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„Boxen jetzt auch andere Banken durch“

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte unmittelbar vor der Entscheidung des Bundestags für den europäischen Fiskalpakt und den neuen Euro-Rettungsschirm ESM geworben. Sie versuchte in einer Regierungserklärung zudem, Irritationen inner- und außerhalb der Koalition über die Beschlüsse des EU-Gipfels und ihre Folgen auszuräumen.

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Am Abend stimmte mittlerweile eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten im Bundestag für den Fiskalpakt. In einer getrennten Abstimmung wurde auch der ESM-Rettungsschirm mit der nötigen Zweidrittelmehrheit verabschiedet. Nun fehlt noch das grüne Licht durch den Bundesrat, der ebenfalls noch am Freitag abstimmen soll.

In ihrer Rede konnte die Kanzlerin zuvor nur bedingt den Unmut besänftigen, denn die Kanzlerin musste sich vor allem aus den eigenen Reihen einiges an Kritik anhören. Für Unruhe insbesondere bei einigen Abgeordneten der Union und der FDP sorgte der Beschluss des Gipfels, dem ESM Direkthilfen an Banken zu ermöglichen.

„Direkte Kapitalisierung von Banken“

ESM-Kritiker in den Koalitionsparteien sprachen von einem erneuten Dammbruch zulasten deutscher Steuerzahler. Auch in der SPD, auf deren Stimmen die Koalition angewiesen ist, wurde Unmut laut. Die „direkte Kapitalisierung von Banken“ sei in den Verhandlungen der Regierung mit der Opposition kein Thema gewesen, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.

Während SPD und Grüne die Beschlüsse des EU-Gipfels wegen des Wachstumspakts und der Perspektive auf direkte Bankenhilfen aus dem ESM begrüßten, stießen vor allem die Bankenhilfen bei Euro-Skeptikern der Koalition auf harsche Kritik. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte, mit den Beschlüssen sei ein weiterer großer Schritt in Richtung einer Vergemeinschaftung von Schulden in Europa gegangen worden.

Klagen bereits fix

Gegner von ESM und Fiskalpakt hatten angekündigt, unmittelbar nach den Parlamentsbeschlüssen Eilanträge beim Verfassungsgericht einzureichen, um ein Inkrafttreten der Gesetze zu verhindern.

„Keine gute Nachricht für Steuerzahler“

Dass der ESM im Falle Spaniens auf seinen bevorrechtigten Gläubigerstatus verzichten solle, sei „eine gute Nachricht für die privaten Gläubiger, aber keine gute Nachricht für die Steuerzahler“, sagte Bosbach, der gegen das ESM-Gesetz stimmen will. Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch wertete Teile der Beschlüsse gar als krisenverschärfend. Der FDP-Euro-Skeptiker Frank Schäffler beklagte: „Jetzt boxen wir auch andere europäische Banken mit Steuerzahlergeld heraus.“

„Nachhaltige Stabilitätsunion“

„Mit diesen Verträgen machen wir unumkehrbare Schritte hin zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion“, hatte zuvor Merkel zu den anstehenden Entscheidungen im Bundestag und im Bundesrat versichert. Es gehe um einen „wegweisenden Integrationsschritt“ in der Wirtschafts- und Währungsunion. Mit der Verabschiedung der beiden Verträge sende Deutschland parteiübergreifend ein wichtiges Signal an die Welt aus. „Es ist ein Signal der Geschlossenheit, der Entschlossenheit nach innen und nach außen“, sagte sie. Merkel sprach auch von einem Signal, die europäische Staatsschuldenkrise zu überwinden und „dass für uns Europa unsere Zukunft ist“.

Merkel lobte die Beschlüsse des EU-Gipfels, darunter den, direkte Bankenhilfen durch die Euro-Rettungsfonds zu ermöglichen, wenn auch erst nach Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht. Mit den Beschlüssen zum Fiskalpakt und zum ESM aber hätten diese Entscheidungen des Gipfels überhaupt nichts zu tun, betonte Merkel.

Vertagung gescheitert

Die Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann war zuvor mit dem Antrag gescheitert, die Entscheidungen über Fiskalpakt und ESM zu vertagen. Sie argumentierte, es gehe mit diesen Vorhaben um die Zukunft Europas, aber auch um Eingriffe in die Rechte des deutschen Parlaments.

Mit dem Gipfel würden zudem die Inhalte dessen geändert, was der Bundestag mit dem ESM erst am Freitag entscheiden werde. „Das ist eine Verarschung des Parlaments“, sagte sie. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer widersprach, eine Verschiebung der Entscheidung wäre das falsche Signal.

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