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EZB soll mehr Verantwortung bekommen

Die Europäische Zentralbank soll bei der künftigen europäischen Bankenaufsicht der EU-Kommission zufolge die zentrale Rolle spielen. „Wir schlagen vor, dass die EZB diese Verantwortung übernimmt“, sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Der Plan ist umstritten.

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Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Notenbank werde eine „besondere Rolle“ spielen. In 15 der 17 Euro-Staaten seien die Zentralbanken bereits in großem Maß an der Aufsicht beteiligt. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten hatten beschlossen, dass die EU-Kommission dazu bald einen Gesetzesvorschlag machen soll. In der schriftlichen Erklärung hatte es zunächst nur geheißen, die EZB werde in einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus einbezogen.

EZB-Chef Mario Draghi begrüßte den auf dem Euro-Gipfel beschlossenen Einstieg in eine Bankenunion als großen Fortschritt für Europa. Die Einigung auf eine einheitliche Bankenaufsicht sei ein „ganz wichtiger Schritt“, sagte Draghi am Donnerstag auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Ob nur für das globale Finanzsystem relevante Banken, alle Großbanken oder gar alle Geldinstitute der Euro-Zone von einer zentralen Aufsicht kontrolliert werden sollten, sei dabei eine ebenso legitime wie noch offene Frage.

Nowotny: Gemeinsame Aufsicht „nicht realistisch“

Österreichs Notenbankchef, Ewald Nowotny, hält eine Aufsicht über alle europäischen Banken unter dem Dach der EZB jedoch für nicht machbar. „Ich denke nicht, dass es realistisch ist, in der EZB einen einzigen, einheitlichen Bankenaufseher über Tausende Banken zu etablieren“, sagte Nowotny am Montag in Wien. Er sei sich aber sicher, dass eine vernünftige Lösung gefunden werden könne.

Vielen Fachleuten erscheint es am realistischsten, dass die Notenbank in Zukunft die größten und wichtigsten Geldhäuser überwachen wird, während sich die nationalen Aufseher um den großen Rest der Institute kümmern. EZB-Direktor Jörg Asmussen hatte Ende Mai bereits einen Kreis von etwa 25 Instituten als so bedeutend eingeschätzt, dass sie den nationalen Aufsehern entzogen werden könnten.

Nur für internationale Kontrolle?

Auch Nowotny äußerte sich in diese Richtung: „Auf jeden Fall werden die lokalen Aufseher, die lokalen Regulierer nationale Entscheidungen treffen, aber die internationale Kontrolle der Qualität (dieser Entscheidungen) könnte der EZB übertragen werden“, sagte das EZB-Ratsmitglied.

Derzeit besteht die Bankenaufsicht in Europa aus der in London ansässigen EBA, die allerdings keine Durchgriffsrechte auf staatlicher Ebene hat. In Deutschland teilen sich die Finanzaufsicht BaFin und die Bundesbank die Aufsicht.

Dt. Bankenverband: Entspricht nicht EZB-Aufgaben

Auch die deutschen Bankenverbände betrachten die geplante Ansiedlung der europäischen Bankenaufsicht bei der EZB mit Skepsis. „Wir halten es für richtig, Banken, die ESM-Mittel erhalten, einer zentralen europäischen Beaufsichtigung zu unterstellen“, erklärte der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) in einer Reaktion auf die Ergebnisse des EU-Gipfels.

„Die Ansiedlung einer solchen Aufsicht bei der EZB sehen wir kritisch, da dies nicht mit den Aufgaben der Zentralbank korrespondiert und zudem ihre für die Gewährleistung der Preisstabilität erforderliche Unabhängigkeit untergraben würde“, hieß es weiter.

Auch der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Andreas Schmitz, mahnte zur Vorsicht: Wenn die EZB bei Bankenkontrolle beteiligt werde, dürfe nicht der Anschein entstehen, dass indirekte Staatsfinanzierung über die Banken und Aufsicht miteinander vermengt würden.

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