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ÖVP und SPÖ gegen neue Zeugen

Eigentlich hätte sich der U-Ausschuss am Mittwoch mit der Vergabe von Staatsbürgerschaften - und die damit zusammenhängenden dubiosen Geldzahlungen - befassen sollen. Doch in Anbetracht der mageren Zeugenliste war das alles bestimmende Thema erneut die Inseratenaffäre: Die Opposition ortet dort noch einigen Ermittlungsbedarf.

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Neues Thema, neue Zeugen: Am Mittwoch durchleuchteten die Abgeordneten im U-Ausschuss die Vorgänge bei Staatsbürgerschaftsverleihungen „im besonderen Interesse der Republik“ seit dem Jahr 2000.

Besonders umstritten war beispielsweise die Vergabe von Staatsbürgerschaften an zwei russische Investoren, die einen Kärntner Rennfahrer sponserten - und auf Ersuchen Kärntens von der schwarz-blauen Bundesregierung letztlich den Pass erhielten.

Dubiose Vorgänge rund um Einbürgerungen

Die Liste der Auskunftspersonen war jedoch dürftig. Geladen waren keine Politiker, sondern lediglich vier Sektionsleiter, von denen einige zum Zeitpunkt der Vergaben gar nicht im Amt waren und selbst nur über die damaligen Vorgänge spekulieren konnten. Dementsprechend wenig Erhellendes konnten die Personen zu der Causa beitragen.

Archivbild von Jörg Haider und Ex-Formel1-Rennfahrer Patrick Friesacher

picturedesk.com/Action Press/Aswendt Peter

Der Rennfahrer Patrick Friesacher profitierte von „Sponsorengeldern“, die LH Jörg Haider 2005 von russischen Investoren erhielt

Am interessantesten war noch die Verlesung von Aktenvermerken rund um die Einbürgerung der millionenschweren russischen Kraftwerkebetreiber Alexey B. und Artem B. in Kärnten, obwohl es dazu eine negative Stellungnahme des Bundeskriminalamtes gegeben hatte. Demnach gab es eine Weisung des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel (ÖVP), das Ansuchen positiv für den Ministerrat vorzubereiten - vorbehaltlich einer positiven Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums. Diese wurde nachgereicht - in Form einer Weisung von Minister Martin Bartenstein (ÖVP).

Die Frage, wie oft das vorkomme, dass Einbürgerungen trotz Bedenken des Bundeskriminalamtes vorgenommen werden, konnte der langjährige Sektionsleiter im Innenministerium, Mathias Vogl, nicht beantworten - wie auch viele andere Fragen am Mittwoch offenblieben. Das bestimmende Thema war jedoch ohnehin die Inseratenaffäre.

Grüne wollen Berlakovich anzeigen

Nach der gestrigen Befragung von Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) kündigte der grüne Peter Pilz eine Darstellung an die Staatsanwaltschaft an. „Der Fall Berlakovich geht meiner Meinung nach über die Causa Ostermayer und Faymann hinaus“, sagte Pilz am Mittwoch. Berlakovich habe Abhängigkeiten ausgenutzt, der Verdacht auf Beitragstäterschaft zur Untreue und auf verdeckte Parteienfinanzierung stehe im Raum.

Auch verdeckte Parteienfinanzierung stellte Pilz in den Raum. Die „Österreichische Bauernzeitung“ gehöre über viele Verschachtelungen dem Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP. Über Inserate und Presseförderung sei hier von Berlakovich Geld an die Partei geflossen, so der Vorwurf.

Streit um weitere Zeugen

Pilz will daher noch weitere Personen zur Causa in den U-Ausschuss laden: das Präsidium des Klimafonds, Beamte des Ministeriums und Mitarbeiter des Kabinetts des Landwirtschaftsministeriums. Neben Berlakovich sei auch der frühere Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVP) verdächtig der Beitragstäterschaft zur Untreue, sagte Pilz.

Und auch die FPÖ sieht bei den Inseratenschaltungen noch einigen Erklärungsbedarf. So schlug FPÖ-Fraktionsführer Harald Vilimsky die spontane Ladung des Ex-ÖBB-Personenverkehr-Vorstands Stefan Wehinger in den Zeugenstand. Wehinger stehe den ganzen Tag zur Verfügung, erklärte Vilimsky. Doch die beiden Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP lehnten neue Zeugenbefragungen gegen den Wunsch der anderen drei Oppositionsfraktionen ab.

Sondersitzung zu Berlakovich gefordert

FPÖ und BZÖ wollen zudem die Öffentlichkeitsarbeit Berlakovichs und die Zahlungen seines Ressorts für den ÖVP-Bauernbund bei einer Sondersitzung des Nationalrats thematisieren. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache lud die anderen Oppositionsparteien daher zu einer gemeinsamen Sondersitzung ein. BZÖ-Chef Josef Bucher zeigte sich gesprächsbereit, die Grünen abwartend.

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