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Erster Neubau seit rund 20 Jahren

Ein französisch-chinesisches Konsortium baut für knapp 19 Milliarden Euro ein Atomkraftwerk in Großbritannien. Die britische Regierung unterzeichnete ein entsprechendes Abkommen mit dem französischen Versorger EDF. Es ist der erste Neubau eines Atomkraftwerks in Großbritannien seit rund 20 Jahren - und der erste in Europa seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima.

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Beteiligt an dem Bau der beiden Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) sind der französische Anlagenbauer Areva mit zehn Prozent und die beiden chinesischen Atomkonzerne CGN und CNNC mit 30 bis 40 Prozent. EDF sei in Verhandlungen mit weiteren Investoren, die sich mit bis zu 15 Prozent an dem Projekt beteiligen könnten, teilte das Unternehmen mit.

„Symbol für nächste Generation der Atomkraft“

Das Kraftwerk Hinkley Point C soll in Somerset in Südwest-England entstehen, zwei Reaktoren gibt es dort bereits. EDF und die britische Regierung hatten schon seit Monaten über den Vertrag verhandelt. Dabei ging es vor allem um den zugesagten Preis für den Atomstrom.

Britisches Atomkraftwerk Hinkley

Reuters/Suzanne Plunkett

16 Reaktoren gibt es derzeit in Großbritannien

„Das ist ein Symbol für die nächste Generation der Atomkraft in Großbritannien, die für unseren zukünftigen Energiebedarf und die langfristige Sicherheit bei der Versorgung eine wichtige Rolle spielt“, sagte Premierminister David Cameron. Die britische Regierung will damit auch ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas verringern.

„Heimliche“ Subventionen

Energieminister Ed Davey sagte, das Vorhaben würde Konsumenten eine Ersparnis von 75 Pfund pro Haushalt bringen, allerdings erst 2030. Bereits 2023 sollen die beiden Reaktoren ans Netz gehen. Davey meinte auch, dass zum ersten Mal ein AKW ohne das Geld von Steuerzahlern gebaut werde.

Britische Medien widersprechen dem allerdings: Denn dem Konsortium wird ein Preis von 92,5 Pfund pro Megawattstunde garantiert, und das mit einer Inflationsabgleichung für die nächsten 35 Jahre. Wird der Plan für einen weiteren AKW-Bau umgesetzt, soll der Preis auf 89,5 Pfund fallen. Medien und auch die Labour-Opposition kritisieren, dass der festgesetzte Preis fast doppelt so hoch ist wie der derzeitige Großmarktpreis von 49 Pfund.

Und sollte der Strompreis in den nächsten Jahrzehnten auf dem Markt fallen oder weniger stark steigen als angenommen, würden erst recht die Steuerzahler die Rechnung zahlen. De facto würde es also eine „heimliche Subvention für Atomstrom" sein, heißt es im „New Statesman“.

Lichtblick für Atomindustrie

Das Abkommen stellt für die weltweite Atomindustrie einen Lichtblick dar. Seit der Katastrophe im japanischen AKW Fukushima I kämpft sie mit gestiegenen Akzeptanzproblemen. Deutschland hat sich für den Ausstieg aus der Atomkraft entschieden, Italien ein geplantes Atomprogramm gestrichen, und Frankreich strebt eine Verringerung seiner Abhängigkeit vom Atomstrom an. Allerdings wird derzeit im nordfranzösischen Flamanville ein Europäischer Druckwasserreaktor gebaut.

Das Projekt ist unter anderem wegen der explodierenden Kosten umstritten: Waren die Kosten für den Reaktor 2005 noch mit 3,3 Mrd. Euro angegeben worden, musste EDF Ende 2012 einräumen, dass die Kosten vermutlich auf 8,5 Mrd. Euro steigen würden. Der Konzern begründete das unter anderem mit neuen Sicherheitsanforderungen und Lehren aus Fukushima.

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