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Keine Boni für Bankmanager

Europa stemmt sich fieberhaft gegen eine Eskalation der Schuldenkrise. Um einen Bankenkollaps zu verhindern, schlug die EU-Kommission ein Maßnahmenbündel vor. Die „Schutzwälle“ müssten verstärkt werden, sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso am Mittwoch im Europaparlament. Notfalls sollen den Banken milliardenschwere Kapitalspritzen auch aufgezwungen werden.

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Die EU-Kommission schlägt für die Stärkung der europäischen Banken vorübergehend höhere Kernkapitalquoten vor. Eine Zahl nannte Barroso nicht. Nach Angaben von EU-Vertretern wird aber eine Quote von neun Prozent angepeilt. Die Banken sollen sich das Geld zuerst vom Privatsektor besorgen. Wo das nicht ausreicht, sollen die nationalen Regierungen Kapital zuschießen.

Als „Ultima Ratio“ könnte eine Rekapitalisierung über den Euro-Rettungsschirm EFSF finanziert werden. Barroso präsentierte seinen Vorschlag im Rahmen eines „Fahrplans für Stabilität und Wachstum“, den er den EU-Staats- und -Regierungschefs beim Gipfel am 23. Oktober in Brüssel präsentieren will.

Rettungsschirm soll vorgezogen werden

Die Schlagkraft des EFSF müsse „maximiert“ werden, so der Tenor seiner Präsentation. Eine neue Aufstockung wird seit längerem diskutiert. Barroso schlug auch vor, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM vorzuziehen. Dieser soll bisher erst Mitte 2013 starten. „Vertrauen kann nur wiederhergestellt werden, wenn alle nötigen Elemente zur Krisenlösung sofort eingesetzt werden.“ Der ESM soll über eine Kreditvergabekapazität von 500 Mrd. Euro verfügen.

Aktionäre müssen Gürtel enger schnallen

Die Aktionäre und Mitarbeiter der staatlich gestützten Banken müssen sich nach Vorstellung der Kommission auf deutliche Einschnitte gefasst machen. So sollen die Institute für die Dauer der Unterstützung weder Dividenden noch Boni ausschütten dürfen.

Die Börsen reagierten positiv auf die Fortschritte zur Lösung der Krise. Der Euro zog an, der deutsche Leitindex DAX lag zeitweise wieder über der psychologisch wichtigen 6.000-Punkte-Marke. Zum Handelsende rutschte er knapp unter diese Marke und schloss mit einem Plus von 2,21 Prozent. Der ATX stieg ebenfalls um 4,17 Prozent auf 2.007,22 Zähler.

Kernkapitalquote

Diese Quote beschreibt das Verhältnis vom Kapital einer Bank zu ihren risikobehafteten Geschäften, also zu den vergebenen Krediten und den Geldanlagen. In Österreich ist eine Mindestquote von vier Prozent erforderlich. Eine Quote von sieben Prozent gilt als Indikator für eine gesunde Bankbilanz.

Barroso forderte in seinem Plan außerdem „entschlossene Maßnahmen für Griechenland, mit denen jegliche Zweifel an Griechenlands wirtschaftlicher Tragfähigkeit ausgeräumt werden“. Dazu zählten die Auszahlung der sechsten Kredittranche durch die EU und den IWF. Es brauche außerdem ein vollständig koordiniertes Konzept zur Konsolidierung der europäischen Banken, sagte er.

Barroso für robuste Wirtschaftspolitik

Der Kommissionschef kündigte außerdem an, er wolle auf Grundlage des bestehenden EU-Vertrages der Gemeinschaftsmethode bei der Einführung einer robusten, integrierten Wirtschaftspolitik mehr Gewicht verleihen. Jetzt seien umfassende Lösungen erforderlich, die unverzüglich umgesetzt werden müssten. „Wir müssen die Firewalls des Euro stärken“, sagte Barroso. Der EFSF müsse mehr als eine „Firewall“ sein, er müsse auch „Feuerkraft haben“. Die staatlichen Schuldenkrisen und die Lage der Banken seien verknüpft.

Deutscher Bankenverband kritisiert Vorschläge

In Deutschland stieß Barrosos Plan auf wenig Gegenliebe. Der deutsche Privatbanken-Verband BdB übt scharfe Kritik an den Rekapitalisierungsplänen. Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer warf Barroso Hektik und Kurzatmigkeit vor. „Der Bankenverband hält diese Vorschläge für ungeeignet, weil sie nicht die Ursachen der derzeitigen Staatsschuldenkrise bekämpfen“, sagte er am Mittwoch in Berlin. Die Banken hätten ihr Kapital bereits aufgestockt und seien widerstandsfähiger als vorher.

Warten auf Merkel-Sarkozy-Plan

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte sich bereits zuvor bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy für eine Aufstockung der Eigenkapitalquoten plädiert. Genaue Details zu ihren Plänen wollen Berlin und Paris jedoch erst vor dem G-20-Gipfel am 3. November präsentieren. Besonders die Rekapitalisierung der Banken sei kompliziert und brauche mehr Zeit, so das Argument.

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