Prozess um Innenstadtimmobilie
Im Telekom-V-Prozess um den Verkauf der Schillerplatz-Immobilie der Telekom Austria (TA) sind die vier Angeklagten Freitagabend im Wiener Straflandesgericht vom Anklagevorwurf der Untreue freigesprochen worden. Es gebe zwar Indizien, aber keine Beweise für eine Schuld, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.
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Richterin Claudia Moravec-Loidolt begründete den Freispruch sehr ausführlich. Sie eröffnete damit, dass eine Verurteilung nur bei „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ der Schuld möglich ist. „Bloße Vermutungen sind im Strafverfahren nicht statthaft“, so die Richterin. „Hier war im Zweifel für die Angeklagten ein Freispruch zu fällen.“ Die angeklagten Ex-TA-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo sowie Ex-ÖBB-Chef Martin Huber und dessen Ehefrau waren angeklagt worden, die TA durch Untreue bzw. Beihilfe geschädigt zu haben.
Ausreichende Beweise oder eine geschlossene Indizienkette für Untreue in dem Verfahren um den Kauf der TA-Immobilie Schillerplatz 4 durch Huber und seine Ehefrau habe es nicht gegeben, so Moravec-Loidolt weiter. Der Senat habe es sich nicht leicht gemacht. Die Richterin verwies mehrmals darauf, dass zwei wesentliche Zeugen, darunter der Leiter der TA-Immobilienabteilung, aus gesundheitlichen Gründen nicht vernehmungsfähig waren. Es sei nicht auszuschließen, dass hier jemand, der nicht zur Verfügung steht, in die Verantwortung genommen wurde.
„Indizien reichen nicht aus“
Ein Indiz für ein allfälliges Untreueverhalten sei laut Richterin, dass der Kaufpreis vom ersten Angebot an gleich geblieben sei. Hier hätten sich die Angeklagten auf eine Kaufpreisfindung durch den TA-Immochef berufen, der dazu nie vom Gericht vernommen werden konnte. Die Aussagen seien also nicht zu widerlegen gewesen. Dass der Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro zu gering gewesen sei, habe sich durch Zeugen und Gutachten nicht erhärtet.
Es sei ein schwieriges Objekt gewesen, daher seien die Schätzungen weit auseinander gelegen. Dass der Käufer erst ein halbes Jahr nach dem Verkäufer den Kaufvertrag unterschrieben hat, könnte man als Indiz gegen die Angeklagten sehen, Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten habe es aber nicht gegeben. Ob es hier möglicherweise irgendwelche Absprachen gegeben hätte, „das blieb alles im Dunkeln“, so die Richterin.
Auch dass Sundt „drei oder vier Tage“ vor dem Ausscheiden aus der TA noch das Verkaufsangebot unterschrieben hat, sei zu hinterfragen. „Es gab Indizien, die dafür sprechen, dass es hier allenfalls ein Untreueverhalten gegeben hätte, aber diese Indizien reichen nicht aus.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Michael Radasztics meldete gegen die Urteile umgehend Nichtigkeitsbeschwerde an. Die privatbeteiligte Telekom wurde mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Weiterverkauf mit 100 Prozent Aufschlag
Huber hatte gemeinsam mit seiner mitangeklagten Ehefrau 2006 die oberen Stockwerke eines TA-Wählamtes in bester Wiener Innenstadtlage um rund fünf Millionen Euro gekauft - und ein Jahr später um das Doppelte weiterverkauft. Bautätigkeit gab es in diesem Zeitraum keine. Der Kaufvertrag wurde von Sundt und dem damaligen TA-Finanzchef Colombo aufseiten des Verkäufers unterzeichnet - als einziger von insgesamt 49 Immodeals der TA.
Die Unterschrift von Sundt erfolgte, kurz bevor er aus dem teilstaatlichen Unternehmen ausgeschieden war. Auf Käuferseite wurde der Vertrag erst ein halbes Jahr später unterzeichnet. Huber und seine Frau verteidigten die massive Wertsteigerung damit, dass man das Projekt im Vorfeld entwickelt und viel in Architekten und Rechtsberatung investiert hätte - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Huber trat beim Kauf nicht offiziell in Erscheinung, sein Anteil an der Schillerplatz-Projektentwicklungs GmbH wurde treuhändisch gehalten. Als vor Jahren Vorwürfe auftauchten, Huber würde hinter dem Treuhänder stehen, verweigerte dieser zuerst die Auskunft. Der Staatsanwalt hatte während des Schillerplatz-Prozesses (in der Justiz als Telekom-V geführt) die Anklage gegen Huber auf schweren Betrug erweitert. Er habe seinem damaligen Arbeitgeber, den ÖBB, über sein Engagement beim Schillerplatz nicht die Wahrheit gesagt.
Staatsanwalt: „Mies gepackelt“
Staatsanwalt Radasztics forderte in seinem Schlussplädoyer am Freitag die Verurteilung aller vier Angeklagten. Der Verkauf der Schillerplatz-Immobilie sei „mies ausgepackelt“ worden. Die TA habe dadurch einen Millionenschaden erlitten. „Das ist Untreue.“ Die Geschoße des Schillerplatzes seien ohne öffentliche Ausschreibung, ohne Verkehrswertgutachten und ohne anderer Bieter einzubeziehen an das Ehepaar Huber verkauft worden. Die anderen Bieter, die Interesse am Schillerplatz gezeigt hätten, habe man einfach anrennen lassen.
Beim Schillerplatz sei ein „Projekt“ verkauft worden, nicht die schlichten Flächen wie von der Verteidigung argumentiert, so Radasztics weiter. Der Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro sei zudem jahrelang festgestanden, während die zu verkaufenden Flächen immer wieder geändert wurden. Ein ordentliches Geschäft laufe nicht so ab. Ob bei der Causa auch Kick-back-Zahlungen im Spiel gewesen seien, könne er nicht beurteilen, das Geldwäscheverfahren gegen Colombo wegen hoher Bargeldeinzahlungen auf sein Konto bei der Deutschen Bank in Österreich sei noch offen.
Verteidigung sieht keinen Schaden
Die Verteidiger forderten vier Freisprüche. Sundt und Colombo hätten sich auf den Immoexperten der TA verlassen, so die Anwälte. „Was können wir dafür, dass er jetzt nicht verhandlungsfähig ist“, so Colombos Anwalt, Rudolf Mayer. Sundt habe voll auf den sehr kompetenten Mitarbeiter vertraut, argumentierte auch Sundts Verteidiger, Martin Nemec, Sundt selbst habe sich bei Immobiliengeschäften gar nicht ausgekannt.
Laut den Anwälten ist der TA durch den Verkauf auch kein Schaden entstanden. Dass der Sachverständige des Gerichts in seinem Gutachten zu einem etwa doppelt so hohen Preis komme, liege an dessen Bewertungsmethode, die „Residualwertmethode“ sei aber im Strafverfahren nicht angebracht, argumentierte Sundts Anwalt. Hubers Anwalt argumentierte, dass diese nicht gewusst hätten, was auf Verkäuferseite geschehe. „Jeder Käufer will billig kaufen“, Huber habe einfach „ein gutes Geschäft“ gemacht. Die Immobilienmenschen seien zudem „keine braven Jungs“.
Sundt sieht kein Unrecht
Sundt und Colombo pochten am Freitag einmal mehr darauf, sich bei dem Deal auf den Immochef der TA verlassen zu haben. Sundt verwies darauf, dass er zur Unterschrift unter dem Schillerplatz-Kaufvertrag vom Immochef aufgefordert worden war. Von den anderen 48 Immobiliengeschäften der TA hatte er keine Infos. Er habe nicht daran gezweifelt, rechtens gehandelt zu haben, so Sundt.
Dass er nur kurz vor seinem Ausscheiden aus der TA unterzeichnet hatte, begründete er damit, dass er reinen Tisch vor der Übergabe machen wollte. Als einziger der vier Angeklagten nutzte Sundt die Gelegenheit zu einem kurzen Schlusswort. Er habe seitdem viel über Immobilien gelernt, aber auch mit dem heutigen Wissen würde er noch einmal genauso wie damals handeln, sagte er.
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