Fünfter Vorsitz seit EG-Beitritt
Mit 1. Jänner übernimmt Griechenland von Litauen den Ratsvorsitz der Europäischen Union. Athen will während seiner sechsmonatigen Ratspräsidentschaft den Wirtschaftsaufschwung in Europa und die Schaffung von Arbeitsplätzen ins Zentrum rücken.
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Bereits zum fünften Mal seit dem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft (EG) 1981 übernimmt das Land den Vorsitz der inzwischen auf 28 Staaten angewachsenen Gemeinschaft. Der griechische Vorsitz ist nicht unumstritten, denn inmitten einer Rezession wird das hoch verschuldete Euro-Land bis Ende Juni der reichsten Staatengemeinschaft der Welt vorstehen.
Aufschwung und Bankenunion
Die Ziele sind ambitioniert: Während seiner sechsmonatigen Präsidentschaft will Griechenland den Fokus auf den Wirtschaftsaufschwung in Europa und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen legen. Weitere Schwerpunkte würden die Bankenunion, der Kampf gegen illegale Migration und die Grenzsicherung sein, so der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras bei der Staffelübergabe des EU-Ratsvorsitzes.
Der litauische Außenminister, Linas Linkevicius, überreichte kurz vor Weihnachten in Brüssel symbolisch eine Glocke an den griechischen Vizeaußenminister Dimitris Kourkoulas. Dieser sagte, sein Land stehe „im Epizentrum der Krise“. Dass es trotzdem das Ruder übernimmt, bestätige nur, dass alle EU-Staaten gleichberechtigt seien.
Griechenland und die Finanztroika
Nach einem Treffen zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten Samaras und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso zeigte sich Letzterer zuversichtlich, dass Griechenland seine Probleme mit der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) lösen wird. Auf Meldungen, wonach das Euro-Krisenland nach 2015 und 2016 weitere Hilfen braucht - die Rede ist von mehr als zehn Milliarden Euro -, gingen Barroso und Samaras nicht ein. Bei dem Treffen sei es nicht um Verhandlungen gegangen, unterstrich der EU-Kommissionspräsident.
„Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung für die derzeitige (Troika-)Mission finden werden. Ich sehe keinen Engpass“, betonte Barroso. Er fügte hinzu: „Wahrscheinlich ist am Ende eines Marathons der Läufer müder als am Anfang, manchmal ist es schwieriger.“ Jedenfalls kehre Vertrauen nach Griechenland zurück. Der jüngste Primärüberschuss im Budget sei ermutigend. „Ich weiß, dass das noch nicht von den gewöhnlichen Bürgern so gefühlt wird“, sagte Barroso. Es gebe aber keinen anderen Ausweg für Griechenland.
Barroso für Strukturreformen
Samaras verwies auf „spektakuläre Fortschritte“, die Griechenland bei Strukturreformen zuletzt erzielt habe. „Ich würde nicht von Reformmüdigkeit sprechen“, betonte er. Ein Erlahmen der Anstrengungen würde seinem Land und der Wirtschaft nicht helfen. Die Strukturreformen seien mit oder ohne Troika und Krise notwendig. Barroso betonte, Griechenland liege bei der Absorbierung von EU-Strukturfondshilfen auf dem vierten Platz. Es gebe aber noch Probleme bei der Finanzierung von Klein- und Mittelbetrieben.
Zudem ist seit 2007 die griechische Wirtschaftsleistung um rund ein Viertel eingebrochen, 27 Prozent der Griechen sind arbeitslos. Zwar gibt es Anzeichen für eine allmähliche wirtschaftliche Erholung, doch die kommt bei der Bevölkerung bisher kaum an. Laut Transparency International grassiert die Korruption in der EU nirgendwo so stark wie in Griechenland.
Budget von 50 Millionen Euro für Vorsitz
„Die Griechen sind nicht glücklich darüber, dass sie die Ratspräsidentschaft zu diesem Zeitpunkt übernehmen müssen“, sagte Judy Dempsey von der Denkfabrik Carnegie Europe. Die Regierung in Athen hat angesichts der massiven Haushaltsprobleme schon versprochen, dass sie die sechs Monate ohne Pomp über die Bühne bringen will.
Im Budget sind 50 Millionen Euro für die Kosten der Präsidentschaft veranschlagt. „Das ist der geringste Betrag, der dafür in den vergangenen fünf bis sechs Jahren verwendet worden ist“, sagte der stellvertretende Außenminister Dimitris Kourkoulas. „Wir hoffen, dass wir das Budget nicht voll ausschöpfen“, fügte er hinzu. Alle Treffen würden in der Hauptstadt Athen stattfinden. EU-Tagungen an illustren Orten mit hohem Freizeitwert für Begleitprogamme - etwa auf Ägäis-Inseln - solle es nicht geben.
Italien folgt Griechenland
Die Ratspräsidentschaft organisiert die monatlichen Treffen der Ressortminister und hilft bei der Festsetzung der Agenda für die EU-Gipfel. Zudem führt sie im Namen der anderen Staaten Verhandlungen mit EU-Kommission und Europäischem Parlament. Am 1. Juli übernimmt mit Italien ein weiteres Land den EU-Ratsvorsitz, das die Schuldenkrise noch lange nicht überwunden hat.
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