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Großbank vor Verstaatlichung

Die belgische Regierung will nach Gewerkschaftsangaben den nationalen Zweig der angeschlagenen französisch-belgischen Großbank Dexia übernehmen. Ministerpräsident Yves Leterme habe erklärt, der Staat wolle die Bank sichern, erklärten drei belgische Gewerkschaften am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung.

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Leterme hoffe auf eine Lösung „in den kommenden Tagen“. Ein Dexia-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Aufsichtsrat der Bank werde „wahrscheinlich“ am Sonntag zusammenkommen, statt wie ursprünglich geplant am Samstag. Die niederländische Zeitung „De Standaard“ berichtete, die belgische Regierung habe sich mit den Regionen des Landes auf die Verstaatlichung des belgischen Zweigs der Bank geeinigt.

Entscheidung vor Montag

Damit bleibe die Regierung „wahrscheinlich für mehrere Jahre Eigentümer“, hieß es in einem Bericht in der Onlineausgabe der Zeitung. Die Übernahme könne bereits ab dem Wochenende vollzogen werden, „damit die Märkte vor Öffnung am Montag beruhigt“ würden, berichtete die Zeitung weiter. In einer zweiten Phase könnten sich die belgischen Regionen dann ebenfalls am Kapital der Bank beteiligen.

Dexia war in den vergangenen Tagen durch Liquiditätsprobleme ins Schlingern geraten. Auf französischer Seite könnten die beiden staatlichen Banken Caisse des Depots und Postbank die Kredite über 70 Milliarden Euro übernehmen, die Dexia den französischen Kommunen gewährte. Für den luxemburgischen Zweig ist ein internationaler Investor zur Übernahme bereit. Faule Wertpapiere über 95 Milliarden Euro sollen in eine „Bad Bank“ ausgelagert werden.

Die Dexia-Bank, die in Belgien 850 Niederlassungen und in Frankreich keine einzige Filiale hat, ist der größte Kreditgeber der Gemeinden, Städte und Regionen in Frankreich. Das Geldinstitut war vor drei Jahren zu Beginn der Finanzkrise ins Trudeln geraten. Damals hatten Frankreich, Belgien und Luxemburg das Institut mit 6,4 Milliarden Euro gestützt und ihm öffentliche Garantien gegeben. Seitdem halten Frankreich und Belgien Anteile an Dexia. In Österreich ist Dexia noch mit dem Zweig der Denizbank vertreten.

Dexia-Tochter mehr wert als Mutterhaus

Die türkische Denizbank ist unterdessen derzeit an der Börse mehr wert als ihre belgisch-französische Mutter Dexia: Während die Denizbank, auch in Wien mit einer Tochter vertreten, zuletzt an der Istanbuler Börse 2,4 Mrd. Euro wert war, kommt die Dexia nur noch auf eine Börsenkapitalisierung von 2,1 Mrd. Euro, hielt die türkische Tageszeitung „Milliyet“ fest. Als Dexia vor fünf Jahren die Denizbank übernahm, hatte sie selber noch einen Börsenwert von 35 Mrd. Euro, das türkische Institut war 2,28 Mrd. Euro wert. Unter dem Titel „Europa schmilzt dahin“ vermerkte „Milliyet“, dass auch die türkische Finansbank inzwischen mehr wert sei als ihre griechische Mutter National Bank of Greece (NBG).

Finansbank war zuletzt von der Börse mit 3,08 Mrd. Euro bewertet worden, während die NBG nur auf 2,1 Mrd. Euro kam. 2006, bei der Übernahme des türkische Instituts, sei die NBG noch 14 Mrd. Euro wert gewesen, die neue Tochter hingegen 4,6 Mrd. Euro. Dabei hätten beide türkischen Institute sehr klein angefangen. Finansbank-Gründer Hüsnü Özyegin habe bei der Gründung 1987 seine zwei Häuser verkauft, um das nötige Geld aufzustellen. Die NBG blicke hingegen auf eine Geschichte bis 1841 zurück und habe bis 1928 für Griechenland Banknoten gedruckt. Seit über 120 Jahren ist sie in Griechenland an der Börse, seit 1999 in New York.

„Ein Schild und drei Filialen“

Die Denizbank wiederum ist erst 1997 entstanden. Ihr Gründer Ahmet Nazif Zorlu habe um 69 Mio. Dollar „ein Schild und drei Filialen“ von der türkischen Großbank Emlakbank gekauft. Damals habe er zwei Hotelzimmer gemietet - eines als Büro, eines zum Wohnen. „Ich kann mich erinnern, meinem Sohn verboten zu haben, im Pyjama in das andere Hotelzimmer zu kommen“ wird Zorlu in der „Milliyet“ zitiert. Die Muttergesellschaft Dexia ist aus der 1860 gegründeten Credit Communal de Belgique hervorgegangen und durch die Verschmelzung mit der französischen Credit Local de France 1996 entstanden.

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