Themenüberblick

Auch höheres Risiko für heimische Banken

Auf den ersten Blick haben Österreichs Banken die europäischen Schuldenkrise bisher gut weggesteckt. In den Schlagzeilen sind vor allem französische Institute, die wegen des Wertverlusts ihrer Griechenland-Anleihen unter Druck geraten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Eine Pleite des hoch verschuldeten Mittelmeerstaates, die von vielen Experten mittlerweile erwartet wird, dürfte aber auch für österreichische Finanzinstitute empfindliche Auswirkungen haben. Denn die griechische Wirtschaft ist eng mit den angrenzenden osteuropäischen Ländern verflochten, wo die Austro-Banken wiederum einen Großteil ihrer Gewinne einfahren. „Die Schuldenkrise der Euro-Peripherie macht auch vor den Märkten Osteuropas nicht halt“, erklärten die Analysten der Raiffeisen Bank International (RBI).

Für Zentraleuropa erwartet die RBI für das kommende Jahr wegen der Griechenland-Krise lediglich ein Wirtschaftswachstum von 1,4 nach 2,9 Prozent im laufenden Jahr und 3,0 Prozent 2010. Damit müssen sich die in der Region aktiven Banken auf zunehmende Kreditausfälle gefasst machen - eine typische Folge in Abschwungphasen. Banken müssen dann mehr Vorsorge für solche faulen Kredite bilden, was ihnen bereits in der Krise vor zwei Jahren die Bilanz vermasselt hatte.

Ungarn besonders betroffen

Von dem Abschwung besonders betroffen dürfte Ungarn sein, für das die Experten von Raiffeisen 2012 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von einem Prozent erwarten. Das Land ist angesichts der jüngst eingeführten Bankensteuern und eines Schuldenerlasses für Privatleute zu Lasten der Banken für Österreichs Institute ohnehin ein rotes Tuch.

Trotz der aufziehenden Gewitterwolken erwarten Analysten aber nicht, dass sich die Banken aus der Region zurückziehen. Selbst im derzeit schwierigsten Land Ungarn, wo rund 80 Prozent der Bankenbranche in ausländischer Hand ist, werden die Institute auf absehbare Zeit weiter vertreten bleiben, erwarten die Experten der Ratingagentur Moody’s. Denn Osteuropa bietet trotz aller Rückschläge für die Banken bessere Wachstumschancen als der stagnierende und vergleichsweise kleine Heimatmarkt Österreich.

Profit aus griechischer Not?

Einige Optimisten in den Vorstandsetagen erhoffen sich aber auch positive Effekte für die österreichischen Banken, sollte Griechenland in noch größere Nöte geraten. Zum einen sind sie in dem Land kaum direkt engagiert - im Gegensatz zu Banken in Deutschland oder Frankreich, die daher stärker leiden. Zum anderen versprechen sich einige Institute neue Geschäftschancen in Südosteuropa.

Denn dort konkurrieren die Austro-Geldhäuser unter anderem mit Tochterunternehmen griechischer Banken, die besonders stark unter der Krise im Heimatland leiden. Letzteren gehört in Bulgarien gut ein Viertel und in Rumänien und Serbien ein Sechstel des jeweiligen Bankensektors. Bei einer Pleite Griechenlands könnten die griechischen Mutterbanken Gelder von ihren Töchtern in Osteuropa abziehen oder ganz aus dem Markt verschwinden, heißt es in österreichischen Bankenkreisen.

Das würde zwar unmittelbar erhebliche Turbulenzen in der Region auslösen. Wenn diese abgeklungen sind, könnten österreichische Banken dort aber neue Marktanteile gewinnen. Solche Planspiele gelten derzeit zwar als Extremszenario. Dennoch hat Raiffeisen-Chef Herbert Stepic schon im Juni erklärt, österreichische und andere Finanzinstitute könnten das Geschäft ihrer griechischen Konkurrenten leicht übernehmen. Raiffeisen hat erst im Februar für 490 Millionen Euro von der griechischen EFG Eurobank die Mehrheit an der polnischen Polbank gekauft.

Chance mit großem Fragezeichen

Voraussetzung für solche Positiv-Szenarien wäre aber eine geordnete Insolvenz Griechenlands, die viele Experten derzeit für unmöglich halten. Denn wenn eine Ansteckung anderer Euro-Länder wie Italien oder Spanien nicht verhindert wird, dürfte ganz Europa in eine schwere Wirtschaftskrise abgleiten, befürchten Volkswirte. Dann könnten kleinere Marktanteilsgewinne in Osteuropa die satten Einbußen im Kerngeschäft kaum wettmachen.

Angelika Gruber, Reuters

Link: