Weitere Sparmaßnahmen erwartet
Die portugiesische Regierung hat schon am Osterwochenende ihr Defizit von 8,6 auf 9,1 Prozent für 2010 nach oben korrigiert. Wenig später bestätigte die Europäische Statistikbehörde Eurostat diese Zahlen. Diesen Berechnungen zufolge sei die finanzielle Lage auch in Griechenland noch ernster als gedacht. Dort läge der Fehlbetrag im Haushalt bei 10,5 statt 9,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Eurostat hatte schon mehrmals die Zahlen für Griechenland nach oben revidiert. Das Problem gefälschter Statistiken sei nun aber kein Thema mehr, hieß es vonseiten der EU-Kommission: „Seit November 2010 sind die Daten Griechenlands zu 100 Prozent vertrauenswürdig.“
Nach dem Vertrag von Maastricht sind höchstens drei Prozent des BIP erlaubt. Portugal suchte erst vor drei Wochen Zuflucht unter den Euro-Rettungsschirm und bat um Milliardenkredite. Wie groß der Finanzbedarf für Portugal ist, wird derzeit von IWF und EU ausgelotet. Im Gespräch sind Kredite in der Höhe von rund 80 Milliarden Euro.
Methodische Änderung
Die neue Berechnung wurde vom portugiesischen Statistikamt damit begründet, dass nun Unternehmen, die dem Staat gehören, bei der neuen Berechnung in den Haushalt einbezogen werden. Dadurch seien die Staatsschulden gestiegen, die 2010 93 Prozent des BIP betrugen - zehn Prozent mehr als angenommen. Das sei nur eine methodische Änderung, die keine Probleme für die Zukunft bringen werde, so die Regierung. Seit einigen Tagen wird bereits über ein Sparprogramm verhandelt. Analysten erwarten nun weitere Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen, die auch von IWF und EU für ihre Hilfe gefordert werden würden.
In Griechenland bekommen die seit Tagen nicht enden wollende Diskussionen über eine mögliche bevorstehende Umschuldung des Landes neuen Auftrieb. Sofort nach Bekanntgabe der neuen Defizitzahlen betonte die griechische Regierung, sich weiter auf seinen Reform- und Sparkurs zu konzentrieren. Medienberichten zufolge muss das südliche EU-Land in den kommenden Monaten knapp drei Milliarden Euro zusätzlich sparen.
Die EU lobte die griechischen Sparziele. Mögliche Konsequenzen seien noch kein Thema: „Es ist verfrüht, über mögliche Konsequenzen zu reden“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn.
„Es gibt keinen schmerzfreien Weg“
Unter Experten ist eine Umschuldung umstritten. Die EZB warnte vor der Illusion, die Krise könnte dadurch gelöst werden: „Es gibt keinen schmerzfreien Weg“, betonte Chefvolkswirt Jürgen Stark. Medien berichteten, dass die griechische Regierung eine freiwillige Vereinbarung mit den Gläubigern über längere Rückzahlungsfristen überlege. Das wurde von Athen bisher aber immer zurückgewiesen. Athen hatte bereits vor einem Jahr ein Hilfspaket von 110 Milliarden Euro zugesagt bekommen.
Die höheren Defizitzahlen führte das griechische Finanzministerium nun auf den Einbruch der griechischen Wirtschaft zurück. Die Wirtschaftsleistung sank nach Angaben des Statistischen Amtes (ELSTAT) 2010 um 4,5 Prozent. Dadurch seien die Steuereinnahmen gesunken.
Zweifel an Fortschritten
Das höhere Defizit wurde auf den Finanzmärkten kritisch aufgenommen. „Die heutigen Zahlen zeigen, dass der Weg zu einer nachhaltigen Stabilisierung der griechischen Staatsfinanzen noch sehr weit ist“, hieß es vonseiten der Commerzbank. Die Defizitquote konnte im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2009 um knapp fünf Prozentpunkte auf 10,5 Prozent gedrückt werden. „Viele werden aber daran zweifeln, dass ähnliche Fortschritte in den kommenden Jahren möglich sein werden.“
Athen war 2010 auch beim öffentlichen Schuldenstand an der Spitze. Nach Maastricht-Kriterien sind 60 Prozent des BIP erlaubt. Griechenland hatte 142,8 Prozent, gefolgt von Italien mit 19 Prozent, Belgien (96,8 Prozent) und Irland (96,2 Prozent).
„Restrukturierung wird kommen“
Die ständigen Spekulationen über eine mögliche Umschuldung Griechenlands verschärfen die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Landes. Entsprechend steigen auch die Aufschläge für griechische Anleihen. Eigentlich ist geplant, dass sich Griechenland ab 2012 wieder auf dem Kapitalmarkt refinanziert. Das scheint aber angesichts hoher Risikoauschläge für Anleihen nicht machbar zu sein.
„Unabhängig davon, was europäische Notenbank- oder Regierungsvertreter sagen, die Märkte scheinen nach wie vor davon auszugehen, dass die Restrukturierung der griechischen Staatsschulden demnächst kommen wird“, hieß es in einem Kommentar der HSH Nordbank.
Links: