Künftig „Universitätsring“
Nach jahrelangen Debatten ist es nun fix: Der Dr.-Karl-Lueger-Ring in Wien wird umbenannt. Der betreffende Abschnitt der Ringstraße, an dem unter anderem die Universität und das Burgtheater liegen, wird künftig Universitätsring heißen.
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Wirksam werde die Namensänderung mit dem Beschluss im zuständigen Gemeinderatsausschuss, der noch vor dem Sommer erfolgen soll, sagte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Die Stadt wolle damit ein „Zeichen für ein differenziertes Lueger-Bild“ setzen.
Er komme damit nicht zuletzt dem - in der Vergangenheit wiederholt bekräftigten - Wunsch der Uni Wien nach einer Änderung der Adressbezeichnung nach, betonte der Ressortchef. Lueger (1844 bis 1910) sei nicht nur ein „kommunaler Erneuerer“ gewesen - der frühere Wiener Bürgermeister hatte kommunale Dienstleistungen wie die Wasser- und Energieversorgung und das Straßenbahnnetz von Grund auf neu organisiert -, sondern gelte auch als „Begründer des modernen Antisemitismus“, so Mailath-Pokorny.
Universitäten beschimpft
Außerdem gebe es Belege für die Wissenschaftsfeindlichkeit des ehemaligen Stadtoberhaupts, wonach er etwa Universitäten als „Brutstätten der Religions- und Vaterlandslosigkeit“ verunglimpft habe.

ORF.at/Sonja Ryzienski
Auch das Burgtheater erhält eine neue Adresse
Von der Umbenennung betroffen ist der Ring-Abschnitt zwischen Stadiongasse und Schottengasse. Während die Adressänderung mit dem - noch vor dem Sommer anvisierten - Beschluss im Ausschuss rein formal erledigt ist, wird der tatsächliche Austausch der Straßenschilder noch etwas dauern. Mailath-Pokorny rechnet damit, dass rund um den Beginn des Wintersemesters - also gegen Anfang Oktober - die erste neue Bezeichnungstafel feierlich enthüllt werden kann.
Für die am Straßenabschnitt ansässigen Institutionen beziehungsweise vor allem für die Büros - betroffen sind insgesamt acht Hausnummern - würden nur geringe Kosten entstehen, versicherte der Kulturstadtrat. Es habe bereits durchaus positive Gespräche gegeben. Außerdem sei mit der Post vereinbart, dass die alten und neuen Adressen parallel ein Jahr lang ab Wirksamwerdung der Umbenennung gültig seien.
Lueger bleibt in Wien vertreten
Allerdings ist das nicht die einzige nach Lueger benannte Straße in Wien - am prominentesten ist etwa der ebenfalls am Ring gelegene Dr.-Karl-Lueger-Platz mit einer Statue des ehemaligen Bürgermeisters. Die Namensänderung soll auch eine Ausnahme bleiben. „Ich habe grundsätzlich nicht vor, Umbenennungen in der Stadt vorzunehmen“, betonte Mailath-Pokorny. Namensgebungen spiegelten immer auch die Geschichte einer Stadt wider - und „man soll nicht so tun, als ob es keine dunklen Seiten gegeben hätte“.
Im Fall der umstrittenen historischen Figur Lueger könne man aber insofern eine Ausnahme machen, da der Politiker im Stadtleben auf vielfältige Weise gewürdigt werde. So wird etwa durch zwei Denkmäler im öffentlichen Raum - eines davon steht auf dem ebenfalls nach dem früheren Bürgermeister benannten Dr.-Karl-Lueger-Platz - und drei Gedenktafeln an den Kommunalpolitiker erinnert. Außerdem gibt es die Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche auf dem Zentralfriedhof und nicht zuletzt eine nach Lueger benannte Eiche im Rathauspark.
Die Forderung des „Arbeitskreises zur Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus“ umzugestalten, bleibt aufrecht. Zahlreiche Entwürfe dafür liegen bereits vor.
Zahlreiche Prominente für Umbenennung
Laut Kulturstadtrat wird demnächst noch eine Stellungnahme der Inneren Stadt eingeholt, wobei sich City-Chefin Ursula Stenzel (ÖVP) zuletzt eher negativ geäußert habe. Das ändere aber nichts am städtischen Entschluss, da der Bezirk in dieser Sache kein Entscheidungs-, sondern nur ein Anhörungsrecht habe.
Freuen dürfte sich jedenfalls die Uni Wien, die in den vergangenen Jahren wiederholt auf eine Umbenennung ihrer Adresse gedrängt und zuletzt im Mai des Vorjahres für den Namen „Universitätsring“ plädiert hatte. Als Wunschdatum nannte das Rektorat damals das Jahr 2015, in dem die Alma Mater ihr 650-Jahr-Jubiläum feiert. Bekannte Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft wie Ruth Klüger, Robert Schindel, Eric Kandel und Isolde Charim hatten sich ebenfalls für eine andere Bezeichnung des Lueger-Rings ausgesprochen.
Auch die Grünen hatten wiederholt eine Umbenennung gefordert. „Nun wurde unserer jahrelangen Forderung nachgegeben“, freute sich der grüne Kultursprecher Klaus Werner-Lobo. Der nun fixierte Schritt sei als Erfolg seiner Partei, aber auch der Uni und „jener Gruppen, die vom Antisemitismus betroffen waren“, zu werten.
Auch andere Straßen werden geprüft
Ungeachtet der fixierten Neubenennung des Ring-Abschnitts läuft derzeit eine aufwendige Prüfung aller Wiener Straßen und Plätze, die nach Persönlichkeiten benannt und möglicherweise historisch belastet sind. Ein Ergebnis der seitens der Stadt eingesetzten Kommission soll laut Mailath-Pokorny noch im Frühjahr vorliegen. Dann werde man sich wohl jeden Fall einzeln anschauen, wobei der Ressortchef grundsätzlich an der Beibehaltung derzeitiger Bezeichnungen festhalten will.
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