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Anerkannter Wirtschaftsexperte

Nach dem Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi soll der international anerkannte Wirtschaftsexperte Mario Monti den Reformstau in dem hoch verschuldeten Land beenden. Nach zwei Amtszeiten als EU-Kommissar ist der Italiener in Brüssel als Galionsfigur Europas anerkannt.

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Monti, am 19. März 1943 als Sohn eines Bankiers in Varese geboren, schlug nach dem Studium der Ökonomie die wissenschaftliche Laufbahn ein. Er promovierte an der elitären Mailänder Wirtschaftsuniversität „Luigi Bocconi“ zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften und absolvierte ein Postgraduierten-Studium an der Yale University in den Vereinigten Staaten.

Monti war Professor an den Universitäten Mailand, Trient und Turin. 1989 bis 1994 war er Rektor der Bocconi-Universität und dann bis 1999 deren Präsident. Dabei machte er sich als einer der profiliertesten Wirtschaftsexperten Italiens einen Namen, mehrfach war er auch für Ministerämter im Gespräch. 1995 wurde der überzeugte Europäer Mitglied der EU-Kommission und war dort bisher für Binnenmarkt und Steuern zuständig.

Von Berlusconi für Brüsseler Posten nominiert

Dazu verholfen hat ihm auch Berlusconi - dieser hatte Monti 1994 selbst für einen Posten in der Brüsseler Behörde nominiert. Der Ökonomieprofessor gehörte der EU-Exekutive dann von 1995 bis 2004 an - zunächst als Kommissar für Binnenmarkt, später in der Funktion des obersten Wettbewerbshüters der EU. Monti habe sehr genau, diszipliniert und regelgebunden gearbeitet, erinnert sich ein ehemaliger Botschafter. Er sei ein harter und zugleich zuverlässiger Verhandlungspartner gewesen. „Er hatte keine sehr italienische Vorgehensweise - sein Spitzname war damals ‚der italienische Preuße‘.“

Unbeugsam gegen US-Konzernriesen

Monti sei unbeugsam gegenüber politischem Druck und stelle sich voll und ganz in den Dienst der Sache, sagen ehemalige Wegbegleiter in Brüssel. Stehvermögen bewies der Italiener auch, als er sich mit zwei Wirtschaftsgiganten aus den USA anlegte: Er verbot gegen massiven Druck der US-Behörden 2001 dem Konzern General Electric (GE) die Übernahme von Honeywell, weil die Kommission eine Monopolstellung bei der Herstellung von Flugzeugmotoren befürchtete. Zudem war es Monti, der den jahrelangen Kampf gegen die Vormachtstellung des Softwarekonzerns Microsoft begann, den die EU letztlich gewann.

GE-Chef: „Call me Jack“

Der damalige Chef von GE, Jack Welch, widmete der Auseinandersetzung mit der EU-Behörde ein Kapitel seiner Autobiografie. Um Monti gnädig zu stimmen, bot der Amerikaner diesem das Du an. Doch der Kommissar lehnte die Aufforderung „Call me Jack“ höflich ab - er werde das tun, nachdem die Fusionskontrolle beendet sei. Auch ein Anruf des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton bei Kommissionspräsident Mario Prodi brachte die Kommission nicht von ihrer Linie ab.

Ob der als grundehrlich und sachlich geltende Italiener geeignet ist, die Regierung in Rom zu führen, sei allerdings fraglich, sagt ein langjähriger Begleiter Montis. „Er hat zwar ein gutes Gespür dafür, wie Politik funktioniert - aber er ist nicht der Mann für den Kuhhandel.“ Statt Berlusconi zu beerben, sei er womöglich im Amt des Finanzministers besser aufgehoben. Monti könne die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit verkörpern, die Italien in der Schuldenkrise so dringend brauche.

Link:

Mario Monti (Wikipedia)