Ende des Tarif-Eldorados
Seit letztem Herbst steigen die Preise bei den heimischen Mobilfunkern schrittweise an, wie Arbeiterkammer (AK) und Telekomregulierungsbehörde (RTR) bestätigen. Die Mobilfunker verweisen auf steigende Ausgaben und sinkende Umsätze. Kritiker sehen die Ursachen im abgeflauten Wettbewerb.
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Viele Jahre galt Österreich als Schlaraffenland was Mobilfunkpreise anbelangt. Zeitweise bis zu fünf Mobilfunkbetreiber (A1, T-Mobile, tele.ring, „3“, Orange) rauften sich um einen Markt von acht Millionen Einwohnern. Die Kunden profitierten von dem harten Wettbewerb durch günstige Tarife und Null-Euro-Handyangebote. Doch die fetten Jahre des ungebremsten Wachstums sind vorbei. Der Markt ist gesättigt, die Anzahl der angemeldeten SIM-Karten liegt in Österreich bei 13,2 Millionen.
„Klares Zeichen für einen Umbruch“
Statt Neukunden mit Tarifzuckerln zu locken, drehen Mobilfunker vermehrt an der Preisschraube, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Bemerkenswert dabei ist, dass nicht nur neue Tarife teurer angeboten werden, sondern zuletzt auch in Verträge mit Bestandskunden eingegriffen wurde. „Das ist ein klares Zeichen für einen Umbruch“, so Konsumentenschützerin Daniela Zimmer von der AK. „Die Handynetzbetreiber riskieren eine außerordentliche Kündigung durch den Kunden“ - und damit den Verlust von Kunden.
Denn bei einer Vertragsänderung muss der Mobilfunker dem Kunden nach schriftlicher Mitteilung ein vierwöchiges außerordentliches Kündigungsrecht einräumen. Kunden können dann kostenlos vor Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer aus dem Vertrag aussteigen und etwa auch das subventionierte Handy behalten - ein Ausstiegsszenario, das Mobilfunker bisher möglichst zu vermeiden versucht haben. Zimmer verweist hier auf den Tarifrechner der AK, der einen Überblick bietet, ob es einen passenden günstigeren Tarif bei einem Mitbewerber gibt.
Weniger Wettbewerb
Neben der Sättigung machte der heimische Handymarkt im letzten Jahr auch einige Veränderungen durch. Der in Hongkong ansässige Mobilfunkanbieter Hutchison „3“ übernahm den Konkurrenten Orange für 1,3 Milliarden Euro und ließ die Marke Orange ab Herbst 2013 aus Österreich verschwinden. Es blieben nur noch drei Betreiber (A1, T-Mobile, „3“) übrig. Bereits zu der Zeit warnten einige Experten, dass mit einem abgeflauten Wettbewerb ein Preisanstieg zu befürchten sei. „Je weniger Anbieter, desto geringer ist der Preisdruck“, so der Tenor.
Und just zum Zeitpunkt der Durchführung der Fusion begannen die Preiserhöhungen auf Endkundenseite, wie Anita Maierhofer von der Regulierungsbehörde RTR gegenüber ORF.at bestätigt. Seit dem letzten Quartal 2013 habe sich die Häufigkeit der Preisanpassungen stark erhöht. Das sei klar ersichtlich. „Der zeitliche Zusammenhang ist schon bemerkenswert“, so auch Konsumentenschützerin Zimmer.
Bei Frequenzauktion übernommen?
Die Mobilfunker führen unter anderem die „absurd hohen“ Frequenzkosten und die Kosten für den Netzausbau für die vierte Mobilfunkgeneration LTE (4G) als Gründe für die Verteuerungen an. Das habe sicherlich eine gewisse Bedeutung, vermag aber den Preisanstieg allein nicht zu erklären, so Maierhofer von der RTR. Nach einer wahren Bieterschlacht unter den heimischen Handybetreibern hatte der Staat Österreich durch die Versteigerung von zusätzlichen Mobilfunkfrequenzen im Oktober 2013 über zwei Milliarden Euro - knapp das Vierfache des Mindestgebots - eingenommen.
Die Telekom Austria (TA) bezahlte 1,03 Mrd. Euro, T-Mobile 654 Mio. Euro und Hutchison („3“) 330 Mio. Euro. Schon kurz nach der milliardenschweren Frequenzauktion hatten AK und Analysten davor gewarnt, dass die Handytarife in Österreich anziehen werden. Selbst Jan Trionow, Chef von „3“, hatte damals eingeräumt: „Die Aussage ‚Der Konsument zahlt die Zeche‘ ist im Prinzip richtig“, man werde die „Kosten reinholen müssen“, so Trionow. Und das scheint nun eingetroffen zu sein.
Roaming-Aus bringt Umsatzverlust
Auch die geplante vollständige Abschaffung der Roaminggebühren mit Ende 2015 bereitet den Mobilfunkanbietern Sorgen. Das würde in Österreich einen Verlust von etwa 5,5 Prozent des Umsatzes bedeuten, der bisher von Touristen beigesteuert wurde, so T-Mobile-Sprecherin Barbara Holzbauer gegenüber ORF.at.
Auch andere Einnahmequellen wie etwa die Umsätze mit Kurzmitteilungen brechen der vormals erfolgsverwöhnten Kommunikationsbranche weg. Mobile Lösungen am Smartphone wie iMessage und Whatsapp haben der Kurzmitteilung vor allem bei den jüngeren Nutzern längst den Rang abgelaufen. Laut RTR-Statistik verschickte jeder österreichische Handynutzer im dritten Quartal 2013 34 SMS pro Monat. Telefoniert wurde im Durchschnitt 140 Minuten, das verbrauchte Datenvolumen lag bei durchschnittlich 735 MB pro Monat.
Marktanteile in Österreich
Nachdem der Hutchison „3“ den Konkurrenten Orange vom gleichnamigen Mutterkonzern übernahm, gibt es hierzulande nur noch drei Mobilfunkbetreiber. Marktführer in Österreich ist A1 mit 5,74 Millionen Kunden und einem Marktanteil von 43,4 Prozent. T-Mobile liegt mit 4,09 Millionen Kunden an zweiter Stelle, das entspricht einem Marktanteil von 31 Prozent. „3“ ist mit 3,38 Millionen Kunden der drittgrößte Mobilfunkbetreiber in Österreich. Der Marktanteil liegt bei 25,6 Prozent.
Frischer Wind durch Quereinsteiger?
Neue Marktteilnehmer, welche sich in die bestehenden Netze von A1, T-Mobile und „3“ einmieten, könnten zumindest wieder etwas Schwung in den Markt bringen. Die Quereinsteiger ersparen sich mit der Einmietung den kostspieligen Aufbau einer eigenen Netzinfrastruktur und bewegen sich üblicherweise im Billigsegment.
Der Lebensmitteldiskonter Hofer wird gemeinsam mit der Firma Ventocom des ehemaligen tele.ring- und Orange-Chefs Michael Krammer 2015 ein neues Mobilfunkangebot auf den Markt bringen, wie der „Kurier“ berichtet. Das „Hot“ genannte Angebot soll die A1-Billigschiene Yesss bei Hofer ersetzen. Beim Wiener Technologieunternehmen Mass Response, eigentlich Anbieter von Televoting für Fernsehsendungen und Callcenter-Lösungen, soll der Einstieg in den Handymarkt über das Netz von „3“ kurz bevorstehen. Des Weiteren hat der Kabelnetzbetreiber UPC angekündigt, Ende des Jahres im Netz von "3“ als „virtueller Netzbetreiber“ zu starten.
Die Tarife in der EU
Im europäischen Vergleich zählen die heimischen Handytarife zwar auch nach den jetzigen Verteuerungen noch zu den günstigeren. Doch eine langsame Angleichung scheint bereits stattzufinden. Handynutzer werden sich wohl auf zumindest moderat steigende Durchschnittstarife einstellen müssen.
„Unserer Einschätzung nach liegen die österreichischen Mobilfunkpreise noch immer deutlich unter dem EU-Durchschnitt“, so Maierhofer von der RTR. Zu den teuersten Ländern zählen laut Eurostat Irland, Griechenland, Großbritannien, Ungarn und die Schweiz. „Spätestens am Ende des Jahres dürften wir wissen, wo wir mit diesen Preiserhöhungen gelandet sind.“
Beate Macura, ORF.at
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