Außerdem seien die Einkommensgrenzen zu hoch: „2.000 Euro für den Erstjob ist schon eine ordentliche Hürde.“ Nötig seien auch ein Ausdehnen auf Bachelorabsolventen sowie ein „administratives Umdenken“ in Richtung „One-Stop-Shop“: „Wenn man weiß, wie Akten zwischen MA 35 und AMS hin- und hergeschoben werden, ist das frustrierend.“

Ähnliche Probleme ortet auch Eder. Die Rot-Weiß-Rot-Card sei zwar „gut gemeint“ gewesen, „aber so, wie sie gehandhabt wird - was den Aufwand betrifft und die Administration -, ist das sehr demotivierend“. International mobilen Leuten sei es jedenfalls nicht zuzumuten, „siebenmal zum gleichen Schalter zu gehen“.

„Unattraktives“ Österreich

Probleme für qualifizierte Arbeitskräfte sieht Eder aber auch in der hohen Staatsquote. „Österreich ist auch vom gesellschaftlichen und politischen Umfeld her unattraktiv, nicht zuletzt auch aufgrund der steuerlichen Situation.“ So sei etwa die Gehaltssituation ohnehin nicht berauschend: „Wenn man vom Start weg 35 Prozent Steuern zahlt, fragt man sich, warum man arbeitet.“ Gerade junge, gut ausgebildete Leute wollten Freiräume: „Die sagen. Wenn ich die Arbeitszusatzkosten sehe, dann gehe ich nach Katar, Singapur oder Pressburg, London oder Birmingham.“

Ziel ist es für Engl keineswegs, „dass alle unsere Absolventen gleich in Österreich tätig werden“. Es sei auch wichtig, dass man anderswo Erfahrungen macht. „Aber dann muss man auch die Chance haben, wieder nach Österreich zurückzukommen.“ Dafür brauche es sowohl attraktive Karrieremodelle an den Unis als auch entsprechende finanzielle Mittel für die Hochschulen.

Bei Berufungsverhandlungen komme es sowohl auf die Laborsituation bzw. Ausstattung eines Lehrstuhls als auch auf die Gehaltsmöglichkeiten an. Hier pflichtete er Eder bei: „Wir sind ein Hochsteuerland - das merke ich immer wieder bei Kandidaten aus Deutschland und den USA. Wir müssen viel höhere Bruttogehälter bieten, damit für sie netto gleich viel übrig bleibt wie an den Konkurrenzunis.“

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