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Geld für nicht abgenommenes Gas

Der staatliche russische Konzern Gasprom hat der Ukraine schlagartig zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe in Rechnung gestellt. Gasprom fordere 11,4 Milliarden Dollar (8,2 Mrd. Euro) vom ukrainischen Staatskonzern Naftogas wegen nicht eingehaltener Klauseln über Gaslieferungen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag.

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Naftogas habe im vergangenen Jahr nur 12,9 Milliarden Kubikmeter Gas importiert anstatt der vereinbarten 41,6 Milliarden Kubikmeter Gas, hieß es. Gezahlt werden müsse aber für die vereinbarte Liefermenge und nicht für das tatsächlich abgenommene Gas. Zusätzlich zu den neu geforderten 11,4 Milliarden Dollar verlangt Gasprom von der Ukraine 2,2 Milliarden Dollar aus schon länger bestehenden Forderungen.

Russland hatte zu Beginn des Monats den Preis für Gas von 268 Dollar auf 485 Dollar pro 1.000 Kubikmeter erhöht. Begründet wurde das damit, dass vereinbarte Rabatte unter anderem durch die Angliederung der Krim an Russland hinfällig seien. Russlands Präsident Wladimir Putin drohte zudem, die Ukraine nur noch gegen Vorkasse mit Gas zu beliefern und notfalls die Versorgung zu drosseln, sollten die Außenstände nicht rasch beglichen werden.

EU will Gasgipfel

Die jüngste Gasprom-Forderung verschärft den Gaskonflikt - eine wichtige Nebentangente im Ukraine-Konflikt. Denn erst am Mittwoch hatte die EU-Kommission zu einem Dreiergipfel geladen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger habe ein Einladungsschreiben an den russischen Energieminister Alexander Nowak und den ukrainischen Energieminister Juri Prodan geschickt, teilte Oettingers Büro am Mittwoch in Brüssel auf Anfrage mit.

Die Einladung gelte für ein „erstes Treffen von trilateralen Beratungen“. Ort und Zeit seien noch nicht festgelegt. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vor kurzem die EU-Länder vor Engpässen bei der Energieversorgung als Folge des Ukraine-Konflikts gewarnt. Dieser werfe wichtige Fragen für Europas Energiesicherheit auf.

Suche nach europäischer Antwort

EU-Kommissionschef Jose Manuel Durao Barroso hatte daraufhin die EU-Staats- und Regierungschefs in einem Brief gebeten, eine gemeinsame europäische Antwort zu geben. „EU-Kommissar Oettinger steht bereit, die in dem Brief von Kommissionspräsident Barroso an Präsident Putin genannten Themen mit seinen russischen und ukrainischen Amtskollegen sofort zu erörtern“, teilte die EU-Kommission mit.

Putin droht damit, der Ukraine nur Gas gegen Vorkasse zu liefern - was Auswirkungen auf Europas Versorgung haben könnte. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für Gas aus Russland. Wegen unbezahlter Rechnungen hatte Russland der Ukraine 2009 das Gas zeitweilig abgedreht, was zu Engpässen auch in der EU führte.

OMV sucht neue Routen für russisches Gas

Der Erdöl- und Gaskonzern OMV will sich unterdessen unabhängiger von Gaslieferungen durch die Ukraine machen und streckt seine Fühler nach Alternativen aus. Bei einem Treffen von OMV-Chef Gerhard Roiss und Gasprom-Boss Alexei Miller in Wien seien alternative Wege für den Transport von russischem Gas nach Mitteleuropa erörtert worden, teilte der Wiener Konzern am Dienstag mit. Gasprom deckt etwa 30 Prozent des europäischen Gasbedarfs.

Etwa die Hälfte der Lieferungen wird durch die Ukraine geleitet. Als Alternativen nannte OMV den Transport über die Ostsee-Pipeline Nord Stream weiter über die Anbindungspipeline Opal bis nach Mitteleuropa. Opal ist eine von drei Röhren, die in Deutschland die Pipeline Nord Stream an das europäische Erdgas-Fernleitungsnetz anbindet.

Besonders abhängig

Die OMV ist im Gasgeschäft von Russland besonders abhängig. Ihre Tochter EconGas, an der OMV 50 Prozent hält, bezieht einen Großteil ihres Gases von Gasprom. Der von der OMV betriebene Gasknotenpunkt in Baumgarten ist zudem eine der größten Drehscheiben für russisches Gas. Rund ein Drittel des gesamten russischen Exports nach Westeuropa läuft über diese Gasstation und gelangt von hier nach Ungarn, Italien, Kroatien, Slowenien, Deutschland und Frankreich.

Unterschriftsreife Ergebnisse hat das Treffen der beiden Konzernchefs einem OMV-Sprecher zufolge nicht gebracht. Es habe aber die wirtschaftlichen Beziehungen beider Unternehmen gefestigt, sagte er. Die Einfuhrmengen für russisches Gas seien von der aktuellen Situation infolge des Konflikts mit der Ukraine nicht beeinträchtigt und würden auf saisonal üblichem Niveau liegen.

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