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Mit EZB-Statuten vereinbar?

Die Europäische Zentralbank (EZB) als Krisenfeuerwehr: Wie von vielen schon lange gefordert, nehmen nun Pläne zur Stärkung der Rolle der EZB in der Krise offenbar Gestalt an. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) mehren sich in der Euro-Zone die Stimmen jener, die fordern, mit Hilfe der Notenbank den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM deutlich zu vergrößern.

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Dem ESM solle Zugriff auf Kredite der EZB ohne jedes Limit gewährt werden, berichtete die „SZ“ (Dienstag-Ausgabe) unter Berufung auf Vertreter der EU und der Euro-Zone. Zu den Befürwortern zählten wichtige Euro-Staaten wie Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rats.

Frisches Geld mit Anleihen als Sicherheit

Demnach soll der ESM Länder wie Spanien und Italien in Zukunft unterstützen, indem er in großem Stil Anleihen dieser Staaten kauft. Der ESM dürfte die gekauften Anleihen bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen, im Gegenzug erhielte er frisches Geld, das er erneut zur Unterstützung wankender Euro-Staaten einsetzen könnte.

Ähnliche Überlegungen sind spätestens seit Dezember bekannt. Es sei aber „niemals konkret darüber geredet“ worden, zitiert die „SZ“ einen hohen EU-Diplomaten. Vor allem aus Deutschland war dazu bisher immer ein klares Nein gekommen, da die Pläne die Inflation anheizen und die Unabhängigkeit der EZB gefährden könnten. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre, in denen ständig aufs Neue an der Ausstattung der Fonds gezweifelt worden sei, hätten Experten und Politiker jetzt aber beschlossen zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen „der Fonds einen direkten Zugriff auf die Europäische Zentralbank erhalten sollte“.

Alle Augen auf EZB gerichtet

Die Spannung vor der turnusmäßigen Ratssitzung der Notenbank am Donnerstag ist groß, die Märkte warten gespannt auf das Treffen. Banker hatten jedoch laut Informationen der „Welt“ davor bereits die Erwartungen gedämpft, wonach am Donnerstag eine konkrete Entscheidung gefällt werden könnte. EZB-Chef Mario Draghi hatte zuletzt ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Krise angedeutet: „Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, hatte Draghi bei einer Rede in London gesagt. „Und glauben Sie mir: Es wird ausreichen“, legte der EZB-Präsident nach. Die Märkte fassten die Aussage mit Jubel auf und setzten unverzüglich zur Risikorally an.

Stark: Verstoß gegen europäisches Recht

Gegen die nun kolportierten Pläne sprach sich am Dienstag der frühere Chefvolkswirt Jürgen Stark aus: Die Ausstattung des Euro-Rettungsschirms mit einer Banklizenz wäre nach Ansicht von Stark ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht. Das würde bedeuten, dass Staaten indirekt über die EZB finanziert würden, sagte Stark am Dienstag im Deutschlandfunk.

„Wir sind bereits in einer sehr extremen Dehnung des europäischen Rechtes, um das mal gelinde zu sagen.“ Europarechtler sprächen bereits von einem kollektiven Rechtsbruch, sagte Stark. Es bedürfe aber eines Klägers. Nach Starks Ansicht wird seit mindestens zwei Jahren gegen europäisches Recht verstoßen.

Streit über Rolle der Notenbank

Der Notenbank ist die direkte Staatsfinanzierung laut ihren Statuten verboten. Indirekt tat sie das bis Jahresanfang, indem sie Staatsanleihen im Wert von mehr als 200 Mrd. Euro auf dem Markt kaufte und so die Kreditkosten von Krisenländern senkte. Stark sagte in dem Interview, es sei nicht Aufgabe einer modernen Notenbank, Staaten Geld zu geben. Das passiere auch dann, wenn Anleihen auf dem Sekundärmarkt gekauft würden. Ohnehin könne man Primär- und Sekundärmarkt kaum noch unterscheiden. „Es geht in erster Linie darum, die Refinanzierungskosten von Staaten zu senken. Und das ist ein Beitrag zur Staatsfinanzierung.“

Auch die deutsche Bundesregierung lehnt eine Bankenlizenz des ESM ab: Der ESM verfüge laut Vertrag über keine Banklizenz, sagte eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag in Berlin. Das solle nicht verändert werden. „Dafür besteht auch keine Notwendigkeit“, fügte die Ministeriumssprecherin hinzu.

Asselborn: „Nicht ohne Limit und ohne Bedingungen“

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn plädierte in der Diskussion über das weitere Vorgehen in der Euro-Krise am Dienstag für mehr Engagement der EZB. Aufgabe der Notenbank sei zwar vor allem, „Geldpolitik zu machen“ und „Inflation zu bekämpfen“, sagte Asselborn im ARD-„Morgenmagazin“. „Aber wir sind nicht mit Inflation konfrontiert, wir sind mit Spekulation konfrontiert“, fügte er hinzu.

Daher sollten Äußerungen Draghis, die Bank wolle alles tun, um den Euro zu retten, nicht „mit den Füßen“ getreten werden. Asselborn sagte, die EZB sei „das beste Programm, das wir haben, um gegenzusteuern“. In der Bank säßen schließlich „keine Finanzjongleure“. Zu dem „SZ“-Bericht sagte der Außenminister, der Fonds solle „nicht Geld ohne Limit und ohne Bedingungen bekommen“. „Wir müssen ein Instrument entwickeln, das effektiv die Spekulation unterbindet.“

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