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EU gar nicht zufrieden

Die Europäische Union hat geschlossen die Sperrung von Internetangeboten wie Twitter und YouTube in der Türkei kritisiert. „Alle Kollegen haben deutlich gemacht, dass die Türkei eine besondere Verantwortung hat als ein Staat, der sich im Beitrittsprozess befindet“, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach einem Treffen der EU-Außenminister am Samstag in Athen.

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„Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle auch für die Menschen in der Türkei“, fügte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hinzu. Die EU-Außenminister kamen am Samstag in der griechischen Hauptstadt mit ihren Kollegen aus den Kandidatenstaaten für einen EU-Beitritt zusammen, dazu gehört auch die Türkei. Die Regierung in Ankara wurde zuletzt in der EU unter anderem wegen der Sperrung des Internetkurznachrichtendienstes Twitter und der Videoplattform YouTube heftig kritisiert.

„Europäische Werte im eigenen Land umsetzen“

„Beitrittsprozess heißt auch, dass man die europäischen Werte nicht nur beachtet, sondern im eigenen Land umgesetzt. Und damit verträgt sich die Sperrung von Internetinformationen, die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit überhaupt nicht“, kritisierte Steinmeier. Diese Botschaft konnte der deutsche Außenminister allerdings seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu nicht direkt mitteilen - der ließ sich bei dem Treffen mit den EU-Ländern in Athen vertreten.

Für Korruptionsvorwürfe benutzt

Die türkische Internetbehörde hatte den am 20. März gesperrten Zugang zu Twitter am Donnerstag wieder freigegeben, nachdem sie vom Verfassungsgericht dazu aufgefordert worden war. Die Regierung hatte Twitter gesperrt, nachdem der Kurzbotschaftendienst im Vorfeld der Kommunalwahlen zur Verbreitung von Korruptionsvorwürfen gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und sein Umfeld genutzt worden war. „Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen“, sagte Erdogan im Vorfeld der Sperren.

YouTube bleibt weiter gesperrt

YouTube bleibt indes in der Türkei doch weiter gesperrt. Ein Gericht in Ankara, das die Blockade zunächst aufgehoben hatte, machte einem Bericht der Zeitung „Hürriyet“ (Samstag-Ausgabe) zufolge einen Rückzieher. Die Richter hätten am späten Freitagabend entschieden, dass vor einer Freischaltung zunächst 15 umstrittene Einträge bei YouTube gelöscht werden müssten.

Erdogans Regierung hatte die Onlineplattform am 27. März sperren lassen, nachdem dort Mitschnitte eines vertraulichen Gesprächs ranghoher türkischer Regierungsbeamter über die Lage in Syrien aufgetaucht waren. In der Unterhaltung ging es unter anderem um eine mögliche militärische Intervention der Türkei in dem Bürgerkriegsland.

Erdogan kritisiert Ende der Twitter-Sperre

Erdogan haderte mit dem vom Verfassungsgericht verfügten Ende der Twitter-Sperre. Das Gericht habe mit seiner Entscheidung zur Aufhebung der Twitter-Sperre die „nationalen und moralischen Werte“ der Türkei missachtet, sagte Erdogan am Freitag. Dagegen begrüßte Staatspräsident Abdullah Gül die Freigabe als Beitrag zur Stärkung des Rechtsstaates.

„Wir müssen uns an die Entscheidung des Verfassungsgerichtes halten, aber wir müssen es nicht respektieren“, sagte Erdogan. Er widersprach den Verfassungsrichtern, die in der Blockade des Kurznachrichtendienstes eine Verletzung der Meinungsfreiheit erkannten. Aus seiner Sicht wurde nur der Handel mit Produkten eines privaten Unternehmens beschränkt, weil gegen türkische Gesetze verstoßen worden sei.

Mit Abstand stärkste politische Kraft

Ungeachtet der Korruptionsvorwürfe ist Erdogans Partei auch nach einem heftigen Machtkampf weiter die mit Abstand stärkste politische Kraft in der Türkei. Bei der Kommunalwahl am Sonntag hat Erdogans AKP landesweit mehr als 45 Prozent der Stimmen bekommen. Wegen zahlreicher Einsprüche gibt es noch kein amtliches Endergebnis.

Erdogan bringt sich für Präsidentenamt in Stellung

Nach seinem Wahlsieg drohte Erdogan seinen Gegnern mit einem härteren Kurs. Am Freitag forderte er von der Zentralbank eine Zinssenkungen und schürte die Erwartung seiner Anhänger, er könnte bei der Präsidentenwahl im August antreten, indem er erklärte, Mandate von AKP-Abgeordneten sollten weiter auf drei Legislaturperioden beschränkt bleiben. Damit könnte er selbst nicht zum vierten Mal für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren.

Erdgoan sprach sich auch dagegen aus, die im Juni 2015 anstehende Parlamentswahl vorzuziehen. Das würde nur die Investoren nervös machen, sagte er. Die Türkei solle vielmehr mit niedrigen Zinsen Investoren anziehen. Die Zentralbank äußerte sich nicht zu Erdogans Forderung.

Fitch reduziert Wachstumsprognose

Der Ratingagentur Fitch zufolge leidet die Wirtschaft der Türkei unter den jüngsten innenpolitischen Spannungen. Das Wachstum werde deshalb 2014 mit 2,5 Prozent geringer ausfallen als bisher angenommen. Bisher hatte Fitch ein Plus von 3,2 Prozent vorhergesagt. Für 2015 rechnen die Experten nun mit 3,2 Prozent Wachstum, 0,6 Prozentpunkte weniger als bisher. Die Bonitätsnote, die mit „BBB-“ gerade noch eine gute Kreditqualität signalisiert, tastete die Agentur aber nicht an.

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