Präsident als Prügelknabe der Nation
Von der Machtwechsel-Euphorie nach der Wahl im Mai ist nichts mehr übrig: Im eigenen Land wird Frankreichs Staatschef Francois Hollande angesichts von Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen bei der Bevölkerung immer unbeliebter. Weil der Sparkurs auch vor den Unternehmern nicht halt macht, droht ihm auch aus deren Richtung zusehends Ungemach.
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Der größte französische Unternehmerverband MEDEF erklärte Hollande diese Woche quasi den Krieg. „Vor der Wahl war die Lage besorgniserregend. Aber jetzt geht es nicht mehr um eine Unwetterwarnung, sondern um eine Hurrikanwarnung“, sagte MEDEF-Chefin Laurence Parisot der Tageszeitung „Le Figaro“ (Montag-Ausgabe). Wenn die neue Regierung nicht schnell Arbeitsmarktreformen angehe, werde das katastrophale Konsequenzen haben.
Im Würgegriff des eigenen Sparprogramms
Große ausländische Investoren schlössen Frankreich mittlerweile von vornherein aus, so Parisot. Die Arbeitgeber müssten jährlich um mindestens 30 Milliarden Euro entlastet werden, um eine Chance gegen die deutsche Konkurrenz zu haben. Das Geld dafür hat Hollande keinesfalls: Die französische Regierung will im kommenden Jahr im Gegenteil mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen im Umfang von 36,9 Milliarden Euro das Budgetdefizit auf drei Prozent drücken.
Im Zuge des Spargedankens ratifizierte Frankreich letzte Woche auch den EU-Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. Das Abkommen verpflichtet die Unterzeichner, nationale Schuldenbremsen einzuführen. Dabei akzeptieren sie auch eine schärfere Haushaltskontrolle der EU und härtere Strafen gegen Schuldensünder. Die Abstimmung - mit einem Nein vieler eigener Abgeordneter - zeigte, dass Hollande auch parteiintern ein immer schärferer Wind entgegenweht.
Eigene Abgeordnete stellen Präsidenten bloß
Bei der Abstimmung im Senat waren die regierenden Sozialisten (PS) auf die Stimmen der oppositionellen UMP-Partei angewiesen, da etliche Parlamentarier aus dem linken Lager den Fiskalpakt ablehnen. Die Kritiker hatten eine Volksabstimmung gefordert und halten Hollande peinlicherweise außerdem vor, sein zentrales Wahlversprechen gebrochen zu haben, da er die Fiskalpaktregeln entgegen seinen Ankündigungen im Wahlkampf nicht neu verhandelt hat.
Ministerriege ergeht sich in Alleingängen
Für die Abstimmung war es ironischerweise ein Glück, dass der Fiskalpakt unter Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy (UMP) ausgehandelt worden war. Die UMP-Senatoren konnten die nunmehrige Ratifizierung damit schlecht ablehnen. Der mangelnde Wille zur Unterstützung Hollandes zieht sich inzwischen bis zur eigenen Regierungsmannschaft durch. Als hätte er nicht schon Probleme genug, muss Hollande damit gehäuft Alleingänge seiner Minister ausbügeln.
Zuletzt etwa musste er seinen Familienminister Dominique Bertinotti zurückpfeifen, der eine „tiefgehende“ Reform des Elternschaftsgesetzes mit der Zulässigkeit von künstlicher Befruchtung beziehungsweise Leihmutterschaft bei homosexuellen Paaren ankündigte. Gleich darauf musste er seinen Erziehungsminister Vincent Peillon bändigen, der mit der Forderung nach einer möglichen Legalisierung von Cannabis der UMP ein zusätzliches Geschenk geliefert hatte.
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