„Verwaltung des Stillstands“
Nach der von reichlich Turbulenzen begleiteten Absegnung der Großen Koalition ist am Freitag das Regierungsprogramm offiziell vorgestellt worden. Heftig kritisiert wurde es von der Opposition. Von einer „Verwaltung des Stillstands“ sprachen etwa die Grünen.
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Die grüne Klubobfrau Eva Glawischnig wertete bei einer Pressekonferenz am Freitag zwar die Einschränkung der Gruppenbesteuerung auf den EWR-Raum und das zweite Gratiskindergartenjahr als positiv - grundsätzlich würden sich die Regierungsparteien aber nicht bemühen, tiefgreifende Reformen anzugehen.
„Fleckerlteppich an Kleinsteuererhöhungen“
Statt einer Strukturreform finde sich etwa im Bereich der Steuern ein „Fleckerlteppich an Kleinsteuererhöhungen“. Auch im Bildungsbereich gebe es „Kleinkleinmaßnahmen, aber die Systemfrage wird einfach ausgeklammert“. Kritik übte Glawischnig zudem daran, dass das Minderheitenrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht im Regierungsprogramm vorkommt.
Als „versteckte sozialpolitische Gemeinheit“ bezeichnete Glawischnig eine mögliche, „über die derzeitige Rechtslage hinausgehende“ Maßnahme - wie es im Regierungsprogramm heißt -, „sollte eine Abweichung vom festgelegten Ziel des faktischen Pensionsantrittsalters oder der Beschäftigtenquote festgestellt“ werden, nämlich ein Solidarbeitrag bei der Aufwertung im Pensionskonto. Das bedeute nichts anderes, als dass „bei den Pensionen der Jüngsten gekürzt wird“.
„Gewisse Vorbehalte“ gegen Karmasin
Wenig erfreut zeigte sich Glawischnig zudem über die Maßnahmen zur „Weiterentwicklung und Ausdehnung der 15a-Vereinbarungen“, der „vollkommen unverständlichen“ Abschaffung des Wissenschaftsministeriums und dass das Integrationsstaatssekretariat „vollkommen artfremd ins Außenministerium eingepflanzt“ werde.
„Alle Minister haben eine faire Chance verdient“, meinte sie zu den neuen Köpfen der Regierung, „ganz besonders Sophie Karmasin“, die sie als „moderne Frau“ kenne. „Ich habe aber gewisse Vorbehalte, wie sich die Familienpolitik einer modernen Frau mit der Familienpolitik der ÖVP in Einklang bringen lässt.“
„Lediglich Absichtserklärungen“
Die FPÖ zeigte sich via Aussendung unter anderem über die Pläne im Pflegebereich enttäuscht. FPÖ-Behinderten- und -Umweltsprecher und Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer sieht etwa im verlängerten Pflegefonds keine Lösung für eine nachhaltige Finanzierung von Pflege und Betreuung in Österreich. Laut Hofer besteht das Programm aber auch im Bereich Umweltpolitik „lediglich aus Absichtserklärungen und lässt keinerlei konkrete Umsetzungswege erkennen“.
Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erwartet von der Neuauflage von Rot-Schwarz wenig Bewegendes. Die rot-schwarze Koalition erinnere vielmehr an so manche Hollywood-Filme, so Strache: „Diese werden nämlich auch mit jeder Fortsetzung immer noch schlechter.“ Von einem „neuen Regieren“ könne angesichts der Lippenbekenntnisse vonseiten der Regierungsparteien aus Sicht des FPÖ-Chefs jedenfalls keine Rede sein. Vielmehr habe bereits die Regierungserklärung vom Donnerstag „wie ein Nachruf geklungen“.
TS-Kritik an Ministerposten
Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur kritisierte die Besetzung der Ministerposten als „Freunderlwirtschaft“. Von der „geforderten Expertenregierung“ sei man weit entfernt, so Nachbaur. Dass Karmasin Familienministerin werden soll, kommentierte Nachbaur mit den Worten: „Eine Meinungsforscherin zur Hebung des Images sollen SPÖ und ÖVP aus den Parteikassen finanzieren, statt die Steuerzahler dafür zahlen zu lassen.“ Sie finde es aber „großartig, dass eine zweifache Mutter und erfolgreiche Unternehmerin den Sprung in die Politik wagt“.
„Kreative Buchhaltung“
Von weiteren fünf verlorenen Jahren sprach NEOS. Empört zeigte sich NEOS-Wissenschaftssprecherin Niki Scherak über die Anbindung des Wissenschaftsressorts an das Wirtschaftsministerium. NEOS-Chef Matthias Strolz warf Rot-Schwarz zudem vor, „mit kreativer Buchhaltung“ das Budgetloch kleingerechnet zu haben.
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