Kritik und Unverständnis aus Österreich
Die EU-Kommission hat vergangene Woche die umstrittene Förderung von Schiefergas grundsätzlich empfohlen, wobei aber ein „angemessener Umwelt- und Klimaschutz gewährleistet“ werden solle. Das Fracking, die vor allem für die Schiefergasförderung angewandte Technik des Aufbrechens von Gestein durch Einpressen von Flüssigkeiten, sei sorgfältig zu prüfen.
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„Schiefergas weckt Hoffnungen in manchen Teilen von Europa, aber ist auch ein Grund für Sorgen in der Bevölkerung“, sagte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik letzte Woche in Brüssel. Die EU-Staaten sollten daher Mindeststandards beim Fracking befolgen. So erhielten Investoren und Unternehmen auch Planungssicherheit.
Beim Fracking zur Förderung von Schiefergas wird unter hohem Druck ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien in den Boden gepresst, um Gestein aufzuspalten und das darin enthaltene Erdgas zu fördern. Die Technologie ist unter anderem deshalb umstritten, weil durch die eingesetzten Chemikalien das Trinkwasser verunreinigt werden könnte.
Genaue Prüfung vor Lizenzvergabe empfohlen
Die EU-Kommission stellte am Mittwoch eine Reihe von Vorschlägen zur Klima- und Energiepolitik vor. Die Empfehlungen der Brüsseler Behörde dürften jedoch auf Widerstand im EU-Parlament und bei einigen EU-Staaten stoßen, die sich für ambitioniertere Ziele starkgemacht hatten. Bis sich die EU-Institutionen auf ein gemeinsames Paket geeinigt haben, dürften angesichts des langwierigen EU-Gestzgebungsverfahrens und der unterschiedlichen Positionen noch Jahre vergehen.
Beim Fracking ruft die Kommission die Mitgliedsstaaten besonders auf, vor der Lizenzvergabe und dem Förderungsbeginn umfassende Prüfungen vorzunehmen und die Bevölkerung zu informieren. Demnach soll es etwa Folgeabschätzungen und Analysen für Auswirkungen und Risiken für die Umwelt geben. Die Brüsseler Institution fordert außerdem, dass vor dem Beginn der Arbeiten die Qualität von Wasser, Luft und Böden getestet wird, um mögliche Verschlechterungen durch das Fracking feststellen zu können. Die Anrainer sollen zudem über die eingesetzten Chemikalien informiert werden.
Bilanz in anderthalb Jahren
Die Mitgliedsstaaten bekommen damit aus Brüssel keine rechtlich verbindlichen Standards. Potocnik kündigte aber an, dass die EU-Kommission die Umsetzung überprüfen und in anderthalb Jahren eine Bilanz ziehen will. Die Nutzung des Frackings steckt in Europa noch in den Anfängen. In den USA wird die Methode schon seit längerer Zeit und zunehmend genutzt, was zu einem Sinken der Gaspreise führte und die Nachfrage nach Kohle verringerte.
Die Grünen kritisierten, dass Potocnik keine verbindlichen Vorgaben mache. So schütze die EU weder Bürger noch die Umwelt, sagte die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms. Anstatt bekannte Gesundheitsrisiken und Umweltprobleme von Fracking in Angriff zu nehmen, beuge sich die EU-Kommission der Öl- und Gasindustrie und ihren politischen Unterstützern wie der britischen Regierung.
Vorschlag für Rupprechter „nicht zufriedenstellend“
Ähnlich äußerte sich Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) in einer Aussendung. Der Vorschlag falle „nicht zufriedenstellend“ aus, weil er rechtlich nicht bindend sei. „Im Rat und im Europäischen Parlament sind intensive Diskussionen zu erwarten, in denen die österreichischen Forderungen dargelegt werden“, so der Minister.
Für die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig, kommt der Vorschlag „einem Kniefall vor der Öl- und Gasindustrie gleich: mehr dreckiges, klimaschädliches Gas, weniger erneuerbare Energien. Das wäre die falsche Weichenstellung für Europa.“ Die EU-Kommission habe es verabsäumt, Schiefergas „als das zu benennen, was es ist: ein umwelt- und klimapolitischer Super-GAU“, betonte Glawischnig in einer Aussendung.
SPÖ stellt Anfrage an Mitterlehner
Auch der SPÖ-Abgeordnete Max Unterrainer warnte vor „Gefahren für Trinkwasser und Bevölkerung“ durch Fracking. „Das Trinkwasser Österreichs muss sauber und gesund bleiben. Deshalb habe ich heute eine entsprechende Anfrage an den zuständigen Minister (Reinhold, ÖVP, Anm.) Mitterlehner gerichtet“, so Unterrainer als Reaktion auf die Vorschläge der EU-Kommission.
Der unabhängige EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin sieht seine Befürchtungen bestätigt. „Die EU-Kommission stiehlt sich hier aus der Verantwortung und beugt sich dem Lobbydruck. Obwohl die EU-Kommission auf die Risiken beim Fracking hinweist, schließt sie ein Verbot des umstrittenen Verfahrens aus.“ Umso wichtiger sei nun der Druck aus der Bevölkerung in Regionen, „in denen umweltbedrohliches Fracking droht wie im Bodensee-Gebiet“, so Martin.
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