Reform von der Reform von der Reform
Der ehemalige Kärntner FPK-Obmann Uwe Scheuch ist am Mittwoch wegen einer - in dieser Form - nicht mehr existenten Strafbestimmung verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Graz verurteilte Scheuch wegen jenes Tatbestandes der „Anfütterung“, der ab 2008 nur für eineinhalb Jahre gültiges Gesetz war.
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Das strenge Anfütterungsverbot (§304 alt StGB), nach dem Scheuch nun verurteilt wurde, war Anfang 2008 in Kraft getreten und hatte damals zu massiven Protesten der Wirtschaft sowie von Kulturveranstaltern geführt. Vorgesehen war damals nämlich nicht nur, dass sich ein Amtsträger strafbar macht, wenn er ein Geschenk im Tausch für eine konkrete Amtshandlung entgegennimmt, sondern auch dann, wenn er das Geschenk nur allgemein „in Hinblick auf seine Amtsführung“ erhält.
Das kurze Leben des strengen § 304
Die Geschenkannahme konnte nach dieser Norm also auch bestraft werden, wenn - wie nun im Fall Scheuch - gar kein konkretes „Gegengeschäft“ des Politikers erfolgte beziehungsweise erfolgen konnte: Scheuchs Verteidiger Dieter Böhmdorfer argumentierte etwa während des ganzen Verfahrens, Scheuch habe die Vergabe von Staatsbürgerschaften, die einem russischen Investor in Aussicht gestellt worden sein soll, gar nicht in der Hand gehabt.
Wirtschaft und Kulturveranstalter mobilisierten damals mit Erfolg gegen das Gesetz: Die übliche Praxis von „Höflichkeiten“ in diesen Kreisen wäre damit zu gutem Teil strafbar geworden - Spitzenbeamte und Politiker hätten sich durch die Annahme von teuren Einladungen zu Sport- und Kulturevents strafbar machen können. SPÖ und ÖVP nahmen das Gesetz daraufhin zurück und führten zum 1. September 2009 eine deutliche Entschärfung des gesamten Korruptionsstrafrechts durch.
Scheuch fiel in kurzes Zeitfenster
Für Scheuch kam die Entschärfung zu spät. Das ihm zur Last gelegte Gespräch, in dem er die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Abtausch für ein Investment in Kärnten und eine Parteispende als „no na net part of the game“ bezeichnete, fand im Juni 2009 statt. Damit fiel der Tatbestand in das enge Zeitfenster während der Geltung des „strengen“ Paragraf 304. Und das damals gültige, strenge Anfütterungsverbot hat das Grazer Gericht nun auch als Grundlage für Scheuchs Verurteilung herangezogen.
Verurteilung nur durch „Umweg“ möglich
Eine Verurteilung aufgrund einer nicht mehr gültigen Gesetzesnorm ist grundsätzlich durchaus möglich, wie der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs am Mittwoch gegenüber der APA betonte - allerdings nur, wenn die Tat auch nach heutigem Recht noch strafbar wäre. Das kann aus seiner Sicht argumentiert werden, weil eine ähnliche Strafbestimmung gegen die „Vorbereitung der Bestechlichkeit“ (§306 StGB) existiert.
Nicht möglich gewesen wäre demgegenüber eine Verurteilung wegen „Bestechlichkeit“ (das ist der heutige §304 StGB). Grund: Bestechlichkeit könnte nur vorliegen, wenn auch ein konkretes „pflichtwidriges Amtsgeschäft“ vorliegt - was im Fall Scheuch eben nicht der Fall war. Ab 2013 gilt übrigens ein neues, nun wieder verschärftes Anfütterungsverbot, das von SPÖ und ÖVP angesichts der aktuellen Korruptionsskandale erlassen wurde.
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