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Parolen gegen Königsfamilie

Im Osten Saudi-Arabiens haben königliche Sicherheitskräfte in der Nacht auf Montag nach Angaben von Aktivisten gewaltsam eine Demonstration aufgelöst und dabei zwei schiitische Demonstranten getötet. Etwa zehn Menschen seien bei den Protesten im östlichen Katif durch Kugeln verletzt worden, erklärten schiitische Aktivisten am Montag.

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Demnach hatten die Demonstranten gegen die Verhaftung des schiitischen Geistlichen Scheich Nimr Bakir al-Nimr protestiert. Das saudische Innenministerium bestätigte die Festnahme des Scheichs. Der Geistliche habe „Zwietracht zwischen den Religionsgruppen“ gesät, hieß es. Er sei während der Festnahme am Bein verletzt worden. Bei dem Protestzug wurden auch Parolen gegen die sunnitische Königsfamilie gerufen.

Die meisten der rund zwei Millionen Schiiten leben im Osten des Landes. Die schiitische Minderheit klagt seit langem über religiöse und soziale Diskriminierung durch das sunnitisch-wahhabitische Herrscherhaus. Seit Mitte März 2011 kommt es im Osten des Landes daher immer wieder zu Protesten, gegen die die Sicherheitskräfte gewaltsam vorgehen.

Repressive Maßnahmen gegen Reformanhänger

Das US-amerikanische Forschungsinstitut Freedom House zählt Saudi-Arabien zu den repressivsten Diktaturen der Welt. Nach Erkenntnissen von Amnesty International geht das Regime rigoros gegen Anhänger des „arabischen Frühlings“ vor, die auch demokratische Reformen in dem Königreich fordern. Die zur Anwendung kommenden Praktiken liefen darauf hinaus, Reformanhänger generell mit Terrorverdächtigen gleichzusetzen.

Tausende Personen befänden sich in Haft, Folter und Misshandlungen seien allgegenwärtig. Insbesondere Angehörige der schiitischen Minderheit seien Verfolgungen durch die Behörden ausgesetzt.

„Von Feinden des Islam gesteuert“

Als die Massenproteste in Tunesien und Ägypten im Vorjahr die dortigen Machthaber stürzten, hatten Behörden und Geistlichkeit in Saudi-Arabien die Bürger massiv unter Druck zu setzen versucht. Der Großmufti von Saudi-Arabien, Abd al-Asis al-Scheich, hatte die Volksaufstände in arabischen Ländern als von „Feinden des Islam gesteuerte chaotische Aktionen“ verurteilt, deren Ziel es sei, „die muslimische Welt zu spalten“.

Die „Feinde des Islam und ihre Knechte“ stifteten zur Revolte an, um „die muslimische Nation im Herz zu treffen und sie zu spalten“, war der höchste geistliche Würdenträger des Königreichs zitiert worden. Saudi-Arabien hatte im März 2011 Soldaten in den Golfstaat Bahrain geschickt, um die Proteste der dortigen schiitischen Mehrheitsbevölkerung gegen die sunnitische Königsherrschaft niederzuschlagen.

Vom Westen hofiert

Für die USA und die EU ist die saudische Herrscherfamilie allerdings nicht nur wegen es Öls entscheidend, sondern auch als Stabilisierungsfaktor in der Region. Auch im Syrien-Konflikt, bei dem die Saudis die mehrheitlich sunnitischen Regimegegner unterstützen, kooperiert der Westen mit Riad. Der Unmut gegen das Herrscherhaus in Saudi-Arabien wächst aber - trotz zahlreicher finanzieller Wohltaten.

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