Wenig Lob für EU-Klimaziele
Durchwegs unzufrieden, wenn auch mit unterschiedlichem Ausmaß, reagierten am Mittwoch das Umweltbundesamt und die heimischen NGOs sowie Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung auf die EU-Klimaziele 2030. Als positiv wurde vom Umweltbundesamt die CO2-Reduktion um 40 Prozent bewertet. Ansonsten gab es Kritik an den Zielsetzungen zum Ausbau von erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz.
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Gemischte Reaktionen lösten die Klimaziele bei den österreichischen Parteien aus. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) sah jedenfalls „das letzte Wort noch nicht gesprochen“. „Das heute präsentierte Ziel, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent verbindlich reduzieren zu wollen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das 27-Prozent-Ziel bei den Erneuerbaren Energieträgern ist jedoch keineswegs ausreichend, um eine erfolgreiche Energiewende in Europa zu erreichen. Ein weiterer Schwachpunkt sind die fehlenden Ambitionen im Bereich Energieeffizienz. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, so Rupprechter.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ortet „noch viel Diskussionsbedarf“, wie es in einer Aussendung heißt. Es brauche Maßnahmen, die eine Abwanderung der Industrie vermeiden. „Denn das würde nicht nur Arbeitsplätze gefährden, sondern wäre auch kontraproduktiv für die Bekämpfung des Klimawandels“, so Mitterlehner.
„Atomenergie keine sinnvolle Klimaschutzstrategie“
Die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, sah in den EU-Klimazielen „ein wichtiges Signal, an diesem wichtigen Thema dranzubleiben. Mir ist es aber ein besonderes Anliegen, dass Atomenergie keine sinnvolle Strategie zum Klimaschutz darstellt. Wir brauchen stattdessen mehr erneuerbare Energie, eine bessere Zusammenarbeit bei den Energienetzen in Europa und Investitionen und grüne Technologie. Damit können wir auch hochwertige und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.“
„Die EU konzentriert sich offenbar auf ihre Schutzfunktion für Kernkraft, statt nachhaltige Zukunftstechnologien zu unterstützen,“ konstatierte auch Norbert Hofer von der FPÖ. Österreich solle sich daher ab sofort nicht mehr „an den Scheingefechten rund um Klimaschutzziele“ beteiligen. „Österreich muss alles daransetzen, seine Importabhängigkeit zu reduzieren“, so Hofer weiter, „Österreich hat alle Voraussetzungen, um den Anteil an erneuerbaren Energien zu erhöhen. Wir haben Wasserkraft, Windkraft, Geothermie, ausreichend Sonnenstunden für Photovoltaik, Biomasse und Geothermie. Das ist ein reicher Schatz, der genutzt werden muss.“
„Erneuerbare Energieen bleiben unter ihrem Potenzial“
Kritik kam auch von den Grünen. „Wie befürchtet, wird die europäische Führungsrolle beim Klimaschutz aufgegeben. Ob überhaupt Energie eingespart wird, soll zukünftig den Mitgliedsländern überlassen werden. Erneuerbare Energien sollen europaweit nur um weitere sieben Prozent ausgebaut werden und bleiben damit weit unter ihrem Potenzial. Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterreichung soll es keine geben. Letztlich wäre das das Ende der EU-Klimapolitik und würde den Atomkonzernen in die Hände spielen“, so Klubobfrau Eva Glawischnig. Die Senkung der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2030 bleibt als einzig verbindliches EU-Klimaziel. „Ebenfalls bestürzend: Die EU-Kommission spricht sich für Fracking aus“, meinte Glawischnig.
Die CO2-Reduktion - von der EU-Kommission als „Kernstück“ der Energie- und Klimapolitik bezeichnet - ist für Greenpeace zu niedrig angesetzt, da dieses Ziel auch ohne weitere Maßnahmen erreicht werden könne, was auch die Kommission selbst einräumen würde.
„Verheerend“ nannte hingegen der WWF den Kommissionsvorschlag, und teilte die Greenpeace-Sichtweise. „Das bis 2020 geltende Zieldreieck aus Treibhausgasreduktion, Energiesparen und Ausbau der erneuerbaren Energien wurde demontiert“, lautete das Statement des WWF. Global 2000 forderte von der EU eine Reduktion von 60 Prozent. Für das Umweltbundesamt wiederum ist das CO2-Ziel „positiv zu bewerten“, wobei es sich bei den 40 Prozent aber um das Mindestausmaß aus wissenschaftlicher Sicht handeln würde.
„Schlimmste Befürchtungen übertroffen“
Als „kritisch zu bewerten“ sei hingegen das Ziel der Anhebung des Anteils der erneuerbaren Energie von 20 Prozent 2020 auf 27 Prozent 2030. Hier gelte nicht die gleiche Verbindlichkeit, etwa was die „echten Erneuerbaren“ betrifft, wie bei den 2020-Zielen. Das heute veröffentlichte Weißbuch zu den Klimazielen fordert bei den Erneuerbaren zudem nur den Ausbau auf EU-Ebene, ohne verbindliche Zielvorgaben für die EU-Mitgliedstaaten. Durchwegs negativ reagierte der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) auf das Gesamtpaket: „Dieser Vorschlag hat die schlimmsten Befürchtungen übertroffen.“
„Alleine aus Österreich fließen pro Jahr rund zwölf Mrd. Euro für den Import von Öl und Gas ab, während der Ausbau der Erneuerbaren Arbeitsplätze im Land schafft“, lautete hingegen der Einwand des Ökosozialen Forums. Walter Boltz, Vorstand der heimischen Strom- und Gasregulierungsbehörde E-Control, wies hingegen darauf hin, dass die Förderprogramme für erneuerbare Energien teilweise „derart ausgeufert sind, dass man in einigen Ländern die Reißlinie zieht und das Ganze etwas gemächlicher angeht“.
Der Umstand, dass für die Steigerung der Energieeffizienz überhaupt noch keine Ziele gesetzt werden, bezeichnete Global 2000 als „einen Schritt aufs politische Abstellgleis“ für diese Maßnahme. „Mehr Impulse aus Brüssel wären wünschenswert, auch wenn es nationale Anstrengungen braucht“, so das Umweltbundesamt.
Auch WKÖ und IV unzufrieden
Wenig erfreut, doch aus anderer Motivation, fielen auch die Reaktionen der Industriellenvereinigung (IV) sowie der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) aus. Die „neuerlichen klimapolitischen Belastungen“ sind für IV-Präsident Georg Kapsch eine Belastung für Europas globale Wettbewerbsfähigkeit, das die Reindustrialisierung gefährde. „Europas Industrien gehören zu den umweltfreundlichsten der Welt“, so WKÖ-Präsident Christoph Leitl, der darauf hinwies, dass die EU lediglich knapp über zehn Prozent des globalen jährlichen CO2-Ausstoßes verantworte.
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