LKÖ dementiert
Die Landwirtschaftskammer (LKÖ) hat das Bienensterben offenbar schon seit längerem aus den Medien halten wollen. Josef Stich, Präsident der Vereinigung österreichischer Imker (Biene Österreich), bestätigte am Dienstag gegenüber der APA entsprechende Angebote von „Schweigegeld“ für die Imker, die LKÖ dementiert allerdings.
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Konkret geht es um Verhandlungen über einen „Koexistenzfonds“ zwischen Imkern und LKÖ im Jahr 2011. Teil der Abmachung sei der Wunsch der Kammer gewesen, das Bienensterben nicht öffentlich zu thematisieren, bestätigte Stich einen Bericht der Tageszeitung „Kurier“ (Dienstag-Ausgabe). Diesem Wunsch wollten die Imker laut Stich jedoch nicht nachkommen, wie auch keine Gelder geflossen seien. Der Brief sei ein „Hilfeschrei“ an den Minister gewesen. Laut der LKÖ ging es jedoch nur um Schadenersatzforderungen durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft.
Heikles Faksimile veröffentlicht
„Im zweiten Halbjahr 2011 wurden acht Wochen lang ausschließlich Gespräche über dokumentierbare Schäden aufgrund von Pflanzenschutzmitteln geführt. Beide beteiligten Parteien kamen zu dem Schluss, dass ein Schadensabdeckungsfonds nicht umsetzbar sei“, erklärte Adolf Marksteiner von der LKÖ gegenüber der APA. Weiter wollte der Leiter der Abteilung Marktpolitik in der LKÖ den „Kurier“-Artikel nicht kommentieren.
Der „Kurier“ veröffentlichte ein Faksimile eines Schreibens von Biene Österreich an Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) vom 19. Oktober 2011, wo diese „Vorbedingungen“ der LKÖ angesprochen wurden. So sollte demnach auf die öffentliche Thematisierung von Bienenschäden für die nächsten drei Jahre verzichtet werden. Stich betonte, dass diese Causa mit der Landwirtschaftkammer aus seiner Sicht erledigt sei - was Marksteiner ebenfalls so sah. Das Ministerium bestätigte laut „Kurier“, dass der Brief bekannt sei.
Studie von Chemieproduzenten mitfinanziert
Für neue Aufregung sorgte auch das 2009 gestartete österreichische Projekt zur Erforschung der Ursachen des Bienensterbens namens „Melissa“. Das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtete über die Tatsache, dass sich die Agrochemieproduzenten Bayer, BASF und Syngenta finanziell an dieser Studie beteiligt hatten. Das ging bereits Anfang Mai 2011 aus einer Anfragebeantwortung durch Berlakovich hervor, in welcher der Minister die Beteiligung der Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs und dreier Konzerne offenlegte.
Die von „profil“ publizierten beigesteuerten 115.000 Euro wurden laut AGES im März 2012 auf deren Website im Endbericht der „Melissa“-Studie veröffentlicht und im April 2012 im Unterausschuss für Land- und Forstwirtschaft offen gelegt. Die AGES betonte dabei gegenüber der APA, dass sowohl das Studiendesign wie auch das Ergebnis von diesen Geldern unbeeinflusst waren. Der Betrag wurde den in Melissa beteiligten Imkern als Kostenersatz für ihre Leistungen wie Arbeitsaufwand, Materialeinsatz, und Probenlagerung in den Jahren 2009 bis 2011 zur Verfügung gestellt, hieß es in einer Stellungnahme der AGES zum dem betreffenden „profil“-Artikel.
Zehnpunkteprogramm für mehr Bienenschutz
Die Imker legten unterdessen am Dienstag ein Zehnpunkteprogramm zum Schutz der Bienen in Österreich vor. Das Papier soll Berlakovich so bald wie möglich unterbreitet werden. Einige Punkte habe man mit dem Minister bereits am Bienengipfel besprochen, wie Stich erklärte. Ein Verbot der Neonicotinoide allein ist den Bienenfreunden zu wenig. Neben den Pestiziden und der Varroamilbe sind besonders die in Österreich weitverbreiteten Monokulturen in der Landwirtschaft die größten Feinde dieser Insektenart.
Die stark monokulturelle und in manchen Regionen Österreichs intensiver werdende Landwirtschaft sei ein zentrales Problem, wurde seitens des Umweltdachverbands betont. „Die Verankerung einer stärkeren Fruchtfolge wäre eine zentrale Maßnahme, die ein langfristiges flächendeckendes Überleben der Bienen und Wildbienen sichern würde.“ Durch Monokulturen windbestäubter Pflanzen wie Mais bleiben diese Flächen für die Insekten irrelevant: „Das sind Wüsten für die Bienen.“
Mehr Lebensraum für Tiere gefordert
Es müsse wieder Struktur in die Landwirtschaft gebracht werden, um den Tieren einen Lebensraum zu schaffen, sagte Stich, der in diesem Zusammenhang verpflichtende Auflagen für Biodiversität einmahnte. „Wer Pflanzen anbaut, der braucht auch Pflanzenschutz“, räumte Stich ein. Das dürfe aber „keine negative Auswirkung auf die Bienen haben“, allein schon weil Bienen Indikatoren für die Umweltsituation an sich seien, so der Umweltdachverband: „Geht es den Bienen schlecht, geht es der Umwelt schlecht.“
Neben bewusstseinsbildenden Maßnahmen in der Bevölkerung forderten die Experten auch die Schaffung eines Instituts für Bienenkunde zu etablieren, um die Erforschung der Tiere zu fördern. In Österreich gibt es rund 25.000 Imker mit 376.500 Bienenvölkern. Die geschätzte jährliche Honigproduktion liegt bei 5.000 bis 7.000 Tonnen. Der volkswirtschaftliche Wert der Bestäubung liegt um ein Vielfaches höher als der Ertrag aus den Bienenprodukten und kann für Österreich mit jährlich 500 Millionen Euro beziffert werden, so der Verein.
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