Tüfteln in der Verbrennungskammer
Auch wenn Journalisten in Genf heuer ein Elektroauto zum Auto des Jahres gekürt haben, lautet die Linie der Beobachtungen offenbar: Der klassische Benzinmotor feiert sein Comeback. Das war zwar schon im Vorjahr in Ansätzen zu erleben, da grassierte aber noch das Hybridfieber. Erkenntnis in diesem Jahr: Spritsparen ist auch bei Benzinern möglich. Aber neue Technologien haben ihren Preis.
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Expertenmeinung und Journalistengeschmack - das muss kein Paarlauf sein, wie der heurige Genfer Autosalon zeigt. Während die Journalisten das über 40.000 Euro teure Elektroauto Opel Ampera zum Auto des Jahres 2012 kürten, befanden Autoexperten, dass der große Hype um E-Autos zurückgegangen sei. General Motors selbst setzt die Produktion des Ampera, der in den USA als Chevrolet Volt zum Verkauf steht, für fünf Wochen aus - wegen des schleppenden Verkaufs. Der Ampera befindet sich allerdings erst seit ein paar Wochen in der Auslieferung.
Große E-Euphorie ist vorbei
„Es hat nach der großen Euphorie eine gewisse Ernüchterung gegeben“, sagt der deutsche Autoexperte Willi Diez in Genf. Vielen Autofahrern seien E-Autos schlicht zu teuer. Bisher sind vor allem ausländische Hersteller damit auf dem Markt. Allerdings, so Diez gegenüber dem ZDF: Die Autobauer dürften jetzt das Thema E-Moblität nicht gleich wieder im Kasten verräumen. Gerade für Mobilität in den Städten könnte das Elektroauto schneller ein Thema werden, als manche glauben.
„Genf gibt das Signal, dass der große Aufbruch in die Elektromobilität eine Pause einlegt“, schreibt der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer Studie: „Die Autoindustrie fährt wieder traditionell.“ Der österreichische Autojournalist David Staretz sieht die Sache gegenüber ORF.at aus der Entwicklerperspektive: „Die Elektromobile haben eine ideal Rute-im-Fenster-Funktion für die Verbrennungstechniker, sie ebnen das Feld für Ökokapseln, etwa Fords EcoBoost-Dreizylinder, der nun in ganz ‚erwachsene‘ Autos wie den Focus und S-Max eingebaut wird.“
„Benzingeiz ist geil“
Traditionell heißt in diesem Kontext: Vor allem der Benzinmotor feiert ein Comeback, wie auch der „Spiegel“ rund um den Autosalon erinnert und das „Benzingeiz ist geil“-Motto ausruft. VW stellt auf dem Autosalon den Polo Blue GT vor, der trotz 140-PS-Motors bei 140 km/h Spitze mit 4,7 Liter pro 100 Kilometer auskommt, was einem CO2-Ausstoß von 108 Gramm je Kilometer entspricht.
EA211 heißt die Motorenbaureihe, aus der der verbrauchsarme Benziner der Wolfsburger stammt. Der 1,4-Liter-Motor ist der erste Großserienmotor unterhalb der Oberklasse, in dem Zylinder abgeschaltet werden. Ist man mit dem Vierzylindermotor im Drehzahlbereich 1.250 bis 4.000 Touren unterwegs, dann schaltet der Motor zwei Zylinder ab, und das spart Treibstoff.
Sparen beim Gewicht
Audi als ein Teil im VW-Konzern, wo man ebenfalls die hubraumverkleinerten neuen TSI-Motoren einsetzt (etwa beim A1 und A3), versucht auch an der Gewichtsschraube im Verhältnis zum Antrieb zu drehen: Den neuen A3 hat man in der Grundversion immerhin um 80 Kilo leichter gemacht als die Vorgängergeneration. Und auch das spart Sprit. Auch Mazda hat sich bei der Entwicklung neuer Modelle vorgenommen, immer 100 Kilo gegenüber dem Vorgängermodell einzusparen.

Reuters/Valentin Flauraud
Neben dem Einsatz von TSI- und Commonrail-Motoren spart Audi beim neuen A3 auch beim Gewicht
Grundsätzlich versuchen viele Hersteller, egal ob sie mit drei oder vier Zylindern (oder abschaltbaren Zylinderblöcken) unterwegs sind, den Wirkungsgrad des Ottomotors an den eines Dieselmotors anzunähern. Bei Volkswagen hieß diese Annäherung zwischenzeitlich Fuel Stratified Injection (FSI) und ist mittlerweile dem TSI-Konzept gewichen.
Mercedes wiederum versucht Erfahrungen bei der Einspritzung aus dem Sechs- und Vierzylindermotor zu übertragen, wie der Mercedes-Technikchef für die Entwicklung von Pkw-Motoren, Bernhard Heil, im Vorfeld der Messe immer wieder erläuterte.

APA/EPA/dpa/Uli Deck
Neue A-Klasse: „Die Erfahrungen aus der Sechszylinderentwicklung auf den Vierzylinder angewendet“
Das Magerbrennverfahrern
Einen Ottomotor auf dem CO2-Niveau eines Diesels sieht Heile, wie er im Februar gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) ausführte, fast vollendet. Verantwortlich dafür sind Direkteinspritzung und Turboaufladung der dritten Generation. Neben der Piezo-Enspritzung (Pumpe-Düse-Einspritzung, die mittlerweile dreimal so schnell arbeitet wie eine mit Magneteinsteller) ist das Magerbrennverfahren:
Das Problem der Direkteinspritzung bei Ottomotoren liegt unter anderem darin, dass ein wirklicher Verbrauchsvorteil nur dann zu erzielen ist, wenn analog zum Diesel das Gemisch mit Luftüberschuss im Magerbetrieb verbrannt wird. Doch die Entflammung des Gemischs ist beim Benziner via Zündkerze im Gegensatz zum selbst zündenden Diesel schwieriger: Es muss ein bestimmtes Mischungsverhältnis von Kraftstoff und Luft vorliegen, und dieses darf nicht zu mager sein.
Der Schichtladebetrieb mit der fettesten Benzingemischschicht rund um die Zündkerze stellt die Hersteller vor Herausforderungen - auch weil eine Nachbehandlung der Abgase nötig ist. Die Piezo-Düsen seien zudem in der Herstellung teurer, erinnert man seitens Mercedes. Je mehr Magerbenzinmotoren gebaut werden, desto größer ist der Druck auf die Preisgestaltung der Pumpenhersteller.
Drei statt vier Zylinder

AP/Keystone/Sandro Campardo
Viele setzen auf Dreizylinder - etwa Peugeot beim neuen 208
Ein weiterer Trend auf der Messe in Genf ist der Einsatz von Dreizylinderaggregaten, wo man früher „klassisch“ auf Vierzylindermotoren gesetzt hat. Der PSA-Konzern geht in diese Richtung, auch BMW. In Genf zeigt etwa Peugeot den neuen 208 mit einem Dreizylinderantrieb.
Bei Ford hat man die Verbindung, wie man in Genf sehen kann, von „Downsizing“ und Zylinderreduktion von vier auf drei am weitesten getrieben: mit der EcoBoost-Reihe, die mit einem Hubraum von einem Liter auskommt, zugleich aber bis zu 180 PS Leistung erreicht. Verbaut wird der Motor, der auf eine Kombination aus Direkteinspritzung, Turboaufladung und variabler Ventilsteuerung setzt, im B-Max ebenso wie im neuen Focus.

Mazda Motor Europe GmbH
Neuer Mazda CX-5: Großer Hubraum, verringerter Verbrauch
Mazda: Sparen mit großem Hubraum
Der japanische Hersteller Mazda setzt beim Ottomotor im Gegensatz zur Konkurrenz, wo der „Downsizing“-Trend bis in die Kompaktklasse 1,2- bis 1,4-Motoren gebracht hat, auf den großen Hubraum, dafür aber auf neue Verdichtungsverhältnisse bei der Verbrennung und geht mit den Skyactive-Motoren beim Benziner unter Verzicht auf Turboaufladung mit einer Verdichtung von 14:1 an die Grenzen des bisher Machbaren (in der Formel 1 liegt die Verdichtung bei 13:1).
Ein hoher Verdichtungswert bringt mehr Drehmoment, aber ebenfalls viel Herausforderung bei der Zündung im Brennraum. Mazda wählt kleinere Bohrung und größeren Hub, um Herausforderungen beim Zündablauf und der Abgasqualität zu begegnen. Zusätzlich muss das Zurückströmen heißer Abgase in die Zylinder verhindert werden.
„Effizienzmaßnahmen, die weitere zweistellige Einsparungen bringen“, haben ihren Preis, sagte Mercedes-Motorenentwickler Heil. Aber: Die Entwicklung von Hybridkonzepten sei noch teurer. Und so tüfteln die Motorenentwickler weiter an der Brennkammer, bevor sie einen teuren und technisch nicht minder komplizierten Batterieblock mit an Bord und zum Antrieb dazunehmen.
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