Pecik als Vorhut
Der mexikanische Milliardär Carlos Slim hat in Europa auf zwei unterschiedliche Übernahmestrategien gesetzt: Beim niederländischen Telekomkonzern KPN biss sich Slim mit einer feindlichen Übernahme die Zähne aus. In Österreich hingegen war ein Kuschelkurs angesagt. Eine Übersicht.
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25. November 2011: Die Telekom Austria (TA) meldet, dass der Investor Ronny Pecik und sein ägyptischer Financier Naguib Sawiri sich mit gut 15 Prozent bei der Telekom Austria AG eingekauft und dafür rund 540 Mio. Euro in die Hand genommen haben.
19. Jänner 2012: Pecik zieht seine Call-Optionen auf 5,1 Prozent der TA-Aktien und hält nun über die RPR-Privatstiftung direkt und indirekt 20,118 Prozent.
12. Mai: Erste Medienberichte über einen möglichen Einstieg von Slim bei der TA tauchen auf. Es soll bereits geheim erste Kontakte zwischen Slim und Pecik sowie Sawiris gegeben haben.
23. Mai: Pecik wird bei der TA-Hauptversammlung mit knapp über 73 Prozent der Stimmen in den Aufsichtsrat gewählt.
24. Mai: Sawiris droht mit Verkauf der TA-Anteile an Slim. „Wenn die Regierung uns nicht erlaubt, das Unternehmen so zu führen, wie wir das wollen, dann wird es für uns unattraktiv“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Bloomberg.
5. Juni: Auch Pecik will laut „News“ die Anteile an Slim weitergeben. Am Abend bestätigt ein Manager Slims den Einstieg bei der TA in Höhe von 4,1 Prozent.
15. Juni: Slim gibt bekannt, den Kauf von 21 Prozent an der TA mit Pecik und Sawiris vereinbart zu haben - für kolportierte 9,50 Euro pro Aktie. Knapp fünf Prozent wurden bereits erworben, die restlichen Anteile sollten im Laufe des Jahres folgen. Am Abend wird bekannt, dass Slim bereits 9,89 Prozent an der TA hält, weil auch Slims Familienstiftung mit 3,14 Prozent beteiligt ist.
19. Juni: Kleinanlegerschützer Wilhelm Rasinger empfiehlt der Staatsholding ÖIAG für die TA eine Syndikatslösung ähnlich wie bei der ebenfalls teilstaatlichen OMV.
12. Juli: Slims America Movil will sich vorerst mit seinem Viertel an der TA begnügen. „Der nächste Schritt würde bedeuten, die Mehrheit an der und damit die Verantwortung für die Telekom zu übernehmen“, sagt America-Movil-CEO Daniel Hajj in „News“.
Ende Juli: Sowohl Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) als auch der Telekom-Regulator TKK (Telekom-Control-Kommission) genehmigen den Einstieg von Slim.
25. September: Pecik überträgt die restlichen 16 Prozent an Slims America Movil.
23. Oktober: Slim hat neben Pecik nun mit dem Mexikaner Oscar von Hauske Solis einen zweiten Vertreter im Aufsichtsrat der TA.
18. Dezember: Laut „Financial Times“ ist Slims Vermögen allein durch seinen Einstieg bei der TA und dem niederländischen Telekomkonzern KPN um bisher 1,8 Mrd. Euro geschmolzen.
9. August 2013: Slim wagt einen Übernahmeversuch des niederländischen Telekomkonzerns KPN. Seine America Movil, die bereits fast 30 Prozent an KPN hält, bietet um insgesamt rund 7,2 Mrd. für die restlichen Aktien. Die Übernahmespekulationen treiben auch den Aktienkurs der TA um mehr als acht Prozent in die Höhe.
26. August: Der Chef der Staatsholding ÖIAG, Rudolf Kemler, stellt klar, dass er nicht vorhabe, „den ÖIAG-Anteil verwässern zu lassen“. Anfang 2014 ließ er allerdings mehrmals durchblicken, dass sich die Republik mit einer Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie zufriedengebe.
29. August: In den Niederlanden blockiert die KPN-Stiftung die Übernahme durch America Movil. Nach einem dreiwöchigen Fusionspoker gibt Slim den Übernahmeversuch auf.
25. September: Exakt ein Jahr nachdem Pecik seine Aktien komplett an Slim übertragen hat, läuft die Frist für weitere Zukäufe um neun Euro je Aktie ab. Slim könnte damit erstmals deutlich günstiger Aktien kaufen. Das heizt die Spekulationen erneut an und lässt den Kurs in den darauffolgenden zehn Tagen um rund 15 Prozent regelrecht explodieren.
14. November: America-Movil-Chef Hajj sagt, dass er eine Kapitalerhöhung bei der TA für „sehr wahrscheinlich“ halte. Eine feindliche Übernahme sei nicht geplant. „Wir richten uns nach den Bedürfnissen in Österreich.“
16. Jänner 2014: Slim legt seine Anteile an der TA zusammen und macht damit seine Sperrminorität an dem Unternehmen offiziell. America Movil kontrolliert nun ganz offiziell 26,8 Prozent der TA-Aktien, davon knapp über 25 Prozent über die niederländische Tochter Carso Telekom. Bisher waren gut drei Prozent in Familienstiftungen geparkt.
8. Februar: America-Movil-CEO Hajj lässt damit aufhorchen, dass der Name Telekom Austria „vielleicht“ bestehen bleibe. Ihm gefällt offenbar aber auch „Austria Movil“. Hajj lobt das Osteuropa-Engagement der TA.
20. Februar: Laut „News“ wird bereits an einem Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und America Movil gearbeitet.
24. Februar: America Movil bestätigt in Mexiko in einer Aussendung, dass man mit „mehreren Anteilseignern“ der TA - gemeint ist die ÖIAG - über eine Allianz spreche. Es sei aber noch unklar, ob die Gespräche zu einem Konsortium führen werden, so der mexikanische Konzern.
25. Februar: Die ÖIAG bestätigt, mit America Movil „informelle Gespräche“ über eine Bündelung der Anteile der beiden Großaktionäre der TA zu führen. Es gebe aber noch keine konkreten Verhandlungen über einen möglichen Syndikatsvertrag.
26. März: Der Aufsichtsrat der ÖIAG gibt dem Vorstand grünes Licht für Endverhandlung eines Syndikatsvertrages mit dem zweiten Großaktionär America Movil. Kemler sagt, der Vertrag könne dann „in zwei, drei Wochen“ fertig sein. Der angestrebte Pakt steht unter Zeitdruck, weil er bis zum 23. April unterschrieben sein muss.
17. April: Nicht ganz zufällig taucht mitten im Finale der Syndikatsverhandlungen ein bereits im Jänner verfasstes Schreiben Peciks auf. Er warnt vor einer „Todesspirale“, das Unternehmen brauche Geld von außen. America Movil hatte mehrmals erklärt mit einer Kapitalerhöhung Geld in die TA einzuschießen. Gleichzeitig drohen die Arbeitnehmervertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat, gegen den Syndikatsvertrag zu stimmen oder der Aufsichtsratssitzung fernzubleiben. Damit wäre das Gremium nicht beschlussfähig. TA-CEO Hannes Ametsreiter meldet sich zu Wort und warnt vor einem Scheitern der Syndikatsverhandlungen. Wenn die TA wachsen und investieren wolle, gebe es kaum Alternativen.
23. April: Der entscheidende Tag beginnt mit einem Sitzungschaos. Neben den Arbeitnehmervertretern, die der ÖIAG-Aufsichtsratssitzung aufgrund ihrer Ablehnung des Deals fernbleiben, fehlen auch drei Kapitalvertreter. Erst am Abend wird ein Mitglied eingeflogen, der Syndikatsvertrag wird unterzeichnet.
29. April: Slim meldet bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) den „Erwerb alleiniger Kontrolle über Telekom Austria Aktiengesellschaft (Österreich) durch Carso Telecom B.V.“ an.
12. Mai: „Der Syndikatsvertrag liegt dem Management nicht vor“, räumt TA-Chef Ametsreiter am Rande einer Pressekonferenz ein. Der sei Sache des ÖIAG-Managements, das Vertragswerk „wurde von uns auch nicht verhandelt“.
15. Mai: Amercia Movil legt sein Angebot für die TA vor. Slim bietet 7,15 Euro je TA-Aktie. Das 1,4 Mrd. Euro schwere Offert laufe für acht Wochen bis 10. Juli, heißt es in einer separaten Mitteilung von America Movil.
16. Mai. ÖIAG-Chef Kemler räumt laut einem Medienbericht ein, dass die America Movil die „industrielle Führerschaft“ bei der teilstaatlichen TA übernehmen wird.
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