Kompliziert und umstritten
Für die Studierenden selbst war die Wahl zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) recht unkompliziert - sie wählten Vertretungen auf zwei Ebenen, in ihrer Studienrichtung und an ihrer Uni. Die Wahlarithmetik zur Zusammensetzung der Bundesvertretung (BV), dem österreichweiten Studierendenparlament, ist hingegen seit 2004 höchst kompliziert - und umstritten.
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Bei der ÖH-Wahl waren nur Unistudierende wahlberechtigt, FH- und PH-Studenten bestimmten ihre Vertretung zu einem anderen Zeitpunkt am jeweiligen Standort. Studenten der Privatuniversitäten und der Donau-Universität Krems nahmen gar nicht teil. Die Unistudenten wiederum konnten zwei Ebenen der ÖH direkt wählen: die Studienvertretung, bei der je nach Zahl der Studierenden drei oder fünf Personen gewählt werden, sowie die Universitätsvertretung, wo eine Fraktion gewählt wird.
Beschickung durch Univertretungen
Dann wird es komplex: Das Ende 2004 von ÖVP und FPÖ beschlossene neue Wahlrecht hat die alle zwei Jahre stattfindende Abstimmung radikal geändert. Zuvor hatten die Studierenden auch da einfach eine Liste gewählt - seit der Änderung werden aber die Ergebnisse an den einzelnen Unis für die Zusammensetzung herangezogen.
Wie viele Mandatare eine Hochschule gemäß der Stärke der einzelnen Fraktionen bei der ÖH-Wahl in die BV entsendet, hängt von der jeweiligen Studentenzahl ab und ist in einer Verordnung des Wissenschaftsministers festgelegt. Der Uni Wien stehen demnach 19 Mandatare zu, den Unis Graz und Innsbruck sowie der Technischen Universität Wien je sechs etc. Alle sechs Kunstunis sowie jene fünf PHs und 19 FHs mit mehr als 1.000 Studenten können jeweils einen Mandatar entsenden.
Die kleineren PHs und FHs (weniger als 1.000 Studenten) bilden eine „Wahlgemeinschaft“, für die ein Sitz in der BV reserviert ist. Vertreter dieser Hochschulen müssen sich in einer eigenen Sitzung nach der ÖH-Wahl entscheiden, wen sie ins Studentenparlament entsenden.
Elf Listenverbände traten an
Insgesamt werden so 94 Mandate vergeben. Dazu können noch weitere Sitze in der BV für Listenverbände kommen. Das sind wahlwerbende Gruppen, die sich an mindestens sechs Universitäten zu einem solchen Verband zusammenschließen. Erreicht ein Listenverband mindestens 1.000 Stimmen, darf er ebenfalls einen Vertreter in die Bundesvertretung schicken. Allerdings: Erringt eine der Gruppen eines Listenverbandes ein Direktmandat an ihrer Uni, zählen die dort erreichten Stimmen nicht für den Listenverband.
Listenverbände sollen Nachteile des indirekten Wahlrechts ausgleichen. Gleich elf davon traten heuer an: Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und die Jungen Liberalen (JuLis) schickten jeweils gleich zwei Listenverbände ins Rennen, die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft (AG), die Fachschaftslisten (FLÖ), der KPÖ-kritische KSV, der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) sowie die Unipiraten je einen. Der KSV-Lili scheiterte dagegen an Formalvorschriften und wollte deshalb die Wahl anfechten, hieß es in einer Aussendung.
Kritik an ungleichem Wahlrecht
Im Regelfall ergibt das durch die Listenverbände noch einmal ein Plus von sechs bis acht Mandaten, womit voraussichtlich erstmals mehr als 100 Mandatare in der Bundesvertretung sitzen. Dieses Explodieren der Mandatezahl ist nur einer der Nachteile des neuen Wahlrechts. Studenten, die an mehreren Unis inskribiert sind, konnten an jeder „ihrer“ Unis die Universitätsvertretung wählen. Indirekt zählte damit ihre Stimme auch mehrfach für die Bundesvertretung.
Und auch an den Unis sind Stimmen aufgrund der Berechnung der zu entsendenden Mandatare unterschiedlich viel „wert“. So entsenden kleine Unis einen einzigen Vertreter in das Studentenparlament, die größte Hochschule des Landes, die Uni Wien, insgesamt 19. Betrachtet man die Zahl der für ein BV-Mandat nötigen Studenten einer Uni, sind die kleinen Hochschulen damit aber überrepräsentiert. Das war in den vergangenen Jahren immer wieder im Hinblick auf die Gleichheit des Wahlrechts kritisiert worden.
AG sträubte sich gegen Reform
Die linke ÖH-Vertretung kämpft seither für eine Rückkehr zur Direktwahl, die Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle aber von einer Übereinkunft der großen ÖH-Fraktionen abhängig macht - was bisher an der ÖVP-nahen AG scheiterte. Diese wiederum hat im Wahlkampf einen neuen Kompromissvorschlag präsentiert. Dieser sieht unter anderem eine Mischung aus direktem und indirektem Wahlsystem, die Einbeziehung von FHs, PHs und Privatunis in die ÖH-Wahl, eine Deckelung der Sitze in der ÖH-Bundesvertretung auf 55 Mandate sowie die Einführung der Briefwahl und des passiven Wahlrechts für alle Studenten vor.
Vergeben werden sollen die 55 Sitze wie bisher nach dem indirekten Wahlsystem durch Entsendungen je nach Unigröße und Wahlergebnis, die Mandatare der FHs, PHs und Privatunis sollen dagegen am gleichen Tag nach dem direkten Wahlsystem per Listenwahl bestimmt werden. Alle Unis sollen dabei ein Grundmandat erhalten, die Zusatzmandate über Listenverbände würden wegfallen.
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