NY: Größere Bedrohung als Terrorismus
Glaubt man den Schätzungen der Vereinten Nationen (UNO), werden bis zum Jahr 2050 sechs Milliarden Menschen weltweit in Städten leben. Mit voranschreitendem Klimawandel steigen in Städten auch die Risiken von Naturkatastrophen. Metropolen, die nahe am Wasser liegen, sind davon naturgemäß besonders stark betroffen.
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Die OECD hat in einer laufenden Studie weltweit alle Hafenstädte mit einer Einwohnerzahl von über einer Million untersucht und die am meisten von Klimakatastrophen gefährdetsten Metropolen publiziert. Gewichtet nach der Anzahl von gefährdeten Bewohnern sind Städte in Entwicklungsländern in etwa ebenso stark wie jene in Industriestaaten betroffen. Gewichtet nach potenziellen wirtschaftlichen Schäden sind Industrieländer, allen voran die USA, Japan und die Niederlande, deutlich stärker betroffen.

APA/EPA/Narong Sagnak
Bangkok wird aufgrund seiner zahlreichen verschachtelten Kanäle auch als Venedig des Ostens bezeichnet. Bei einem katastrophalen Monsun-Regen 2011 wurde die Stadt teilweise fast zwei Meter tief unter Wasser gesetzt.
Zu den Hafenstädten mit den größten Risiken zählen unter anderem Miami, New Orleans, New York, Virginia Beach (alle vier USA), Kalkutta (Indien), Schanghai (China), Mumbai (Indien), Tokio, Osaka-Kobe (beide Japan), Bangkok (Thailand), Amsterdam und Rotterdam (beide Niederlande). Millionen Menschen sind in diesen dichtbesiedelten Räumen von Wetterextremen wie Hurrikanes, Überschwemmungen, Monsun-Regen und Waldbränden bedroht.

Reuters/Adeel Halim
Mumbai liegt durchschnittlich 14 Meter über dem Meeresspiegel. Das Stadtzentrum befindet sich auf einem schmalen Landstreifen, der von der sumpfigen Küste in das Arabische Meer hineinragt. Heftige Monsun-Regen überfordern veraltete Hochwasserdämme regelmäßig.
USA von Wetterkapriolen gebeutelt
Die USA erleben derzeit das wärmste Jahr seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen 1895, wie die US-Behörde für Wetter und Ozeanographie (NOAA) kürzlich mitteilte. Landesweit sei es von Jänner bis Juni durchschnittlich etwa 2,5 Grad Celsius wärmer gewesen als üblich. Das Wetter schlägt von einem Extrem zum anderen: Hitze, Brände und Dürre im Westen, Stürme und Sintflutregen im Osten.
An vorderster Front des Klimawandels ist laut der OECD-Studie der Südosten Floridas mit der Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole Miami. Die jährlichen Niederschläge zählen dort zu den höchsten in einer US-amerikanischen Großstadt. Hurrikan-Saison ist offiziell zwischen Juni und November - die Stürme wüten aber immer öfter auch außerhalb dieses Zeitraums. Im Jahr 1992 verursachte Hurrikan „Andrew“ einen Schaden von 25 Mrd. US-Dollar. Von einem Ansteigen des Meeresspiegels dürfte die Stadt besonders schwer betroffen sein, wie die Wirtschaftsnachrichtenseite Bloomberg aus der OECD-Studie zitiert.
Auch New York könnte der Klimawandel hart treffen, glauben die OECD-Experten, vor allem weil die Stadt wenig in Schutzmaßnahmen investiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass schmelzendes Eis, das den Meeresspiegel ansteigen lässt, Teile von Lower Manhattan „in ein Aquarium“ verwandelt, sei in den nächsten Jahrzehnten größer als die eines weiteren schweren Terrorangriffs, kritisiert der Harvard-Psychologieprofessor Daniel Gilbert.

Reuters/Carlos Barria
New Orleans liegt größtenteils auf einem mehrere hundert Meter tiefen Sumpf, der sich unter dem Druck seines eigenen Gewichtes verdichtet und bei Ausbleiben der Sedimentablagerung weiter unter den Meeresspiegel sinkt
Hurrikan-Stadt New Orleans
Bekannt für verheerende Schäden durch Naturkatastrophen ist New Orleans, im Bundesstaat Louisiana. Die geologische Beschaffenheit der Stadt macht sie besonders anfällig dafür: New Orleans liegt im Delta des Mississippi River und ist im Wesentlichen aus vom Fluss angeschwemmten Sedimenten entstanden.
70 Prozent der Stadtfläche liegen bis zu 1,6 Meter unterhalb des Meeresspiegels - der Golf von Mexiko schluckt jährlich große Teile des südlichen Louisianas. Zwar ist der Bundesstaat laut OECD bemüht, seine südliche Flanke gegen den Golf zu schützen, der verheerende Hurrikan „Katrina“ im August 2005 zeigte jedoch, dass das lange nicht ausreichend genug geschehen ist. Mehr als 1.300 Menschen verloren damals ihr Leben, die Stadt wurde stellenweise dem Erdboden gleichgemacht.

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Amsterdam ist nicht erst mit dem Klimawandel Gefahren von Überschwemmungen ausgesetzt: 1953 wurden bei einem heftigen Nordseesturm mehr als 1.800 Menschen getötet.
Hochwasserspezialist Niederlande
Die Niederlanden zählen zu den führenden Wegbereitern von Hochwasserschutz. Im Fall der Hauptstadt Amsterdam etwa leitet sich sogar der Name von einem im 13. Jahrhundert errichteten Damm mit Schleuse im Fluss Amstel ab.
Die zahlreichen Grachten, die die Stadt durchziehen, machen einen effizienten Hochwasserschutz zur wirtschaftlichen Überlebensfrage ebenso wie in Rotterdam, das den europaweit größten Hafen beherbergt. Das Risiko von Naturkatastrophen ist dort in den vergangenen 50 Jahren um das Siebenfache gestiegen, wie es von der Rotterdam Climate Initiative heißt.

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Das schwerste Erdbeben in der Geschichte Japans und der darauffolgende Tsunami forderte mehr als 20.000 Menschenleben
Größte Naturkatastrophe in Japan
Auf der OECD-Liste der gefährdetsten Hafenstädte ist auch Japan mit drei Städten unter den Top 20 vertreten. Neben Tokio sind Nagoya und Osaka-Kobe immer wieder von starken Taifunen betroffen, allen voran Osaka mit 230 Küstenkilometern. Trauriger Höhepunkt: das verheerende Erdbeben mit anschließendem Tsunami auf Fukushima am 11. März vorigen Jahres, das letztlich zum verhängnisvollen Atomunfall führte.
Mehr als 260 Küstenstädte werden großteils zerstört, die Naturkatastrophe forderte mehr als 20.000 Menschenleben und Tausende Vermisste. Die Katastrophenregion um Fukushima ist auf Jahrzehnte oder noch länger unbewohnbar.
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