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„Haben keine Angst“

Vor dem Mitgliederentscheid der SPD-Basis über den Koalitionsvertrag mit der Union hat sich die Parteispitze zuversichtlich gezeigt. „Ich habe keine Angst vor dem Mitgliedervotum“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Donnerstagabend auf einer Regionalkonferenz im hessischen Hofheim. Er warb auf der ersten Diskussion mit Parteimitgliedern nach Präsentation des Vertrags eindringlich für die Vereinbarung mit CDU und CSU.

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Die SPD-Basis wird Anfang Dezember in einem Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag abstimmen. Es können knapp 475.000 SPD-Mitglieder über den Vertrag entscheiden. Das Ergebnis soll am 14. oder 15. Dezember vorliegen. In den kommenden Tagen will die SPD-Parteispitze unter anderem auf Regionalkonferenzen um die Zustimmung ihrer Basis werben. Ohne deren Billigung ist die Einigung hinfällig.

„Koalition der nüchternen Vernunft“

Gabriel verwies unter anderem auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde. Alle Gewerkschaften lobten die SPD für den Koalitionsvertrag, sagte der SPD-Vorsitzende. Die Regelungen zur doppelten Staatsbürgerschaft nannte er zudem einen „kulturellen Durchbruch“.

Es gebe natürlich Dinge, die die SPD nicht geschafft habe. Sie habe aber alles geschafft, was sie beim Parteikonvent vor Aufnahme der Verhandlungen angekündigt habe. „Ich finde, wir können uns sehen lassen“, sagte Gabriel. Die Zusammenarbeit mit der Union sei eine „Koalition der nüchternen Vernunft“.

„Skeptiker überzeugen“

Auch der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel warb an der Parteibasis um Zustimmung zu dem Koalitionsvertrag. Dieser sei unter schwierigen Bedingungen „ein großartiger Erfolg“. Es sei in den Verhandlungen mehr erreicht worden, als viele für möglich gehalten hätten. Die SPD werde das Land „sozialer und gerechter“ machen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles zeigte sich vor dem Mitgliederentscheid ebenfalls optimistisch. „Wir können nach dem, was wir jetzt wissen, nur sagen: Das läuft klar auf ein Ja zu“, sagte sie dem Sender n-tv. Sie wisse, dass es in ihrer Partei auch „einige Skeptiker“ gebe, sagte Nahles weiter. „Wir müssen noch einige mitnehmen und überzeugen.“

„Viele faule Kompromisse“

Die Meinungen der Parteimitglieder gehen weit auseinander, wie eine bundesweite Umfrage der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag zeigte. Aus der SPD-Basis kam jedenfalls auch Kritik. „Da stecken viele faule Kompromisse drin“, sagte etwa die Ortsvereinschefin der SPD Duisburg-Neudorf, Susanne Zander. Die Erfurter SPD hat ihr Nein schon beschlossen. Die SPD-Stadtvorsitzende in Dresden, Sabine Friedel, sagte: „Der Kopf sagt Ja, das Herz sagt Nein.“

Kritische SPD-Genossen in Hofheim bemängelten, dass es keine Bürgerversicherung gebe und dass Europa im Vertrag zu kurz komme. Einige kündigten ihr Nein an. Für die Gewerkschaften lobte der hessische IG-Metall-Bevollmächtigte Armin Schild das Ergebnis und bat um Zustimmung. Der hessische SPD-Landesvorsitzende und Bundes-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sprach in Hofheim vom „Unbehagen darüber, ob uns eine große Koalition guttut“. Seiner Ansicht nach sollte die SPD selbstbewusst in das Bündnis gehen und weiter für ihre Ziele streiten.

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