Vertrag mit Briefkastenfirma in Panama?
Der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly könnte laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“ für seine Dienste rund um die Auftragsvergabe des Blaulichtfunknetzes Tetron 2004 bis zu 3,7 Millionen Euro kassiert haben. Neben jenen 1,1 Mio. Euro, welche die Telekom Austria (TA) überwies, könnte er weitere 2,6 Millionen vom seinerzeitigen Tetron-Konsortialpartner Motorola erhalten haben, heißt es.
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Das Nachrichtenmagazin berief sich in seinem Bericht Ende August auf einen im Jahr 2005 zwischen einer deutschen Tochter des US-Konzerns und der panamaischen Briefkastengesellschaft Valurex International SA geschlossenen Provisionsvertrags, der dem „profil“ laut eigenen Angaben vorliegt. Valurex wird dem verstorbenen „Wahlonkel“ Mensdorff-Pouillys, Timothy Landon, zugeschrieben.
Gemäß Vertrag sollte der Panama-Briefkasten unter anderem Motorola-Endgeräte bei Österreichs Feuerwehren, Rettungsdiensten und Sicherheitsbehörden „aktiv promoten“, die „Kundenzufriedenheit“ bei den Abnehmern erheben und Motorola außerdem noch in „ökologischen“, „rechtlichen“ und „administrativen Fragen“ beraten.
1,1-Mio.-Zahlung bestätigt
Auch die „Kommunikation“ zwischen Innenministerium und Motorola sollte laut „profil“ über Valurex laufen. Im Gegenzug gestand laut dem Magazin Motorola Valurex eine Provision von bis zu fünf Prozent pro tatsächlich verkauftes Endgerät zu, wobei die Gesamtprovision den Betrag von 2,6 Millionen Euro exklusive Umsatzsteuer nicht überschreiten durfte.
Mensdorff-Pouilly selbst hat eine 1,1-Mio.-Euro-Zahlung der Telekom an ihn bestätigt. Aus dem Geld seien aber keine Bestechungen bzw. Provisionszahlungen getätigt worden, so der Lobbyist und Großgrundbesitzer. Mensdorff-Pouilly ist der Ehemann der früheren ÖVP-Umwelt- bzw. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat.
Strasser entzog Auftrag
Motorola und Alcatel hatten bei einer überraschenden Neuvergabe des Blaulichtfunks durch den damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) den Zuschlag erhalten, die TA hatte für „Tetron“ die Netzinfrastruktur geliefert. Dem Konsortium mastertalk (Siemens, Verbund, Wiener Stadtwerke und Raiffeisen) war 2003 von Strasser der Auftrag entzogen worden. Ein Rechtsstreit mit den Unternehmen wurde 2006 mit einer Zahlung von 29,9 Millionen Euro durch den Bund an mastertalk beigelegt. Über die Zahlung wurde damals Stillschweigen vereinbart. Strasser weist den Vorwurf jeglicher Unregelmäßigkeiten zurück.
Alcatel dementiert Korruptionsverdacht
Ebenso dementierte Alcatel jegliche Vorwürfe von Korruption. „Wir als Alcatel Lucent haben keinerlei Provisionszahlungen getätigt, an niemanden“, so die Unternehmenssprecherin von Alcatel Österreich, Hanna Weinzinger, auf Anfrage zur APA.
Das Magazin „News“ hatte zuvor unter Berufung auf den Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler berichtet, dass bei dem Geschäft Korruptionsverdacht bestehe: So soll die 1,1-Mio.-Euro-Zahlung an Mensdorff-Pouilly im Jahr 2008 in Wahrheit im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe im Polizeifunkprojekt im Jahr 2004 stehen.
Mensdorff-Pouilly: Alles ordentlich verbucht
Mensdorff-Pouilly selbst bestätigte, von der Telekom tatsächlich 1,1 Mio. Euro an seine Firma erhalten und auch „ordnungsgemäß verbucht“ sowie „der Besteuerung zugeführt“ zu haben. Das teilte dessen Anwalt Harald Schuster in einer Aussendung mit. „Die Verwendung dieser Gelder ist sowohl in der Buchhaltung als auch in den Bilanzen nachvollziehbar, und es ist somit evident, dass keine Bestechungen bzw. Provisionszahlungen getätigt wurden.“
ÖVP-Politiker wurde Alcatel-Chef
Laut „News“ soll der Wiener ÖVP-Politiker Harald Himmer, seit 2007 auch der Alcatel-Generaldirektor, eine zentrale Rolle bei der Auftragsvergabe gespielt haben. Laut Recherchen des Magazins habe auch Alcatel an Mensdorff-Pouilly in Sachen Digitalfunknetz gezahlt. Himmer selbst soll bei Telekom-Vorstand Rudolf Fischer mehrmals darauf gedrängt haben, dass auch die Telekom endlich ihre alte offene Rechnung bei dem Lobbyisten begleichen solle. Alcatel dementiert jegliche Provisionszahlungen. Himmer war auf APA-Anfrage nicht zu sprechen.
Der Anwalt Strassers, Thomas Kralik, dementierte jegliche Unregelmäßigkeiten. Strasser habe ihm gegenüber betont, dass bei der Vergabe des Polizeifunks alles ordnungsgemäß abgewickelt worden sei. Es seien auch keine ungerechtfertigten Zahlungen geflossen. Der Anwalt Mensdorff-Pouillys betonte, der Infotech-Zahlung an seinen Mandanten seien reelle Leistungen gegenübergestanden.
Vorwürfe gegen Mikl-Leitners Kabinettschef
Ebenfalls in der Affäre genannt wurde indes der Kabinettschef von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Laut einem internen Aktenvermerk der TA, von dem „profil“ in seiner Onlineausgabe berichtete, soll Michael Kloibmüller bei einem Treffen am 12. August mit Vertretern des Unternehmens die Informationspolitik des Konzerns in Zusammenhang mit früheren Zahlungen an Mensdorff-Pouilly als zu offensiv kritisiert und vor unangenehmen Konsequenzen gewarnt haben. Kloibmüller bestreitet solche Aussagen und spricht von einer „Sauerei“.
Das Innenministerium war bemüht, Kloibmüller aus der medialen Schusslinie zu bekommen. Das Ministerium spielte eine E-Mail eines Telekom-Mitarbeiters an Kloibmüller den Medien zu. In diesem wird die zuvor erfolgte Klarstellung des Kabinettschefs bestätigt, es folgt auch eine Entschuldigung für die „Unannehmlichkeit“.
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