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Prekäre Lage für Journalisten

Nach dem Tod zweier Reporter wird die Lage für Journalisten in Syrien immer prekärer. Die an den Beinen verletzte französische Reporterin der Tageszeitung „Le Figaro“, Edith Bouvier, verlangte am Donnerstag, möglichst schnell aus Homs herausgebracht zu werden.

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In einem von der Opposition auf YouTube im Internet veröffentlichten Video verwies sie darauf, dass sie „dringend operiert“ werden müsse. Bouvier forderte einen Waffenstillstand und einen Krankenwagen, um in den Libanon gebracht werden zu können. Die Journalisten von „Le Figaro“ riefen das syrische Regime auf, die Evakuierung von Bouvier zu ermöglichen.

Zwei Todesopfer am Mittwoch

Am Mittwoch wurden beim Beschuss der Stadt Homs durch syrische Streitkräfte zwei Journalisten getötet und drei weitere verletzt, berichteten das syrische Netzwerk für Menschenrechte und Augenzeugen. Es handelt sich bei den Todesopfern um die US-amerikanische Redakteurin Marie Colvin und den französischen Fotografen Remi Ochlik, wie die französische Regierung bestätigte.

Das Haus, in dem sich die beiden aufgehalten hätten, sei laut Aufständischen beschossen worden. Auf der Flucht seien sie dann von einer Rakete getroffen worden. Colvin arbeitete für die britische „Sunday Times“. Beide Journalisten galten als erfahrene Berichterstatter. Sie waren zuvor bereits in mehreren Kriegsgebieten gewesen.

Die Journalistin Marie Colvin mit libyschen Rebellen in Misrata

Reuters/Zohra Bensemra

Marie Colvin im Juni 2011 - damals im Kreise libyscher Rebellen

Journalisten gezielt beschossen?

In dem Haus, das von der Armee unter Beschuss genommen wurde, befanden sich mehrere Journalisten. Auf das Gebäude seien mindestens zehn Raketen abgefeuert worden, berichteten Augenzeugen, die von einem gezielten Bombardement auf die Journalisten sprachen.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy prangerte die Tötung der beiden Journalisten als „Mord“ an. Sarkozy sagte am Donnerstag im nordfranzösischen Tourcoing, die Verantwortlichen müssten Rechenschaft ablegen. Aufgrund der Globalisierung könne nicht mehr „im absoluten Schweigen gemordet“ werden.

Damaskus dementiert

Die syrische Regierung dementierte jede Absicht und betonte, man habe gar nicht gewusst, dass sich die Journalisten auf syrischem Gebiet befanden. Das Informationsministerium sagte, alle Journalisten, die illegal ins Land eingereist seien, sollten sich umgehend bei der nächstgelegenen Einreisebehörde melden, „um die Situation entsprechend den Gesetzen zu regeln“.

Mehrere Stadtviertel von Homs, die mittlerweile von den Aufständischen kontrolliert werden, befinden sich seit Anfang Februar praktisch ununterbrochen unter Beschuss durch die Armee. Hunderte Menschen wurden laut Aktivisten allein bei diesen Angriffen getötet.

Besonders gefährlicher Konflikt für Medien

Die Berichterstattung in Syrien ist für Reporter besonders gefährlich, da die Aufständischen nur einzelne Stadtviertel und Kleinregionen kontrollieren, die nicht miteinander verbunden sind. So starb letzte Woche der prominente „New York Times“-Reporter Anthony Shadid an einem Asthmaanfall, als er versuchte, zu einer der Zonen der Aufständischen vorzudringen. Der libanesischstämmige Journalist gewann zweimal - 2004 und 2010 - den renommierten Pulitzer-Preis für seine Berichte über den Irak-Krieg und seine Folgen.

Zerstörtes Haus

APA/Local Coordination Committees

Eines der vielen vom Raketenbeschuss der Armee zerstörten Häuser in Homs

Mitte Jänner war in Homs der französische Fernsehjournalist Gilles Jacquier getötet worden, als eine Granate nahe einer Gruppe von Journalisten einschlug. Er war der erste in Syrien getötete westliche Journalist seit Beginn der Proteste gegen das Regime von Baschar al-Assad Mitte März. Jacquier befand sich zusammen mit anderen Journalisten auf einer von den syrischen Behörden genehmigten Reise. Welches Lager die Granate abfeuerte, ist unklar.

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