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Die neue Königin der Würzsaucen

„Weißt Du, was die Holländer auf ihre Pommes frites geben?“, fragt Vincent aus dem legendären Quentin-Tarantino-Streifen „Pulp Fiction“ seinen Partner Jules. „Was?“ Vincent: „Mayonnaise.“ Jules: „Verdammt.“ Vincent: „Ich habe es gesehen.“ Worüber vor 20 Jahren noch gescherzt wurde, könnte mittlerweile im US-Alltag gang und gäbe sein.

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Jedenfalls hat der Verkauf von Mayonnaise mittlerweile den von Ketchup in den USA weit hinter sich gelassen: Amerikaner kauften laut Daten des Marktforschungsinstituts Euromonitor im Vorjahr um zwei Mrd. Dollar (1,6 Mrd. Euro) Mayonnaise. Das Ketchup-Geschäft lag demgegenüber nur noch bei 800 Mio. Dollar (640 Mio. Euro), berichtete die amerikanische Onlinenachrichtenseite Quartz Ende letzte Woche.

Hot Sauce Aufsteiger des Jahres

Das ist immerhin Platz zwei auf dem Würzsaucen-Ranking, aber doch sehr deutlich abgeschlagen. Dicht gefolgt wird das Ketchup demnach von der Sojasauce mit 725 Mio. Dollar (580 Mio. Euro). Auf Platz vier liegt die Barbecue-Sauce mit 660 Mio. Dollar (528 Mio. Euro). Am schnellsten wächst das Geschäft mit der Hot Sauce (Scharfe Sauce, also Chili- oder Pfeffersauce), es belief sich letztes Jahr auf 550 Mio. Dollar (440 Mio. Euro).

Das Nachsehen hat der Senf, mit der gelben Würzpaste geht es steil bergab. Der Senfverkauf wurde im Vorjahr von Euromonitor nur noch mit 450 Mio. Dollar (360 Mio. Euro) beziffert. Quartz fragte bei Euromonitor nach, weshalb die in den USA sehr beliebte Salsasauce im Ranking nicht vorkomme. Euromonitor verwies laut Quartz auf eine Unterscheidung: Bei der Salsasauce handle es sich um einen „dip“ im Gegensatz zu einem „condiment“ (Tischwürze, Würzmittel, auch Zutat, Anm.).

Nicht nur das gelbe Tüpfelchen auf dem Brot

Der Siegeszug der Mayonnaise ist bei näherer Betrachtung nicht so überraschend. Längst ist die Mayo nicht nur das gelbe Tüpfelchen auf dem Partybrot, sondern fixer - oft unsichtbarer - Bestandteil in zahlreichen Speisen, auch solchen, in denen sie nicht von vornherein erwartet wird, wie etwa oft in der vermutlich beliebtesten Sushi-Variante der Amerikaner, der „California Roll“.

Die steigende Beliebtheit der Mayonnaise in den USA verdankt sich wohl auch dem Umstand, dass sie mittlerweile in allen erdenklichen Fettskalen angeboten wird. Der Markt für Mayonnaise mit niedrigem Fettgehalt hat sich laut Quartz seit 2005 verdoppelt. Normalerweise bewegt sich die Schwankungsbreite beim Fettgehalt zwischen 25 und 80 Prozent. In der EU muss eine einfache, echte Mayonnaise (also etwa keine „Salatmayonnaise“) nach dem „Code of Practice“ einen Mindestfettgehalt von 70 Prozent haben.

Ketchup gesünder als gedacht

Als ungesund gelten gemeinhin beide - Ketchup wie Mayonnaise -, doch so einfach ist es nicht. Dass zumindest Standardmayonnaise, bestehend vor allem aus Ei und Öl, eine Fettbombe ist, liegt auf der Hand. Ketchup wiederum enthält viel Zucker, und natürlich verschiedene Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker, Stabilisatoren und Verdickungsmittel, aber auch das wertvolle Lycopin - den roten Farbstoff der Tomaten, der antioxidativ wirkt. Er kann aus dem Ketchup sogar besser als aus frischen Tomaten vom Körper aufgenommen werden.

Zum ersten Mal tauchte das Wort Ketchup – in der Schreibweise „Catchup“ – im englischen Sprachraum in einem Wörterbuch Ende des 17. Jahrhunderts auf und wurde definiert als „high East-India Sauce“ (feine ostindische Sauce). Zum etymologischen Ursprung des Wortes Ketchup gibt es in der Literatur mehrere Theorien: Am verbreitetsten ist die Auffassung, dass der Begriff aus Ostasien oder Südostasien stammt.

Ursprünglich Fischsauce

Das erste Rezept für „englisches Ketchup“ wurde 1727 veröffentlicht. Als Zutaten wurden Sardellen, Schalotten, Weißweinessig, Weißwein und verschiedene Gewürze angegeben. Das Rezept ähnelte also ursprünglich dem für eine Fischsauce. Mitte des 18. Jahrhunderts gab es Ketchup dann schon als Fertigsauce in Geschäften zu kaufen.

Durch britische Kochbücher wurde Ketchup auch in den USA bekannt. 1812 erschien hier dann das erste Rezept - nun auf der Basis von pürierten Tomaten. Möglicherweise wurde es angeregt von Rezepten für italienische Tomatensauce. Der Unterschied bestand vor allem darin, dass beim Ketchup Essig zugesetzt wurde und das Ergebnis eine haltbare fermentierte Sauce war.

Mayo-Hasser empfehlen Alternativen

Noch halten sich Ketchup-Liebhaber anlässlich der Hiobsbotschaft zurück. Der aktuelle Siegeszug der Mayonnaise ruft allerdings bereits die Mayo-Hasser auf den Plan: Craig Horwitz startete bereits vor acht Jahren die Website holdthatmayo.com.

Anlässlich des Euromonitor-Rankings rät Horwitz Mayoessern zu Alternativen: Tomaten seien „als Sandwich-Moisturizer extrem unterschätzt“ und Avocados „eine unserer größten Waffen im Kampf gegen Mayonnaise“, so der Anti-Mayo-Aktivist auf der Website des TV-Senders NBC, Today.com. Auch die Lösung für das „Thunfisch-Dilemma“ hält Horwitz parat: griechisches Joghurt.

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