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Boykottaufrufe nach UNO-Debakel

Freude und Häme beim Regime in Damaskus, blankes Entsetzen bei der syrischen Opposition: Mit einem Doppelveto haben Russland und China im UNO-Sicherheitsrat eine Resolution für ein Ende der Gewalt in Syrien verhindert. Alle anderen 13 Ratsmitglieder, darunter Deutschland, stimmten für den Entwurf.

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Die syrische Opposition sieht in dem Scheitern eine Lizenz zum Töten für das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Die UNO-Resolution sollte die anhaltende Gewalt in Syrien verurteilen, egal von welcher Seite sie ausgeht.

Die syrische Regierung sollte sofort ihre Menschenrechtsverletzungen sowie Angriffe auf jene beenden, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich ausübten. In dem Entwurf wurde auch ein Aktionsplan der Arabischen Liga unterstützt, der politische Reformen und einen demokratischen Umbau forderte.

„Große Enttäuschung“

Das Veto Russlands und Chinas löste weltweit Empörung aus. „Das ist eine große Enttäuschung für die Menschen in Syrien und dem ganzen Nahen Osten, für alle Unterstützer von Demokratie und Menschenrechten“, kommentierte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon das Scheitern der Resolution ungewöhnlich deutlich. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sprach von einem Verrat am syrischen Volk.

„Stunde der Schande“

Der britische Außenminister William Hague bezeichnete das Veto im Sicherheitsrat als eine „Stunde der Schande“ für die Vereinten Nationen. Frankreichs UNO-Botschafter Gerard Araud sagte, Russen und Chinesen hätten nun „das Blut des syrischen Volkes an ihren Händen“: „Russland und China, aber insbesondere Russland, haben klar entschieden, dass sie das Regime stützen, was immer es auch tut.“

Diese Staaten trügen nun die volle Verantwortung für die Unterstützung des Regimes in Damaskus, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. „Das vergrößert die Gefahr eines brutalen Bürgerkriegs“, so die US-Spitzendiplomatin. Clinton sprach sich für „regionale und internationale Sanktionen“ und ein Waffenembargo gegen das Regime in Syrien aus.

„Es ist ganz entscheidend, dass die internationale Gemeinschaft jetzt nicht aufgibt“, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Die Grünen sagten: „Russlands Blockade ist skandalös“. Der tunesische Ministerpräsident Hamadi Dschebali rief am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz alle arabischen Staaten dazu auf, die syrischen Botschafter auszuweisen. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sicherte allen Syrern, die vor der Gewalt des Regimes in ihrem Heimatland fliehen, Aufnahme und Schutz zu.

Spott aus Damaskus

Ganz anders die Reaktionen der syrischen Führung: „Al-Baath“, das Parteiblatt von Präsident Assad, nannte das Veto einen harten Schlag für die westlichen Verschwörer und deren arabische Komplizen. Hämisch sprach das Blatt den arabischen Herrschern - und ganz besonders den Königen, Prinzen und Ölscheichs - das Beileid aus, weil ihre Initiative im Sicherheitsrat gescheitert sei. Syriens Botschafter Baschar Dschaafari behauptete, sein Land sei „die Heimat der Toleranz“. „Jeder friedliche Demonstrant ist willkommen.“

Russland verteidigte seine umstrittene Blockade im Sicherheitsrat. Moskau verlange weiterhin ein Resolution, die jede militärische Einmischung ausschließe, sagte Moskaus UN-Botschafter Witali Tschurkin in einem am Sonntag im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview.

Boykottaufrufe gegen Russland

Arabische Aktivisten starteten unterdessen eine Kampagne für einen Wirtschaftsboykott gegen Russland und China. Damit reagierten sie auf das Veto der beiden Staaten bei der Abstimmung über eine Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat. Zum Boykott chinesischer und russischer Produkte rufen nach arabischen Medienberichten unter anderem die jordanischen Muslimbrüder und junge „Revolutionäre“ aus der libyschen Stadt Bengasi auf.

Um die Kampagne bekanntzumachen, haben einige Aktivisten inzwischen auch eine Gruppe im Sozialen Netzwerk Facebook gegründet. Die Gruppe trägt den Namen: „Boykottiert Russland und China so lange bis sie Menschenrechte in allen Staaten respektieren.“

Türkei erneuert Schutzangebot

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sicherte unterdessen allen Syrern, die vor der Gewalt des Regimes in ihrem Heimatland fliehen, Aufnahme und Schutz zu. „Auch wenn alle Syrer in die Türkei kommen, werden wir sie willkommen heißen in unseren Häusern. Wenn sie vor der Unterdrückung fliehen, dann werden sie ein sicheres Rückzugsgebiet in der Türkei finden“, sagte Davutoglu am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

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