„Bank für die kriminelle Unterwelt“
Die Diskussion über digitale Währungen und ihre mangelnde Kontrolle durch staatliche Stellen bekommt neue Nahrung. Kriminelle sollen über das digitale Bezahlsystem Liberty Reserve aus Costa Rica sechs Milliarden Dollar aus illegalen Geschäften gewaschen haben, teilten die US-Behörden mit.
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Liberty Reserve sei damit „die Bank der Wahl für die kriminelle Unterwelt“ gewesen, hieß es seitens der Strafverfolger. Die Firma, die inzwischen geschlossen wurde, hatte den Angaben zufolge weltweit mehr als eine Million Nutzer, 200.000 davon in den USA. Die Firma sei eigens dazu eingerichtet worden, um Geldwäsche im Internet zu erleichtern, erklärte das US-Finanzministerium.
Behörden in 17 Ländern involviert
In Spanien, Costa Rica und New York seien bereits am Freitag fünf Verdächtige festgenommen worden, teilten die Behörden mit. Unter ihnen seien der Gründer von Liberty Reserve und sein Stellvertreter. Zwei weitere Manager des Finanzdienstleisters seien auf der Flucht. Außerdem seien Konten und Internetdomains beschlagnahmt worden. Insgesamt waren Behörden in 17 Ländern in den Fall eingeschaltet.

Reuters/Mike Segar
Der US-Staatsanwalt erklärt die Arbeitsweise von Liberty Reserve
Zwölf Millionen Transaktionen jährlich
Die Beschuldigten haben sich bei ihren Geschäften laut Angaben der Ermittler einer digitalen Währung bedient, die wiederum in reales Geld getauscht werden kann. Konkret konnten Kunden bei Liberty Reserve echtes Geld in die digitale Währung namens „LR“ tauschen und diese untereinander hin- und herschieben sowie über Dritte wieder in Bargeld tauschen. Derart wurden demnach jährlich etwa zwölf Millionen Transaktionen abgewickelt.
Nutzer mussten bei der Einrichtung eines Kontos sehr wenig Informationen abgeben, die Liberty Reserve in der Regel nicht überprüfte. Die Geschäfte konnten weitgehend anonym abgewickelt werden. Liberty Reserve unterhielt laut den US-Behörden Beziehungen zu 35 Drittparteien. Einige von ihnen überwiesen Geld beispielsweise über den Ebay-Bezahldienst PayPal oder Kreditkartenfirmen wie Visa, Mastercard und American Express. Die Liberty-Reserve-Kontonummern mussten dabei nicht offengelegt werden.
Anonym und nicht verfolgbar
Das System habe es Kriminellen auf der ganzen Welt ermöglicht, anonym und nicht nachverfolgbar Finanztransaktionen abzuwickeln. Denn anders als Banken unterlag Liberty Reserve keiner Kontrolle durch die Finanzaufsichtsbehörden. Die New Yorker Staatsanwaltschaft zählte als Delikte Kreditkarten- und Anlagebetrug, Identitätsklau, Computereinbrüche, Kinderpornografie und Drogenhandel auf.
Kritik an „Wildwest“-Methoden
Der Fall birgt vor dem Hintergrund der Diskussion über die digitale Währung Bitcoin einigen Sprengstoff. US-Finanzaufsehern ist es ein Dorn im Auge, dass dieser Markt ohne staatliche Kontrolle auskommt. Sollten sich die Vorwürfe gegen Liberty Reserve als richtig herausstellen, hätten die Behörden bessere Argumente in der Hand für eine Regulierung. Der zuständige US-Staatsanwalt Preet Bharara sprach bereits von „Wildwest“-Methoden im Internetbankgeschäft.
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