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Regierung und Grüne erfreut

Die Ergebnisse des EU-Gipfels spalten die heimische Politik. Neben Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) kam von SPÖ-Vertretern und Grünen Lob, von FPÖ und BZÖ harsche Kritik. Die österreichische Industrie begrüßte die Maßnahmen, wie der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, betonte.

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Sein Pendant im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), Erich Foglar, ortete zwar „positive Signale, aber noch lange keinen Kurswechsel“. Fekter äußerte sich „sehr zufrieden“, verwies aber darauf, dass viele Details noch offen seien und von den EU-Finanzministern erst verhandelt werden müssten.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) meinte, dass „Europas neuer Kurs stimmt“. Nun sei es wichtig, die 120 Mrd. Euro, die im Beschäftigungs- und Wachstumspaket vorgesehen sind, rasch in Projekte und Jobs umzusetzen. Es sei ein Erfolg der Bundesregierung, dass die ausschließliche Sparpolitik hin zu einer ausgewogenen Politik aus Konsolidierung und Wachstum gedreht worden sei.

SPÖ-EU-Abgeordnete: Schritt aus Krise

„Dieser Gipfel läutet die längst notwendig gewordene Wende in Europa ein“, so Schieders Parteifreund Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. „Zum ersten Mal wird nicht nur über Wachstum geredet, sondern auch gehandelt. Wenngleich die Umsetzung der Wachstumsprogramme noch einige Zeit dauert, sind die angekündigten Maßnahmen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ Es handle sich um einen „Abschied von ‚Merkozy‘“. SPÖ-EU-Delegationsleiter Jörg Leichtfried sah einen „ersten spürbaren und wesentlichen Schritt raus aus der Krise, den nicht die Banken, sondern die Bürger spüren werden“.

Erstmals ergebe sich eine „echte Perspektive zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise im Euro-Raum“, so der grüne Abgeordnete Werner Kogler. Es handle sich um einen Kurswechsel „weg vom blindwütigen Sparen hin zu den wesentlichen Mitverursachern der Krise, die wir bei Banken und Spekulanten sehen“.

FPÖ kritisiert Ergebnisse

Andreas Mölzer, freiheitlicher Delegationsleiter im EU-Parlament, meinte, „das einzig Vernünftige ist die geplante zentrale Bankenaufsicht“. Dass aber die Banken künftig Geld vom Rettungsfonds EFSF bekommen sollen, zeige, dass „es bei der Schuldenkrise in der Euro-Zone zu einem Gutteil auch um Kreditinstitute geht, die von verantwortungslosen Managern an die Wand gefahren wurden“, so Mölzer.

Sein Parteifreund, Nationalratsabgeordneter Peter Fichtenbauer, kritisierte, dass in Österreich die Durchführungsbestimmungen des ständigen Rettungsfonds ESM „fehlen“. Dabei handle es sich um 15 englischsprachige Dokumente mit 92 Seiten, die den „Abgeordneten in Österreich bisher vorenthalten“ worden seien.

Stadler: „Pseudoreligiöse Voodoo-Ökonomie“

BZÖ-Europaabgeordneter Ewald Stadler sprach davon, dass „die Geldverteilaktion für marode Länder weitergeht, ohne dass am falschen System etwas geändert wird“. Der Euro sei durch „pseudoreligiöse Voodoo-Ökonomie nicht zu retten“. Eine gemeinsame Bankenaufsicht ohne den Bankenstandort London ergebe „keinen Sinn“, denn der Bankenplatz London sei nicht Wien oder Rom.

IV gegen Vergemeinschaftung der Schulden

„Ein klares Ja zur Regulierung, gleichzeitig aber ein ebenso klares Nein zur Reglementierung“ gibt es laut IV-Präsident Kapsch „aus Sicht der Unternehmen.“ Derzeit sei Europa in vielen Bereichen über- oder fehlreguliert. Die Vertrauenskrise gegenüber Europa und dem Euro müsse rasch überwunden werden. Eine „Vergemeinschaftung von Schulden“ ohne beziehungsweise vor der Realisierung einer integrierten Haushalts- und Wirtschaftspolitik könne nicht funktionieren.

Elementar ist für Kapsch aber auch, dass „bei der Vollendung der Währungsunion zu einer politischen Union die richtige Schrittfolge eingehalten“ werde, „um auf dem Weg der Veränderung nicht zu straucheln. Gemeinsame Regeln im Bereich des Finanzsektors, der Haushalts- und Wirtschaftspolitik müssen durch wirksame europäische Eingriffsrechte der Kontrolle und Sanktionierung untermauert werden.“

WKÖ und ÖGB begrüßen Wachstumspaket

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßt den Wachstumspakt und die Stärkung des ESM. Das werde den Unternehmen den Zugang zu Krediten erleichtern. Auch die Fiskalunion sei unerlässlich, strengere Maßnahmen müssten aber auch durchgesetzt werden, so WKÖ-Präsident Christoph Leitl, der die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und von Euro-Bonds fordert.

Für ÖGB-Präsident Ericht Foglar ist „der starke Fokus auf Wachstum und Beschäftigung gut, richtig und nötig“. Die Erwähnung der Finanztransaktionssteuer und die Ansage, Steuerbetrug und -flucht bekämpfen zu wollen, lasse „Hoffnung aufkommen“. Man bleibe aber realistisch: „Denn der von den Gewerkschaften geforderte Kurswechsel, mit dem die EU endlich wieder ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen würde, ist nicht gelungen“, so der ÖGB-Präsident.

FMA sieht wesentliche Schritte

Die Vorstände der österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), Helmut Ettl und Kurt Pribil, begrüßten am Freitag in einer Aussendung die am EU-Gipfel getroffene „Weichenstellung zur Weiterentwicklung der Bankenaufsicht in Europa“. „Hier wurden die wesentlichen Schritte gesetzt, um die Bankenaufsicht in Europa zu stärken“, so die Vorstände. Entscheidend sei, dass es eine zentrale und mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattete europäische Aufsichtsinstitution geben werde.

So würden der zentralen Bankenaufsicht neben der laufenden Regulierung und Aufsicht auch weitreichende Restrukturierungs- und Sanierungskompetenzen zukommen. Als Absicherung diene die Öffnung des ESM für die Banken. Die Regulierung und Aufsicht insbesondere der großen, grenzüberschreitend tätigen Bankkonzerne werde auf ein starkes Fundament gestellt, so Ettl. Das sei gut und richtig, sagte Pribil. „Denn ein integrierter europäischer Finanzmarkt braucht auch eine zentrale und starke europäische Bankenaufsicht.“

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