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„Aufhören, eine dumme Partei zu sein“

So schnell kann sich das Blatt wenden: Noch vor Kurzem war Mitt Romney der Hoffnungsträger der Republikaner. Kaum ein Parteifreund zweifelte an seinen Siegchancen bei der US-Präsidentenwahl gegen Amtsinhaber Barack Obama. Doch dann ging die Wahl verloren - und Romney wurde in den eigenen Reihen zum Buhmann.

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Unterstützer verwandelten sich im Rekordtempo zu massiven Kritikern: Viele wollen den Wahlverlierer ganz schnell von der Politikbühne verschwinden sehen. Grund für den Verdruss: Romney brachte es vor wenigen Tagen in seinen ersten öffentlichen Äußerungen seit dem düsteren Wahlabend am 6. November fertig, sich völlig uneinsichtig gegenüber eigenen Fehlern zu zeigen.

In einer Telefonkonferenz mit Spendensammlern für seine Kampagne machte er „Geschenke“ des Amtsinhabers Obama an die Wähler - allen voran an Schwarze, Latinos, junge Leute und alleinstehende Frauen - für seine Niederlage verantwortlich. Es war beides, die Wortwahl und der konkrete Fingerzeig auf Minderheiten, was selbst Romney-Anhänger erzürnte.

Republikaner verpassten Trend

„Wir müssen aufhören, eine dumme Partei zu sein, und das heißt, wir müssen aufhören, dumme Kommentare abzugeben“, sagte der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, zu den Äußerungen. Der Republikaner weiß, dass seine Partei ohne die Stimmen der Schwarzen, Latinos, jungen Leute und alleinstehenden Frauen auch in vier Jahren keine Chance auf die US-Präsidentschaft haben dürfte. Denn das war die Haupterkenntnis der zurückliegenden Milliardenschlacht ums Weiße Haus: Die weiße Wählerschaft schrumpft, die anderen Gruppen wachsen - und Romney wie die Republikanische Partei haben den Trend voll verpasst.

Schon mitten im Wahlkampf hatte der Multimillionär auf einem heimlich gefilmten Video eine Seite von sich gezeigt, die viele Amerikaner verstörte. Damals tat er die 47 Prozent der Bevölkerung, die laut Umfragen zu jener Zeit Obama wählten wollten, als Bittsteller für Sozialleistungen ab. Sie wollten schlicht keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen, behauptete er. Später ruderte er mit aller Kraft zurück, um den Schaden zu begrenzen. Und betonte mit treuem Blick, ein Präsident für 100 Prozent der Amerikaner sein zu wollen.

Kein Gespür für die einfachen Leute

Als Romney nun klarstellte, Obama habe die Wahl nur gewonnen, indem „er Zielgruppen ein großes Geschenk machte“, bestätigte er nach fast einhelliger Meinung von Kommentatoren, dass das 47-Prozent-Video sein wahres Gesicht gezeigt hatte: das eines abgehobenen Bonzen ohne Gespür für die Nöte der einfachen Leute. Was Romney gesagt habe, sei „eine furchtbare Sache“, sagte der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Und das ist immerhin der Mann, der auf dem Nominierungsparteitag die Hauptrede auf den Kandidaten hielt.

Die heftige Kritik gegen Romney zielt dabei gar nicht so sehr auf seine inhaltlichen Aussagen. Obama nutzte vor den Wahlen wahrlich mehrmals die Kraft seines Amtes: Kindern illegaler Einwanderer verschaffte er per Erlass die Möglichkeit, die Aufenthaltsgenehmigung in den USA zu erhalten. Er sprach sich als erster Präsident konkret für gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus, setzte sich für Frauenrechte ein und machte klar, dass der Staat für Arme und Kranke einzustehen habe. Doch was für Demokraten normale Wahlversprechen waren, verteufelt Romney nun als Lockangebote für Minderheiten.

„Danke fürs Mitspielen - und jetzt verschwinde“

Am Ende erhielt Obama rund 3,5 Millionen mehr Wählerstimmen als Romney. Bei dieser Zahl sahen die Republikaner rasch ein, dass böses Nachtreten nicht angemessen ist. Umso mehr verärgert sie die Grätsche ihres einstigen Spielführers. „Wir müssen uns auf die Zukunft konzentrieren und keine Entschuldigungen für die Vergangenheit machen“, stellte der Gouverneur von Iowa, Terry Branstad, klar. Die „Washington Post“ übersetzt solche und ähnliche Aussagen der Republikaner als klare Worte gegen Romney: „Danke fürs Mitspielen. Und jetzt verschwinde!“

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