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Alles im Fluss bei den „Kompakten“

Schaut man auf das Kaufverhalten des Publikums, dann sind nicht die ausgefallenen Exoten und Studien die Stars einer Automesse, sondern die neuen Versionen bekannter Modelle. Der Autosalon Genf versammelt zahlreiche Premieren - und zeigt, wie nah man einander im Kompaktsegment auf den Pelz rückt. Die einen Modelle wachsen aus, die anderen schrumpfen auf ein stadttaugliches Format.

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Den Unterschied zwischen einem Kleinwagen, der Kompakt- bzw. „Golfklasse“, einem SUV und einem Van ist zunehmend schwer festzustellen. Kleinwagen werden immer länger, und immer öfter dominieren Formhybride das Feld.

Der neue Audi A1 von hinten

Audi

A1 „Sportback“: Wenn Audi Kleinwagen vergrößert und bemehrtürt, dann ist ein flotter Namenszusatz nicht weit

Viel Bewegung im mittleren Preissegment

Beim Autosalon in Genf, der am Donnerstag beginnt, gibt es enorm viel Bewegung gerade im Preissegment der Automobile zwischen 15.000 und 30.000 Euro (Grundausstattung). Da wachsen sich sportliche Kleinwagen wie der Audi A1 mit der nun vorgestellten „Sportback“-Version fast schon zu Kompaktklasseautos aus - wenn nicht in der Länge, so auf jeden Fall in Ausstattung und „Schnickschnack“. Zudem warten Audi-Fans auf die Neuinterpretation des A3, der in der dreitürigen Grundversion in Genf zu sehen ist - und der mit dem A1 die vor allem runden Formen im Cockpit teilt.

Überhaupt scheinen die wachsenden Versionen kleiner Erfolgsformate Thema auf den Autoshows zu bleiben. So zeigt Fiat in Genf mit dem 500 L die Large-Version des Kultautos Cinquecento und hat auch schon durchblicken lassen, dass es in Zukunft eine Van-Version neben dem Fünftürer des einstigen Miniformats geben wird. Die Frage bleibt, wie sehr dann der Charakter des einstigen Kultautos in der ausgewachsenen Version halten lässt. Vorbild in diesem Segment war Mini Cooper, das den Mini in bald allen Varianten unterhalb eines Lkw durchdekliniert hat.

Die Large-Version des Cinquecento

Fiat

Fabia-Verdacht: Fiat zeigt die große Version seines Kultformats Cinquecento

Große Formen „downgesizt“

Auf der anderen Seite werden SUVs und Vans so weit „downgesizt“, dass sie durchaus in der kompakten Stadtklasse mithalten können. Die Motoren, nicht zuletzt die Benziner (Bericht folgt), werden ökonomischer - insofern dürfen die Designer immer wieder bei der Form über die Stränge schlagen - ohne dabei den Luftwiderstand ganz aus dem Auge zu verlieren.

Neuer kleiner Kompakter von Ford namens B-Max

Ford

Ford B-Max: Meriva-Effekt mit Schiebetür und einer weggelassenen B-Säule

Ford zeigt mit dem B-Max, dass man die B-Säule eines Autos mehr als pulverisieren kann und so unter einem Dach auch zwei aufeinander zufahrende Türen einen ausreichenden Autoeindruck von der Seite vermitteln - und Volvo meint, dass man den S40 und den C30 zu einem neuen Typus Auto mit markanter Kofferraumklappe verschmelzen kann, die einem durchaus bekannt vorkommt: Ist das nicht so etwas wie ein Golf, was da als scheinbarer Formhybrid vor einem steht?

Mit dem V40 will Volvo eine Art Golf und einen Nachfolger für den C30 finden

Volvo

Volvo fusioniert den S40 und den C30 zum Kompaktauto

Koreanische Autos mit deutschem Design

Nicht zuletzt die Koreaner wollen mit dem neuen i30 (Hyundai) bzw. C’eed (Kia) zeigen, dass man Golf nicht nur im Preis-Leistungs-, sondern auch im Formsegment nahe kommen kann.

Der neue Ceed von Kia für Genf

Kia

Kia tüftelt an der Front des C’eed und sucht nach Markenidentität

Entgegen kommt den Koreanern, dass sie bei i30 und C’eed die gleiche Plattform verwenden und umso mehr aufs Design schauen können, wobei diesmal Hyundai sehr konsequent auf 1er-BMW und Golf schielte. 400.000 Stück hat man vom i30, der im tschechischen Nosovice hergestellt wird, in Europa verkauft, davon 100.000 Stück auf dem deutschen Markt.

Neue Version des i30 in Genf

Hyundai

Crossover beim Zitat der Vorbilder: Der neue i30 von Hyundai

Und sowohl bei Hyundai als auch bei Kia arbeiten mit Thomas Bürkle und Peter Schreyer zwei Deutsche am Masterdesign der jeweiligen Marke.

Die Interpretation des SUV

Bleibt das Segment, das auf keiner Automesse fehlen darf: SUVs, die auf Kompaktwagen machen. Hier herrscht nicht immer das „Form follows function“-Prinzip vor, sehr wohl aber so etwas wie das Multifunktionsauto, in dem die Familie ebenso Platz hat wie üppig gefüllte Tragetaschen nach der Shoppingtour.

Peugeot und Citroen teilen sich mit Mitsubishi erneut die Plattform und versuchen hier an Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen. Citroen legt mit dem Aircrosser etwa eine konturreiche Interpretation des eingedampften SUV vor. Möglich, dass man nach dem kleinen Picasso der Bobo-Generation auch den SUV schmackhaft machen möchte. In Sachen Verbrauchswerte kann man gut mithalten - allerdings kostet die Ökologisierung in diesem Segment einiges an Spritzigkeit auf der Straße. Aber 200 Kilo mehr sind nun einmal 200 Kilo mehr, wie der Physiker erinnern würde.

Citroens neuer Mini-SUV Namens Aircrosser

Citroen

Ein bisschen Picasso beim Po: Der neue Aircrosser von Citroen

Opel wiederum versucht mit dem Mokka noch einmal in der SUV-Klasse durchzustarten. So ganz angekommen schienen die Deutschen in diesem Segment nie gewesen zu sein. Die Formen sprechen von der Opel-Identität; dass ein potenziell geländetaugliches Auto Mokka heißt, nährt dann doch den Verdacht, dass auch dieses Modell näher beim Latte Macchiato als auf einem gatschigen Acker geparkt wird.

Opel versucht mit dem Mokka erneut in der SUV-Klasse Fuß zu fassen

Opel

Opels neuer SUV-Anlauf mit dem Mokka

Neue Zielgruppen

Eigentlich sollten Spengler eine besonders gepflegte Zielgruppe im professionellen Bereich auf dem Autosalon sein: Die gerade auch in den Seitenpartien stark aerodynamisch geformten Bleche versprechen einiges an Extraaufwand, wenn man unliebsame Begegnungen auf der Straße oder mit einem Hydranten beim Türöffnen macht.

180 Welt- und Europremieren sind jedenfalls beim 82. Genfer Automobilsalon zu bewundern. Von Donnerstag bis zum 18. März können Besucher wieder die neuesten Modelle und Technologien von rund 30 der bedeutendsten Fahrzeughersteller der Welt kennenlernen.

Gekürt wird in den Genfer Messehallen das Auto des Jahres. Dass dieses auch einen ökologischen Anstrich haben wird, ist deutlich. Beachtlich ist, wie viel sich motorisch im scheinbar konventionellen Bereich getan hat - und dass die Hybridhysterie auf eine vernünftige Abwägung zwischen Herstellungspreis und tatsächlichen Verbrauchswerten runtergebrochen scheint.

Gerald Heidegger, ORF.at

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