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Angesagte Apokalypsen finden nicht statt

Die gute Nachricht: Trotz weltweiten Apokalypsefiebers ist die Welt am 21. Dezember 2012 doch nicht untergegangen. Dass eine völlig absurde Theorie im vergangenen Jahr ungeahnte Folgen zeitigte, bleibt aber erstaunlich. Regierungen und die NASA mussten beschwichtigen, Tausende Leichtgläubige zitterten - und einige verdienten sich wohl eine goldene Nase.

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Die große Lust an der Endzeitstimmung hatte sich in den Tagen und Wochen vor dem 21. Dezember ins fast Unermessliche gesteigert - und das alles wegen der vor ein paar tausend Jahren erfundenen Zeitrechnung der Maya. Sie hatten eine zyklische Vorstellung von Zeit. Am 21. Dezember 2012 endete der 13. Vierhundertjahreszyklus (Baktun). In ihrer „Langen Zählung“ endet 2012 ein Zyklus von 13 Einheiten mit je 400 Jahren.

Ein Apokalypsebild in Handschrift

Das Missverständnis sei, dass der Maya-Kalender nun aufhöre. Das sei „Quatsch“, es gebe zahlreiche Inschriften, die auf einen 14. und 15. Baktun hinweisen. „Der Kalender wird weitergezählt“, sagte Maya-Experte Nikolai Grube von der Universität Bonn. Ein Grund für die gewagte Interpretation liegt in einer der wenigen Maya-Handschriften. Der in Dresden aufbewahrte „Codex Dresdensis“ ist die einzige Schrift, die einen Kalender und ein Apokalypsebild enthält. So zeigt das letzte Bild eine katastrophenartige Sintflut mit mythischen Tier- und Göttergestalten.

Maya-Handschrift „Codex Dresdensis“

APA/EPA/Arno Burgi

Die letzte Seite des „Codex Dresdensis“

1966 „erfunden“?

John Carlson, Direktor des Zentrums für Archäoastronomie an der University of Maryland, will den Ursprung des Hypes identifiziert haben: 1966 habe der US-Archäloge Michael Coe in seinem Buch „The Maya“ in einer Passage das Wort „Armageddon“ verwendet. Ab da sei es losgegangen. Zunächst hätten die Idee New-Age-Jünger aufgegriffen - und spätestens mit dem Internet als perfekte Verschwörungstheoriemaschine habe sich das Bild des Weltuntergangs aufgrund des Maya-Kalenders weltweit in den Köpfen festgesetzt. 2009 befeuerte der Katastrophenregisseur Roland Emmerich die einsetzende Hysterie auch noch mit seinem Film „2012“. Darin geht auf der Erde zwar wirklich sehr viel kaputt, ganz geht sie aber nicht unter.

Geschäft mit dem Ende

Nicht nur Emmerich verdiente gut am vermeintlichen Weltuntergang. Mehrere tausend Bücher über die Maya wurden geschrieben und verkauft, auch die Medien trugen ihren Teil dazu bei, das Phänomen noch größer zu machen: Mit einem Nichtereignis wurden Zeit und Seiten gefüllt, Experten für alles und jedes interviewt, gewarnt und gewitzelt.

Dass ein paar Spinner das Ganze für bare Münzen nehmen, Nahrungsmittel hamstern und sich in selbst gebaute Bunker zurückziehen, war zu erwarten. Die Ausmaße der Endzeitstimmung lassen aber ernsthafte Zweifel an der Menschheit aufkommen und die Frage stellen, ob so eine Apokalypse ab und zu nicht ganz heilsam wäre. In den USA glaubte einer Umfrage zufolge ein Drittel der Bürger, dass die jüngsten Unwetter Vorboten des Weltuntergangs gewesen wären. In Österreich fürchteten sich neun Prozent der Menschen, weitere vier Prozent sogar sehr.

Behörden unter Zugzwang

In Südfrankreich wurde der Berg Pic de Bugarach, angeblich ein sicherer Zufluchtsort, weiträumig abgeriegelt, in Argentinien der mythische Berg Cerro Uritorco, auf dem Massenselbstmorde befürchtet wurden. Im türkische Städtchen Sirince, wo die Jungfrau Maria nach ihrem Tod in den Himmel aufgefahren sein soll, herrschte großes Gedränge, weil man dort angeblich verschont geblieben worden wäre. Einen Besucheransturm gab es auch auf Maya-Stätten in Guatemala und Mexiko.

In der chinesischen Provinz Sichuan waren Kerzen und Streichhölzer ausverkauft, nachdem es hieß, nach dem 21. Dezember würde drei Tage lang Dunkelheit herrschen. Die chinesischen Behörden nahmen bei einem landesweiten Einsatz gegen eine Weltuntergangssekte rund 1.000 Verdächtige fest. Medienberichten zufolge rief die Gruppe ihre Anhänger auf, in einer „Entscheidungsschlacht“ den „roten Drachen“ des Kommunismus zu erschlagen.

Russische Politiker mussten eingreifen

Vor allem in Russland lösten die Medienmeldungen über den angeblichen Weltuntergang große Angst aus. Findige Geschäftsleute machten mit „Notfallsets“ große Kasse. Abgeordnete warnten, dass Tausende Betrüger wie selbst ernannte Magier und Hellseher vertrauensselige Menschen ausnehmen würden.

Das Thema hielt Russland so weit in Atem, dass sich die Regierung zu einer Stellungnahme genötigt sah. Er habe eindeutige Informationen vorliegen, laut denen die Apokalypse nicht am 21. Dezember eintreten werde, verkündete Zivilschutzminister Wladimir Putschkow. Sogar Regierungschef Dimitri Medwedew mahnte seine Landsleute zur Ruhe. „Ich glaube nicht an das Ende der Welt“, sagte er im Staatsfernsehen. Präsident Wladimir Putin wiederholte am Donnerstag die Botschaft.

Auch NASA musste beruhigen

Auch der Machthaber der russichen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, ansonsten nicht gerade als besonnener Staatsmann bekannt, versuchte mit rationalen Argumenten zu beschwichtigen und verkündet auf seiner Regierungswebsite, dass der Hamsterkauf von Kerzen recht wenig bringe, wenn die Welt wirklich untergeht.

Doch nicht nur in für ihren weit verbreiteten Aberglauben bekannten Gegenden der Welt war die Verunsicherung groß. Nachdem Tausende besorgte Briefe eingetrudelt waren, sah sich die US-Regierung auch zum Handeln gezwungen. Die Weltraumbehörde NASA richtete eine eigene Informationsseite ein. Ein erstes Aufklärungsvideo wurde veröffentlicht, dann ein zweites.

Australische Premierministerin mit Humor

Humor zeigte hingegen die australische Premierministerin Julia Gillard: In einem kurzen Satirevideo für eine Frühstücksshow sagte sie in einer Ansprache, dass tatsächlich das Ende nahe sei. „Egal ob der Todessstoß durch menschenfressende Zombies, dämonische Höllenmonster oder den völligen Triumph von koreanischer Popmusik erfolgt“, sie werde für die Australier „bis zum Ende kämpfen.“

Die Anspielung auf Korea-Pop kam nicht nur durch den derzeitigen Boom des zumindest gewöhnungsbedürftigen Musikstils. Ganz findige Verschwörungstheoretiker sahen ausgehend von einem gefälschten Nostradamus-Zitat „Vom stillen Morgen wird das Ende mit einem tanzenden Pferd kommen, wenn die Zahl der Kreise neun beträgt“ den südkoreanischen Rapper Psy als Reiter der Apokalypse. Schließlich sei das tanzende Pferd Psys charakteristischer Tanzstil, und er erreichte ausgerechnet am Freitag eine Milliarde Klicks auf sein Video „Gangnam Style“, also neun Nullen.

Ersatz für Erde schon gefunden?

Der Hype um den nicht erfolgten Untergang lässt jedenfalls befürchten, dass sich das Schauspiel jederzeit wiederholen könnte, sobald irgendjemand mit mystischen Zahlenspielen ein neues Datum aus dem Hut zaubert.

Doch auch für den Fall, dass es einmal mit der Erde wirklich zu Ende gehen sollte, was spätestens der Fall ist, wenn sich die Sonne in ein paar hundert Millionen Jahren zu einem Roten Riesen entwickelt, gibt es gute Nachrichten. Astronomen der britischen Universität Hertfordshire haben dieser Tage möglicherweise Ersatz gefunden. Der unserem Sonnensystem nächstgelegene Einzelstern Tau Ceti hat fünf Planeten, von denen einer möglicherweise bewohnbar ist. Das Beste daran: Er liegt mit einer Entfernung von nur zwölf Lichtjahren in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.

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