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Steuerreform bereits „aufgeschoben“

Nach einer neuerlichen Verhandlungsrunde haben sich SPÖ und ÖVP am Mittwoch auf den Sparbedarf bis 2018 geeinigt. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) gaben im Anschluss mit 18,44 Milliarden auch erstmals die Höhe des offiziellen Fehlbetrags im heimischen Budget bekannt. In dieser Summe nicht berücksichtigt sind 5,8 Mrd. Euro, die als Vorsorge für marode Banken zur Seite gelegt werden sollen.

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Damit geht es insgesamt um rund 24 Mrd. Euro, womit die nun errechnete Zahl deutlich niedriger liegt als die zuvor kolportierten 30 bis 40 Mrd. Euro. Laut Faymann und Spindelegger muss der genannte Fehlbetrag bis 2018 bewältigt werden, um das auf EU-Ebene zugesagte „strukturelle Nulldefizit“ (ein strukturelles Defizit von 0,45 Prozent) 2016 zu erreichen und danach zu halten.

Zurückgewiesen wurden von Faymann und Spindelegger der Vorwurf der Opposition, falsche Zahlen vorgelegt zu haben. Faymann zufolge sei die Abweichung zum aktuellen Finanzrahmen lediglich durch veränderte Prognosen für die nächsten Jahre entstanden, nicht aber im laufenden Jahr: „Jeder, der sagt, es ist ein Loch im Budget, liegt falsch. Im Gegenteil: Es gibt eine Übererfüllung im Jahr 2013, und das ist das einzig gültige und beschlossene Budget.“ Der Sparbedarf sei nun mit strukturellen Reformen zu bewältigen: „Es ist keine unbewältigbare Aufgabe, es ist eine Aufgabe, die wir schaffen wollen, weil wir uns nicht auf eine Schönwetterprognose einlassen.“

Vizekanzler Spindelegger hält den von den Grünen geforderten Untersuchungsausschuss zum Budget daher nicht für nötig, „weil ein Budgetloch nicht existiert“. Es gehe lediglich um die Prognose für die nächsten fünf Jahre. Er betonte, dass das von den Wirtschaftsforschern vorgelegte Ergebnis des koalitionären „Kassasturzes“ auch für ihn „überraschend erstaunlich negativ“ ausgefallen sei.

Festhalten an Nulldefizit bis 2016

Weiter festhalten will man unterdessen auch laut Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) an dem bisher bis 2016 angepeilten Nulldefizit. Ab diesem Zeitpunkt soll „genauso viel eingenommen wie ausgegeben werden“, so Schieder in der ZIB2. Auch Oberösterreichs Landeshauptmann und ÖVP-Chefverhandler Josef Pühringer bestätigte in der ZIB2 dieses Ziel. Man wolle für „unsere Kinder keine Schuldenberge hinterlassen“. Die Frage, ob nun auch mit neuen Steuern zu rechnen sei, blieb unbeantwortet. Laut Pühringer könne man zum jetzigen Zeitpunkt aber „nichts ausschließen“.

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“

Der Fehlbetrag hat dennoch bereits erste Auswirkungen auf das Programm der künftigen Regierung: Die vor der Wahl angekündigte Anhebung der Familienbeihilfe ist vorerst vom Tisch. Bis auf Weiteres vertagt wird - abgesehen von 32 Millionen Euro zur Vorbereitung - der Parlamentsumbau. Auch eine Steuerreform ist derzeit nicht finanzierbar, wie Kanzler Faymann einräumte - Nachsatz: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“

Laut Spindelegger sollen die zur Erreichung der neuen Budgetziele nötigen Reformen nun in den acht Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandler erstellt werden: „Da wird kein Bereich ausgespart werden können. Bei den Pensionen muss was passieren, genauso wie beim Staatsaufbau.“

Fehlende Steuereinnahmen als größter Brocken

Dass von den ursprünglich durchgesickerten 30 bis 40 Mrd. Euro an Sparbedarf nun rund 18 bzw. 24 Mrd. übrig geblieben sind, liegt daran, dass sich die Koalition in ihrer Darstellung auf das (nach bestimmten EU-Vorgaben berechnete) strukturelle Defizit konzentriert. Größter Fehlbetrag sind damit die Steuereinnahmen, die um 15 Mrd. Euro geringer als geplant ausfallen. Nicht angerechnet werden in dieser Darstellung die Einmalzahlungen für die Bankenhilfen (5,8 Mrd. Euro), der Fehlbetrag bei den Pensionen (8,7 Mrd. Euro bis 2018) nur etwa zur Hälfte.

Außerdem wurden zusätzliche Ausgaben von sechs Mrd. Euro abgesagt, die in der ursprünglichen Berechnung noch enthalten waren. Darunter fallen neben der höheren Familienbeihilfe auch die Aufnahme zusätzlicher Beamter (der Aufnahmestopp wird verlängert) sowie die Forderung der EU-Kommission, das strukturelle Defizit schon 2015 (und nicht erst 2016) auf 0,45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu senken.

Postenvergabe ab 22. November?

Laut „Kurier“ haben SPÖ und ÖVP mit der Einigung auf die Budgetzahlen eine wichtige Hürde auf dem Weg zur Neuauflage von Rot-Schwarz übersprungen. Doch auch wenn dieser Betrag nun deutlich kleiner ist als zunächst kolportiert, werde es der Zeitung zufolge zahlreiche Einschnitte geben.

Geht es nach dem „Standard“ wollen SPÖ und ÖVP nach der kräftezehrenden Budgetdebatte nun in Sachen Koalitionsverhandlungen verstärkt auf Tempo setzen. Bis zum 22. November sollen demnach die inhaltlichen Verhandlungen abgeschlossen sein, danach steht die Postenvergabe auf dem Programm. Bereits abgeschlossen sein soll seit Dienstag der Bereich Kultur, wo aus Verhandlerkreisen laut APA „ein großer Wurf“ angekündigt wurde. Ab Donnerstag steht mit dem Kapitel Bildung ein weiteres heißes Eisen auf dem Programm - auch hier soll es noch in dieser Woche eine Einigung geben.

Experten und Opposition bleiben skeptisch

Die nun von den Koalitionsverhandlern genannten Zahlen zum Budgetloch überzeugen unterdessen weder Opposition noch Experten. Franz Schellhorn von der Agenda Austria ging am Mittwoch im Ö1-„Journal Panorama“ weiter von den seit dem Wochenende kolportierten 40 Mrd. Euro aus. Auch Werner Kogler (Grüne) und Kathrin Nachbaur (Team Stronach, TS) rechnen mit einem höheren Fehlbetrag. WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller pochte auf regelmäßige Aktualisierung der Zahlen - und alle vier Gesprächsteilnehmer forderten Reformen.

„Ich fürchte, dass sich die Budgetlücke nicht an die Erwartungen der Regierung halten wird“, sagte Schellhorn. Kogler ist sicher, dass allein schon für die Banken mehr Geld nötig sein werde - und warf der Regierung eine „Budgetlüge“ vor den Wahlen vor. Nachbaur bezweifelte, „dass diese Zahlen korrekt sind“ - und attestierte SPÖ und ÖVP auch, „reine Wählertäuschung“ begangen zu haben.

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