Die neue Liebenswürdigkeit
Neue Ernsthaftigkeit verspricht mit neuem Album und Tour eine Band, die man mit viel, aber sicher nicht mit tierischer Ernsthaftigkeit in Verbindung bringt. WhoMadeWho kannte man als Vertreter des Minimal Dance-Pop und als Musiker, die nicht zuletzt bei Konzerten stets eine unberechenbar spontanistische Größe samt ausgefransten Humor waren. Was sich geändert hat, erzählt Sänger und Gitarrist Jeppe Kjellberg im Gespräch mit ORF.at.
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ORF.at: Das neue Album „Dreams“ wurde von den Kritikern bisher hoch gelobt. Was macht dieses Album für die Band außergewöhnlich?
Jeppe Kjellberg: Wir haben wirklich viel Zeit für die Arbeit an diesem Album gebraucht. Und das bedeutete, die Songs klarer, einfacher, melodiöser zu machen - alles in dem Sinn, dass wir Dinge eigentlich abgerüstet und portioniert haben. Und dann sind wir noch einmal in einen großen Prozess des Überarbeitens gegangen und haben uns Spezialisten geholt, etwa für die schwierigen Vocal-Teile, um das Ganze harmonisch zu machen. Es war nicht so chaotisch wie sonst bei uns. Eigentlich soll alles auf eine sehr simple Art über die Musik kommunizieren.
ORF.at: Ja, aber im Hintergrund ist ja vieles extrem raffiniert und ausgearbeitet, etwa bei „Indian Summer“, wo die ganze Zeit am Rhythmus hinter einer einfachen Nummer herumgedreht wird.
Kjellberg: (Lacht). Ja, das ist für uns und mich eigentlich leicht, in einen Song viele Nuancen und Raffinesse reinzubringen, um dem Ganzen Tiefen zu geben, aber eigentlich wollten wir immer das Gegenteil, was uns eher schwer fällt: die Dinger in ihrer Einfachheit und Klarheit stehen zu lassen.
ORF.at: Wo ist der dunkle Humor von WhoMadeWho hingekommen? Alles ist so positiv auf diesem Album.
Kjellberg: Ja, stimmt. Wir wollten mal die liebenswürdige Seite von WhoMadeWho betonen - im Gegensatz zu den dann doch irgendwie „dünkleren“ letzten zwei Alben. Aber schön, dass das auffällt. Man kann das aber auch nicht immer kontrollieren. Aber wir haben uns fest vorgenommen, unsere liebenswürdigen Seiten zu betonen, damit das Ganze auch für Frauen ansprechender wird. (Lacht).

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Jeppe Kjellberg, auf dem Rücksitz hinter Tomas Barföd, und das Versprechen einer neuen Ernsthaftigkeit
ORF.at: Gibt es so etwas wie eine Freunde am klaren Popsong im Gegensatz zu früher, wo der Song als Grundmaterial für eine lange, gedehnte Dance-Nummer auf der Bühne fungierte?
Kjellberg: Ja, irgendwie schon - wenngleich wir sicher auch mit dem neuen Material auf der Bühne herumspielen werden. Die Liveversionen werden dann wieder mal sehr unterschiedlich zur Studioversion ausfallen.
ORF.at: Und wie sind hier die Erfahrungen mit dem neuen Material in den Liveproben?
Kjellberg: Die neuen Songs sind viel schwieriger zu spielen, vor allem die gesungenen Parts sind eine ziemliche Herausforderung. Und wir entdeckten, dass wir die Songs nicht spielen können, wenn wir ein bisschen betrunken sind. Als wir das versucht haben, hat es fürchterlich geklungen. Wir werden also ganz nüchtern spielen.
ORF.at: Klingt wie eine Drohung an die Fans.
Kjellberg: In ein paar Wochen werden wir sicherer sein. Und dann können wir uns auch wieder ein bisschen auflockern - und öffnen.
ORF.at: Gehört der schräge Humor zur Band und zu ihrer dänischen Herkunft?
Kjellberg: Oh, ich glaube, das ist gar nicht dänisch. Aber für uns ist das wichtig: Wir wollen eine Band sein, die Spaß hat und die immer Zeit zum Blödeln hat. Und das ist für mich das Gegenteil zu einer Art von skandinavischer Melancholie und Traurigkeit. Wir wollten immer aus dieser Ecke rauskommen. Wir sind „festive“ Leute - auch wenn wir jetzt wieder wie Skandinavier aussehen mit dem neuen Album und seinen Gefühlen. Für uns ist das Blödeln auch ein Mittel, um nicht zu sehr in Routine zu kommen.
ORF.at: Auch wenn sich WhoMadeWho als Trademark von den skandinavischen Modetrends unterscheiden möchte: Wie sehr nutzt der momentane nordische Musikhype der Band?
Kjellberg: Wir haben eigentlich immer versucht, dem zu entkommen und eben nicht Teil von irgend einem Musikexportding zu werden. Wir wollten immer selbstständig sein: deshalb auch das deutsche Plattenlabel zu Beginn unserer Arbeit - und ein Leben abseits der dänischen Musikszene. Aber das, was ich im Moment sehe, macht uns sehr stolz, denn als wir angefangen haben, war die Musikszene deutlich verschlafener. Und all die Bands, die jetzt auftauchen, sind ein tolles Lebenszeichen für eine Musikszene.
ORF.at: Wie sehr helfen Spot-Festival für die Promotion dieser Musikszene? Oder Radiostationen wie P6 Beat oder auch das neue NorthSide Festival in Aarhus?
Kjellberg: Ja, all das hilft. Und im Moment passiert wirklich einiges im dänischen Musikuntergrund. Und auch wenn wir alle keine Musikmillionäre werden, kann man im Moment so viel Musik verbreiten wie noch nie. Das ist eine gute Sache. Und Musikredakteure von Sendern wie P6 Beat haben ein wirklich gutes Händchen, neue Sachen aufzugreifen, die dann wieder recht rasch auch von den mainstreamigeren Stationen gespielt werden. Also all das ist auf jeden Fall sehr positiv.
Das Gespräch führte Gerald Heidegger, ORF.at
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