Reihe von Zugeständnissen an Troika?
Angesichts der angespannten Situation in Zypern hat die Regierung einen dramatischen Appell an die Abgeordneten gerichtet, die über einen Plan B Zyperns aus der Krise abstimmen sollen. In den nächsten Stunden wird eine Abstimmung im Parlament erwartet. Im Hintergrund liefen zuvor Verhandlungen mit der Gläubiger-Troika. Dabei musste Zypern offenbar einige Zugeständnisse machen.
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Im Ringen um eine Rettung Zyperns vor dem Staatsbankrott keimt wieder Hoffnung auf. Das Parlament wollte noch am Freitagabend zur entscheidenden Sitzung zusammenkommen. Für eine Abstimmung ist jedoch eine Einigung mit der Troika aus Europäischer Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Voraussetzung. „Es gibt vorsichtigen Optimismus, dass wir in den nächsten Stunden eine Einigung erzielen könnten“, sagte der stellvertretende Chef der konservativen Partei Demokratische Gesamtbewegung, Averof Neofytou, am Nachmittag.
Zwangsabgabe kommt offenbar doch
Auch die zuvor bereits abgelehnten Zwangsabgaben auf Bankguthaben liegen offenbar wieder auf dem Tisch, wie der zypriotische Finanzminister Michalis Sarris vor Journalisten bestätigte. Betroffen sollen diesmal jedoch nur Einlagen über 100.000 Euro sein. Das Parlament hatte eine Zwangsabgabe am Dienstag ohne Gegenstimme abgelehnt, damit war dieser Lösungsansatz eigentlich bereits vom Tisch. Zypern muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um Notkredite der EU in Höhe von zehn Milliarden Euro zu erhalten.
Geplant war zudem ein Solidaritätsfonds, der aus Geldern der Pensionskassen, der orthodoxen Kirche und anderer Institutionen finanziert werden und Staatsanleihen ausgeben soll. Auch die zypriotische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen.
Doch einigen griechischen Medienberichten zufolge lehne die Troika das Modell in dieser Form ab. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa habe deutlich gemacht, dass sie die bisher diskutierten Vorschläge Zyperns für nicht ausreichend hält. So denkt die Regierung in Nikosia offenbar erneut darüber nach, eine Zwangsabgabe auf Geldeinlagen einzuführen. Das sagte der konservative Abgeordnete Prodromos Prodromou am Freitag im zypriotischen TV.
Finanzexperte: „Europa ist tot“
Aber auch in Zypern wächst die Kritik. Der frühere Zentralbankchef Zyperns, Athanasios Orphanides, warf den großen EU-Ländern, allen voran Deutschland, vor, die Wirtschaft seines Landes zu zerstören. „Wenn die deutsche Regierung weiter darauf beharrt, dass jede Lösung derart ist, dass sie das Wirtschaftsmodell (Zyperns) zerstört, lautet meine Frage: Wer ist der Nächste? Luxemburg? Malta?“, sagte Orphanides am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.
Er glaube nicht, dass das „europäische Projekt unter diesen Bedingungen Überlebenschancen hat“. Die Regierung Zyperns tue dagegen, was sie könne, um die Krise zu meistern. „Europa ist tot“, sagte Orphanides, der inzwischen an der renommierten US-Universität Massachusetts Institute of Technology (MIT) lehrt.
Beschlüsse mit „schmerzhaften Aspekten“
Zuvor war seitens der Regierung noch einmal an die Dringlichkeit einer Lösung erinnert worden - auch nicht ohne Hinweis auf den hohen Tribut, den das Rettungspaket den Zyprioten abverlangen könnte: „In einigen Stunden sind wir aufgerufen, große Entscheidungen zu treffen.“ Die Beschlüsse, die das Parlament am Freitag zu treffen habe, würden zweifelsohne „schmerzhafte Aspekte“ enthalten. „Aber das Land muss gerettet werden“, sagte Regierungssprecher Kristos Stylianides. Wenig später wollte das Parlament über die von der Regierung vorgeschlagenen Rettungsmaßnahmen debattieren. „Wir müssen alle Verantwortung übernehmen“, mahnte Stylianides.
Aufgrund der andauernden Verhandlungen verzögerte sich auch die Abstimmung über den neuen Plan für die Zypern-Rettung. Eigentlich wollten die Parlamentarier bereits am Vormittag zusammentreten, zwischenzeitlich wurde die Debatte auf Nachmittag verschoben - mittlerweile wird von einer Abstimmung am Abend ausgegangen.
Kein Geld kommt unterdessen vorerst aus Russland: Die ursprünglich erhofften Kredite lehnte Moskau ebenso wie eine Beteiligung russischer Banken an zypriotischen Kreditinstituten bereits am Freitagvormittag ab.
Zahlungsverkehr soll eingeschränkt bleiben
Um eine massenhaften Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern, soll nach den neuen Plänen vorübergehend der Zahlungsverkehr eingeschränkt werden. Die zypriotischen Banken sind seit rund einer Woche geschlossen und sollen nach jetziger Planung erst am Dienstag wieder öffnen. Der Fonds-Vorschlag war wenige Stunden nach einem Ultimatum der EZB vorgestellt worden. Sie will ab Montag kein Geld mehr aus Europa für die Banken bereitstellen, falls es bis dahin kein Sanierungskonzept gibt.
Der Chef der zypriotischen Zentralbank, Panikos Demetriades, mahnte besonders im Hinblick darauf zu Eile. Er rief die Abgeordneten auf, die für die Rettung Zyperns notwendigen Gesetze rasch zu billigen. „Damit werden wir der Troika ein positives Zeichen geben“, sagte Demetriades im TV. „Wenn wir keinen Plan vorlegen, dann wird die Europäische Zentralbank unseren Banken am Montag den Geldhahn zudrehen, und das Land geht bankrott.“
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