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Antrag nun schriftlich eingebracht

In ihrer letzten Rede vor dem Nationalrat hat Ex-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat sich am Freitag Gehör für einen Gesetzesantrag zur Änderung der Bundeshymne verschaffen wollen. Dazu kam sie jedoch nicht, die ÖVP gönnte ihr nicht eine Sekunde Redezeit.

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In einer Geheimaktion hatten sich die Mandatarinnen von SPÖ und Grünen mit ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm zusammengefunden, um in einem gemeinsamen Initiativantrag eine Textänderung der Bundeshymne einzufordern. Statt „Heimat bist du großer Söhne“ soll es künftig „Heimat großer Töchter, Söhne“ heißen. Ex-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat sollte das in ihrer Abschiedsrede aus dem Nationalrat vortragen.

Süßstoff, Schweinemast und Wein statt Hymne

Ihre männlichen ÖVP-Klubkollegen verhinderten das aber mit Endlosreden über Themen wie neue Süßstoffe, Schweinemast und die Qualität des österreichischen Weins. Von den fünf Rauch-Kallat ursprünglich zugestandenen Redeminuten blieb gerade noch eine über - und die verbrauchte in der Schlussdebatte dann noch ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, der angesichts des Spotts aus den Oppositionsreihen gleich noch die Konzentration verlor und statt eines Plans zur Selbstmordprävention einen „nationalen Selbstmordplan“ bewarb.

Rauch-Kallat äußerte am Samstag Kritik am Verhalten ihrer Parteikollegen: Der Klub habe sich „keinen guten Dienst erwiesen“, sagte sie gegenüber Ö1. Der Antrag sei ein „Beitrag zur Eliminierung von sprachlicher Diskriminierung“, so Rauch-Kallat. Hätte sie die Aktion mit dem Klub besprochen, wäre das nicht zustande gekommen, meinte sie. Die ehemalige Frauenministerin vermutete allerdings auch mögliche Widerstände bei den Männern der SPÖ.

Abschied unter Jubel für andere ÖVP-Politiker

Dass Rauch-Kallat den Antrag nicht selbst begründen durfte, fand Schittenhelm gegenüber Journalisten bedauerlich. Dass es sich um eine gezielte Aktion von Klubchef Karlheinz Kopf gehandelt haben könnte, wollte sie so nicht bestätigen. Vielleicht habe es sich ja um ein Versehen gehandelt.

Dieser ungewöhnliche Abtritt ist umso auffälliger, als andere ehemalige Parteigrößen wie Wilhelm Molterer und Ursula Plassnik jüngst mit Beifall aus dem Hohen Haus entlassen wurden. Der frühere Partei- und Klubchef, der mit Jahresmitte zur Europäischen Investitionsbank wechselte, warb in seiner letzten Rede vor dem Hohen Haus unter anderem für „Respekt“ - auch der Politiker untereinander. Die Klubspitze gratulierte gerührt, auch die Vertreter anderer Fraktionen schüttelten begeistert die ehemaligen Vizekanzlerhände.

Erste Bemühungen schon vor sechs Jahren

Die Bundeshymne „weiblicher“ zu machen, ist ein Projekt, das Rauch-Kallat schon seit Jahren verfolgt. 2005 machte sie als Frauenministerin den ersten Vorstoß, auch die Töchter entsprechend zu würdigen. Dieser versickerte zunächst in der eigenen Partei, die heutige Ressortchefin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat ihn wieder aufgenommen.

Zuletzt beworben wurde die Umtextung im Zuge einer Bildungsinitiative von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Popstar Christina Stürmer sang da von der Heimat „großer Söhne und Töchter“. ÖVP-Frauenchefin Schittenhelm gefiel es, und so verständigte sie sich auf Initiative Rauch-Kallats mit den Frauen der Parteien links der Mitte, um in einem Überraschungscoup kurz vor der parlamentarischen Sommerpause einen entsprechenden Antrag auf den Weg zu schicken.

Kopf: Kein Kommentar

ÖVP-Klubobmann Kopf wollte sich am Samstag nicht zu den Vorgängen äußern. Gefragt, ob der gesamte Klub den Vorschlag der ÖVP-Frauen auf Änderung der Bundeshymne unterstütze und ob es sich bei der verhinderten Rede Rauch-Kallats um ein Redeverbot gehandelt habe, erklärte Kopf heute auf Anfrage der APA lediglich, dass er keinen Kommentar abgeben wolle.

SPÖ: Vorschlag „unaufgeregt“ diskutieren

SPÖ-Klubobmann Josef Cap steht einer Änderung der Bundeshymne, damit auch die „Töchter“ darin vorkommen, positiv gegenüber: Es sei „Fakt“, dass Österreich auch „große Töchter“ habe, und das in der Hymne zu berücksichtigen, sei ein „berechtigtes Anliegen“, erklärte er. Man solle die Sache nun „unaufgeregt“ und in Ruhe diskutieren. Auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) begrüßte den entsprechenden Antrag. Dazu, dass Rauch-Kallat nicht zu Wort gekommen war, wollte sich Cap nicht äußern: Er kommentiere grundsätzlich nicht die Erstellung der Rednerlisten der anderen Parteien.

Für Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) wäre eine Änderung der Bundeshymne, wonach auch die „Töchter“ aufgenommen werden, ein „ganz wichtiges Signal“. Die Regierung könnte das rasch umsetzen, wünschte sich Prammer am Samstag in der Ö1-Sendereihe „Im Journal zu Gast“ eine Änderung noch heuer - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Grüne: Verhalten ist „peinlich“

Bei den Grünen sorgte das Verhalten der ÖVP-Männer für Kopfschütteln: „Diese Änderung ist ein symbolischer Akt - wieso das zu so viel Aufregung und Irritation führt, ist nicht nachzuvollziehen“, meinte die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner am Samstag. „Das Verhalten der ÖVP-Männer, Rauch-Kallat die Abschiedsrede zu vereiteln, weil sie ein ihr schon lange wichtiges Thema auch symbolisch noch einmal durchsetzen wollte, ist peinlich.“

BZÖ: Antrag „pure Heuchelei“

Kritik an der Ex-Frauenministerin übte das BZÖ: „Rauch-Kallat stellt das personifizierte Macht- und Mobbingtum der ÖVP dar“, meinte Abgeordneter Gerald Grosz in einer Aussendung. Der „Einsatz“ für die Frauen in der Bundeshymne sei „pure Heuchelei“, Rauch-Kallat habe sich „Zeit ihres Lebens ausschließlich für schwarze Macht und Lobbypolitik eingesetzt“.

FPÖ-Frauensprecherin Carmen Gartelgruber lehnt ein „Herumdoktern“ am Text der Bundeshymne kategorisch ab. „Es ist einfach nur peinlich, wenn die ÖVP-Frauen versuchen, ihre männlichen Kollegen im Klub auszutricksen und dabei auch noch spektakulär scheitern, so dass am Ende der Eindruck bleibt, dass Mastschweine und Süßstoff wichtiger sind als Frauenanliegen“, meinte sie im Hinblick auf die Themen der Endlosreden der männlichen ÖVP-Abgeordneten.

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