Doch kein verunglückter Bergsteiger
Als das Ehepaar Simon 1991 die Gletschermumie entdeckt, hält sie sie für einen verunglückten Bergsteiger. Erst deutlich später stellte sich heraus, wie alt „Ötzi“ wirklich ist.
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19. September 1991: Das deutsche Ehepaar Erika und Helmut Simon entdeckt in 3.210 Metern Seehöhe im Bereich des Tisenjochs (Ötztaler Alpen) eine Leiche, von der sie annehmen, dass es sich um einen Bergsteiger handelt.

APA/dpa/Daniel Karmann
Finderin Erika Simon und das erste „Ötzi“-Foto
20. September 1991: Ein erster Bergungsversuch scheitert am schlechten Wetter. Bei den Arbeiten wird die linke Hüfte des Toten beschädigt.
21. September 1991: Die beiden Bergsteiger Reinhold Messner und Hans Kammerlander kommen zufällig an der Fundstelle vorbei. Bei der Begutachtung der Gletscherleiche vermutet Messner, dass es sich um einen Toten aus dem Mittelalter handeln könnte.
22. September 1991: Bergretter wollen den Körper für die am folgenden Tag vorgesehene Bergung vollständig freilegen. Sie sammeln die losen Funde ein und packen sie in einen Plastiksack.
23. September 1991: Unter der Leitung eines Gerichtsmediziners wird die Leiche mit Eispickel und Skistock geborgen, Archäologe ist keiner dabei. Die Leiche wird auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in die Innsbrucker Gerichtsmedizin gebracht.
24. September 1991: Innsbrucker Ur- und Frühhistoriker datieren nach Begutachtung der Ausrüstung der Gletscherleiche den Fund in die frühe Bronzezeit, das Alter des Toten wird auf mindestens 4.000 Jahre geschätzt.
2. Oktober 1991: Nach heftigem Streit bringt eine amtlich angeordnete Neuvermessung des Grenzverlaufs Gewissheit: Der Fundort befindet sich 92,56 Meter von der Staatsgrenze entfernt auf Südtiroler Boden.
3. Oktober 1991: Erste archäologische Untersuchung der Fundstelle des „Mannes aus dem Eis“.
21. Februar 1992: „Ötzi“ ist deutlich älter, als bisher vermutet: Radiokarbon-Untersuchungen ergeben, dass die Eisleiche rund 5.300 Jahre alt ist und aus der Jungsteinzeit stammt.
20. Mai 1992: Der Tiroler Landtag beschließt die Einrichtung eines eigenen „Ötzi“-Forschungsinstitutes an der Uni Innsbruck.
3. Juni 1992: Wissenschaftler aus aller Welt nehmen am ersten Internationalen Eismann-Symposion teil. Mit der Forderung nach Finderlohn durch das Ehepaar Simon beginnt ein jahrelanger Rechtsstreit.
20. Oktober 1992: „Ötzi“ schafft es auf das Cover des amerikanischen Nachrichtenmagazins „Time“.
3. März 1993: In der Wissenschaftszeitschrift „Nature“ üben Kommentatoren harte Kritik und bemängeln Schlampereien bei der Bergung sowie Versäumnisse und Verzögerungen bei der Untersuchung des „Eismanns“.
1994: Wissenschaftler untersuchen mit Röntgen, Computertomografie und der Entnahme von Gewebeproben das Innenleben der Gletschermumie.
16. Jänner 1998: Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wird die Mumie in einem speziellen Kühltransporter von Innsbruck nach Bozen überführt, wo für dessen Präsentation eigens ein Archäologiemuseum eingerichtet wurde.
28. März 1998: Das Archäologiemuseum in Bozen wird eröffnet. Durch Sicherheitsglas können Besucher einen Blick auf die Mumie werfen, die in einer speziellen Kühlzelle bei minus sechs Grad und 98 Prozent Luftfeuchtigkeit aufbewahrt wird.
Juli 2001: Wissenschaftler entdecken bei Röntgenuntersuchungen eine bis dahin nicht bekannte Pfeilspitze im linken Schulterbereich. „Ötzi“ war von hinten angeschossen worden.
Dezember 2003: Nach konstantem Gewichtsverlust erhält „Ötzi“ eine neue, verbesserte Kühlzelle.
September 2006: Die durch die Pfeilspitze verursachte Verletzung einer großen schulternahen Arterie stellt sich als Todesursache von „Ötzi“ heraus.
3. März 2009: Nach einem 48 Stunden dauernden Fotoshooting sind hochauflösende Fotos der Gletschermumie auch in 3-D im Internet abrufbar.
30. August 2010: Nach jahrelangem Rechtsstreit erhält Finderin Erika Simon (ihr Mann ist inzwischen verstorben) einen Finderlohn in Höhe von 175.000 Euro.
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