Für das Recht auf Leben
Über 20 Jahre nach dem Erfolg von „Philadelphia“ traut sich Hollywood erstmals wieder an das Thema Aids: Der kanadische Regisseur Jean-Marc Vallee hat die wahre Geschichte Ron Woodroofs verfilmt, bei dem in den 1980er Jahren die damals noch stark mit Mythen behaftete Krankheit diagnostiziert wurde.
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Matthew McConaughey verkörpert die gleichnamige Hauptfigur und präsentiert sich erst einmal alles andere als sympathisch. Erschreckend abgemagert (bis zu 30 Kilo soll sich der Schauspieler für die Rolle heruntergehungert haben) ist er ein sexistischer Schwulenhasser, der seine Zeit mit Alkohol, Koks, Prostituierten und Wettbetrügereien verbringt. Er hustet permanent, hat Schwindel- und Ohnmachtsanfälle, doch statt einen Arzt aufzusuchen, kuriert er die Probleme mit Whiskey.

Thimfilm
Ron Woodroof (Matthew McConaughey) erweist sich als zäher Kämpfer
Wegen eines Arbeitsunfalls landet er schließlich doch im Krankenhaus, wo er mit der Diagnose Aids konfrontiert wird - 30 Tage geben ihm die Ärzte noch. Woodroof ist außer sich, war er doch immer ganz vorne dabei, wenn es darum ging, Aids als Schwulenkrankheit und Homosexuelle als abartig zu diffamieren.
Eigenrecherche nach Aids-Therapie
Nach anfänglicher Verleugnung lässt er sich doch behandeln, mangels zugelassener und erprobter Therapien im Rahmen einer Studie, mit einem Medikament, das ihm mehr zusetzt als nützt. Er beginnt, sich selbst zu informieren, und wird in Mexiko fündig, wo ihm ein Arzt einen Cocktail aus Medikamenten verschreibt, der ihm Linderung bringt. Schnell wittert Ron ein einträgliches Geschäft und beginnt, die Mittel im großen Stil in die USA zu importieren und dort zu verkaufen.
Um den Kreis der Käufer auszuweiten, benötigt der Pillenschmuggler Hilfe und findet sie im Transvestiten Rayon (Jared Leto, ebenfalls bis zur Unkenntlichkeit abgemagert), der über ausgezeichnete Kontakte zur Schwulenszene verfügt. Gemeinsam mit ihm und später auch unterstützt von einer jungen Ärztin (Jennifer Garner) zieht er den „Dallas Buyers Club“ auf und beginnt den Kampf gegen die Food and Drug Administration (FDA) und Finanzbehörden - für die Rechte der Kranken und um sein eigenes Leben.
Regisseur Vallee legt die Geschichte als feinfühlige Charakterstudie Woodroofs an, auch wenn er dabei an so manchem Klischee kratzt und stellenweise ins Stocken gerät. Sowohl McConaughey als auch Leto tragen den Film mit ihrer eindrucksvollen Hingabe und ihrem kraftvollen Charisma.
Ein „tiefgründiger, faszinierender Kinoheld“
Schon seit Ende der 1990er Jahre wollte Drehbuchautor Craig Borten die Geschichte Woodroofs auf die Leinwand bringen. Borten hatte den Aids-Kranken in den letzten Wochen seines Lebens begleitet und interviewt. „Ich finde jeden Menschen, der die Regeln durchbricht, inspirierend“, so der Autor in Interviews. Ihn habe vor allem die Kehrtwende im Leben Woodroofs nachhaltig beeindruckt, er habe in Woodroof einen „tiefgründigen, faszinierenden Kinohelden“ gesehen, so Borten.
Anders sahen das die Filmstudios. Anfang der 2000er Jahre galt ein Aids-Drama als altmodisch, seit „Philadelphia“ (1992) schien das Hollywood-Mainstreamkino die Thematik hauptsächlich auszublenden. Trotz mehrerer Anläufe, in denen unter anderem Brad Pitt und Ryan Gosling für die Rolle Woodroofs im Gespräch waren, gelang es erst mehr als zehn Jahre später, die Produktion auf Schiene zu bringen.
Oscar-Chancen für Film und Darsteller
Die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt: McConaughey und Leto, die für ihre Rolle in dem Film unter anderem mit dem Golden Globe, Critics Choice Award und SAG Awards ausgezeichnet wurden, können sich Anfang März jetzt auch auf Hoffnung auf einen Oscar machen. Mit insgesamt sechs Nominierungen, darunter auch als bester Film und für das beste Drehbuch, zählt „Dallas Buyers Club“ auch zu den Favoriten der heurigen Preisverleihung.
Sophia Felbermair, ORF.at
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