Stahl des Eiffelturms mal drei
Der Hafen im belgischen Antwerpen zählt zu den größten Häfen der Welt - größere Anlagen innerhalb Europas gibt es nur in Rotterdam und Hamburg. Doch Antwerpen verkürzt mit einem gigantischen Projekt den Abstand zum niederländischen Konkurrenzstandort: Es entsteht gerade die größte Schiffsschleuse der Welt. 2016 soll sie eröffnet werden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Kennzahlen des belgischen Megaprojekts sind beeindruckend: Die Breite der Schleuse entspricht mit 68 Metern einer 19-spurigen Autobahn, die Länge beträgt einen halben Kilometer. Bemerkenswert ist, dass Antwerpen sich eine vorhandene, eigene Anlage zum Vorbild nehmen kann: So betreibt der Hafen bereits die weltweit größte Schleuse, die Abmessungen entsprechen jenen des neuen Projekts. Doch es gibt einen nennenswerten Unterschied.

Reuters/Yves Herman
Noch graben die Bagger: Der Spatenstich für die Schleuse erfolgte Ende 2011
Dreifache Menge an Containern pro Schiff
Für das neue Projekt graben sich die Bagger um mehr als vier Meter tiefer den Boden als beim Bau der bestehenden Berendrecht-Schleuse. Antwerpen wird also 2016 seinen eigenen Rekord brechen, wenn es um die weltweit größte Schleuse geht. Doch hinter dem Rekord stehen freilich stichhaltige wirtschaftliche Argumente. So ermöglicht eine tiefer angelegte Schleuse größeren Transportschiffen die Zufahrt - Schiffe, die bedeutend mehr Container befördern können.
Der Begriff Panamax
Panamax ist ein Begriff aus der Schifffahrt und bezeichnet Schiffe, insbesondere Containerschiffe, vermehrt auch Passagierschiffe, die ihren Dimensionen nach gerade noch durch die Schleusen des Panamakanals passen.
Die neue Anlage in Antwerpen wird sogenannte Postpanamax-Schiffe abfertigen können. Während Panamax-Schiffe lediglich 4.600 Container befördern können, weisen Postpanamax-Schiffe die dreifache Kapazität auf und bieten 12.000 Standardcontainern Platz. Nicht einmal durch den Panamakanal (daher der Name) können zurzeit solche Schiffe fahren - dortiger Baubeginn für diese Schleusen soll 2014 sein. Zwei Jahre danach will Antwerpen bereits Postpanamaxschiffe abfertigen.
Wembley-Stadion achtmal auffüllen
Auf der Baustelle in Antwerpen sind diesen Ansprüchen entsprechend zurzeit etwa 30 gigantische Kipplaster im Dauereinsatz, um Erdreich wegzukarren, mit dem man das Londoner Wembley-Stadion achtmal auffüllen könnte. Der „Auffüllbedarf“ auf der riesigen Baustelle in Antwerpen ist entsprechend enorm: Aufgewendet werden 22.000 Tonnen Stahl, mit dieser Menge könnte der Eiffelturm dreimal aufgebaut werden. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf 340 Millionen Euro, die Hälfte dieser Summe trägt die Europäische Investitionsbank. Den Rest übernehmen eine flämische Bank, die Antwerpener Hafenbehörde und die flämische Regierung.

Reuters/Yves Herman
Die neue Schiffsschleuse im Rohzustand - die Tiefe macht den Unterschied
Neue Freihandelsabkommen
Mit der Eröffnung der Berendrecht-Schleuse 1989 schritt die Entwicklung des rechten Ufers maßgeblich voran. In den letzten Jahren konzentrierte sich die Entwicklung des Hafens von Antwerpen zunehmend auf das linke Ufer. Aufgrund der ständigen Vergrößerung der Kapazitäten und in Reaktion auf die Zunahme des Schiffsverkehrs erschien dem Betreiber ein zweiter Zugangspunkt zum Meer unerlässlich. Das auch vor dem Hintergrund, dass die EU zuletzt mit Kolumbien, Peru und sechs zentralamerikanischen Ländern ein Freihandelsabkommen beschlossen hat - auch Singapur und Kanada könnten der Liste bald angehören. In absehbarer Zeit sollten zudem Abkommen mit Japan und den USA bestehen.
Der Anteil der international gehandelten Güter, die über Seewege transportiert werden, beläuft sich nach Angaben der OECD auf 90 Prozent. Über den Hafen Antwerpen wurden im vergangenen Jahr allerdings 1,6 Prozent weniger Güter als im Jahr davor gehandelt - als Auswirkung der Wirtschaftskrise. Doch der Anspruch für die Zukunft lässt sich in Zahlen ausdrücken: 2011 verabschiedete der Aufsichtsrat des Antwerpener Hafenbehörde ihren Finanzplan bis 2025 - im Investitionsumfang von nicht weniger als 1,6 Milliarden Euro.
Links: