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„Österreich nicht neu erfinden“

Nach der Einigung auf eine Fortführung von Rot-Schwarz und der Fixierung der Kabinettskosten haben Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und dessen Vize Michael Spindelegger (ÖVP) Freitagabend das gemeinsam erarbeitete Regierungsprogramm offiziell vorgestellt. Viele Details blieben erneut offen - vielmehr wurde die von teils scharfer Kritik begleitete Vorgangsweise neuerlich verteidigt.

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Mit „Man muss Österreich nicht neu erfinden“ wies Faymann auch die Forderung nach radikalen Reformen gleich zu Beginn zurück: Die Regierung strebe eine „Konsolidierung mit Augenmaß“ an und keinen „Schock“. Österreich sei „Vorbild in Europa“ beim sozialen Zusammenhalt und um das aufrechtzuerhalten, brauche es auch die Konsolidierung.

Inhaltlich strich Faymann hervor, dass man im Regierungsprogramm die Einschränkung der Gruppenbesteuerung, die Streichung von Steuerbegünstigungen für hohe Managergehälter und „Golden Handshakes“ sowie die Beibehaltung der Bankenabgabe erreicht habe. Freilich könne man nicht schon am Anfang der Regierungsperiode alles „rezeptbuchartig“ vorlegen. Aus diesem Grund gebe es auch einige Punkte, „die nicht ausreichend im Regierungsprogramm enthalten sind“.

Opposition sieht kaum Gutes

Einen gegenseitigen „Nichtangriffspakt“ und beidseitige Verhinderung sieht die Opposition vor allem im Regierungspakt. Es gebe zwar auch Positives, doch das sei verschwindend wenig, waren sich alle Oppositionsparteien beim „Runden Tisch“ in ORF2 Freitagabend einig.

Budget soll im Jänner stehen

Der designierte Finanzminister Spindelegger kündigte an, das wegen der Wahl verschobene Budget im Jänner vorzulegen und im Februar ins Parlament zu bringen. Erklärtes Ziel sei das „strukturelle Nulldefizit“ im Jahr 2016. Auch Spindelegger verteidigte die Regierung gegen Kritik an fehlenden großen Würfen: Bei der Verwaltungsreform müsse man eben „an Hunderten kleinen Schrauben drehen“.

Inhaltlich strich der ÖVP-Chef das „Pensionsmonitoring“ und die schon vor der Wahl zugesagte Anhebung der Familienbeihilfe hervor. Letztere ist nach Angaben der Regierungsspitze ab 1. Juli 2014 fix, auch wenn sie im Regierungsprogramm noch unter „Budgetvorbehalt“ steht. Der Grund, wieso die geplanten Maßnahmen „nicht morgen in Kraft“ treten, sei laut Spindelegger unteressen auch darin zu finden, dass die Bevölkerung die Möglichkeit brauche, „sich drauf einzustellen“.

Dass im Regierungsprogramm sämtliche kostenintensiven Maßnahmen unter „Finanzierungsvorbehalt“ gestellt wurden, verteidigten beide Politiker. „Wir haben mehr vor, als wir im Moment an Spielräumen uns trauen zu versprechen“, sagte Faymann. Und Spindelegger betonte, dass die Regierung eben „nicht auf Luft“ baue. Keine konkreten Angaben machte Spindelegger zur Zukunft der Hypo Alpe-Adria. Nur so viel: Ab nächster Woche will er sich „zügig“ an eine dauerhafte Lösung machen.

„Neuer Stil“

Der versprochene „neue Stil“ soll sich laut Spindelegger auch in einer neuen Form der Präsentation der Regierungsarbeit ausdrücken. Faymann betonte, man werde respektvoll miteinander umgehen, und zwar „nicht nur, wenn wir hier gemeinsam stehen, sondern auch, wenn Sie uns in Zukunft einzeln fragen“.

Angesprochen auf die auch in der ÖVP lautgewordenen Kritik sagte Spindelegger: „Alle kann man nie überzeugen.“ Unterstützung für die Koalition würde er sich aber eigentlich von allen Teilen Österreichs erwarten, so Spindelegger angesprochen unter anderem auf die heftige Kritik der steirischen Volkspartei.

Auch Faymann wandte sich dagegen, die Kritik Einzelner überzubewerten. „Die Überzeugten seien die weit überwiegende Mehrheit“. Zudem hätte auch er sich bei einer Steuerreform oder in der Schulpolitik noch mehr vorstellen können, jedoch würden nicht zwei Parteien fusioniert, sondern ein Regierungsprogramm fixiert.

Neue Posten für Kurz und Brandstetter verteidigt

Zurückgewiesen wurde bei der Pressekonferenz aber auch die teils scharfe Kritik an der Einbindung des Wissenschaftsressorts ins Wirtschaftsministerium. Auch die Entscheidung, dass der bisherige Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) ungeachtet nicht gerade üppiger außenpolitischer Erfahrung nun Außenminister wird, und der zuvor unter anderem im Fall des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew und der Telekom-Austria-Causa als Strafverteidiger tätige Wolfgang Brandstetter Justizminister werden soll, ist laut Spindelegger „kein Anlass zur Besorgnis“.

Auch Fischer offiziell informiert

Bereits am Nachmittag informierten Faymann und Spindelegger auch Bundespräsident Heinz Fischer offiziell über den erfolgreichen Abschluss der Regierungsverhandlungen. Dieser zeigte sich froh, dass dieser noch vor Weihnachten gelungen ist. Kritisch betrachtete Fischer allerdings, dass es nun kein eigenes Wissenschaftsministerium mehr gibt.

Bundespräsident Heinz Fischer mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP)

APA/Robert Jäger

Faymann und Spindelegger informierten am Nachmittag Fischer über den Abschluss der Regierungsverhandlungen

Die Regierungsverhandlungen seien schwierig gewesen, aber er habe von Anfang an Zuversicht geäußert, meinte Fischer im Anschluss an das Gespräch. Dessen Inhalt drehte sich laut Fischer um detailliertere Informationen zu Teilen des Regierungsprogramms, außerdem hätten Faymann und Spindelegger bekräftigt, dass sie zueinander Vertrauen und den Willen hätten, gemeinsam Probleme zu lösen.

Gefragt, ob er die gewünschten Reformen im Regierungsprogramm erkennen könne, sagte der Präsident, der neue Koalitionspakt sei das Ergebnis „wirklich harter Arbeit“ und langer Verhandlungen. Es handle sich nicht um eine Einparteienregierung, deshalb müssten sich eben beide im Programm wiederfinden. Das Programm sei eines, das „wirklich bemüht ist, Österreich nach vorne zu bringen“.

Einzelgespräche mit Ministern

Von den neuen Ministern machte sich Fischer schließlich am Samstagvormittag selbst ein Bild und empfing diese zu Einzelgesprächen in der Hofburg. Die Regierungsangelobung steht dann am Montagvormittag auf der Agenda.

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