„Eindeutig nicht sicher“
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat eine erhöhte radioaktive Strahlung in der Region um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima I gemessen. So sei in dem Ort Iitate, 40 Kilometer nordwestlich des Kraftwerks, eine Strahlenbelastung von bis zu zehn Mikrosievert pro Stunde festgestellt worden.
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Um Tsushima seien sogar 100 Mikrosievert pro Stunde gemessen worden. Das teilte die Organisation am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Tokio mit, die im Internet übertragen wurde. Jan van de Putte, Strahlenexperte von Greenpeace: "Es ist für die Menschen eindeutig nicht sicher, in Iitate zu bleiben, vor allem für Kinder und schwangere Frauen. Sie könnten die maximal zulässige jährliche Strahlendosis in nur wenigen Tagen abbekommen."

Greenpeace/Christian Aslund
Greenpeace-Messungen auf Kinderspielplatz
Van de Putte sagte, kämen weitere Faktoren wie Kontamination durch Einatmen von radioaktiven Partikeln hinzu, seien die Risiken noch höher. Das Greenpeace-Team hatte sich mehrere Tage in der Region aufgehalten und die Radioaktivität gemessen.
Ausweitung der Sperrzone gefordert
Die Greenpeace-Messungen hätten die gleichen Werte wie die Messungen der japanischen Behörden ergeben. Die Organisation forderte jedoch die Ausweitung der Sicherheitszone um Fukushima I. Selbst die japanische Regierung räumt mittlerweile ein, dass ein Umkreis von 20 Kilometern um Fukushima I „wahrscheinlich“ kontaminiert ist und es ein Gesundheitsrisiko gebe.

Greenpeace/Christian Aslund
Maximale jährliche Dosis in wenigen Tagen erreicht
Am Dienstag wurde auch in der Opposition die Forderung an Ministerpräsident Naoto Kan laut, die Evakuierungszone um Fukushima I auszuweiten. Damit müssten zusätzlich zu den bereits in Sicherheit gebrachten 70.000 Bewohnern weitere 130.000 Menschen ihre Wohnorte verlassen.
Situation in Notlagern ernst
Die Situation der Menschen wird indes immer schwieriger. 190.000 Menschen sind noch in Notlagern untergebracht. Trotz Warnungen kehren zahlreiche Flüchtlinge aus der 20 bis 30 Kilometer großen Evakuierungszone in ihre Häuser zurück, berichtete der Fernsehsender NHK. Die Menschen seien erschöpft vom Leben in den Notlagern, sagte die Provinzregierung in der Region. Es sollten daher die Hilfslieferungen in die Evakuierungszone verstärkt werden.
Wind dreht in Richtung Tokio
Auch die Gefahr für Tokio ist noch nicht gebannt. Zwar weht der Wind aus Südwesten die radioaktiven Partikel noch auf den Pazifik hinaus. Mittwochabend soll der Wind mit Böen bis Stärke sechs allerdings in Richtung Millionenmetropole Tokio drehen. „Dort steigt die Konzentration folglich an, allerdings deutlich verdünnt gegenüber der Ausgangsregion“, berichtete der Deutsche Wetterdienst (DWD). Dazu soll noch Regen kommen, der die gefährlichen Partikel auf den Boden bringen kann.
Meerwasser stark verseucht
Die Auswirkungen der Atomkatastrophe auf die Umwelt werden immer gravierender: Im Meerwasser rund 300 Meter südlich der Anlage sei eine Konzentration von radioaktivem Jod gemessen worden, die um das 3.355-Fache über dem zulässigen Höchstwert liege, berichteten die japanische Nachrichtenagenturen Jiji und Kyodo am Mittwoch. Es ist die höchste Konzentration an Jod, die seit Beginn der Katastrophe nach dem Erdbeben am 11. März gemessen wurde.
Täglich Massenbegräbnisse
Die Aufräumarbeiten in der nordwestlichen Küstenregion laufen auf Hochtouren. Viele Städte wurden vom Tsunami fast vollständig zerstört. Immer wieder werden Leichen geborgen, jeden Tag finden Massenbegräbnisse statt - Video dazu in iptv.ORF.at. Tausende Tote konnten noch immer nicht identifiziert werden. Bei etwa 4.000 Toten, die in den Präfekturen Miyagi, Iwate und Fukushima gefunden wurden, sei noch unklar, um wen es sich handelt, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Dienstag unter Bezug auf lokale Polizeibehörden.
Die Polizei veröffentliche deswegen nun Informationen zu Kleidung und Größe der Toten sowie zu persönlichen Dingen, die bei den Leichen gefunden wurden. Offiziell starben mehr als 11.000 Menschen, über 16.000 Menschen gelten immer noch als vermisst.
Hilfsgüter kommen zögerlich an
Die internationalen Hilfslieferungen liefen kurz nach dem Erdbeben und dem Tsunami an. Viele Lieferungen erreichen die Flüchtlinge aber nur zögerlich. Ein Mitarbeiter einer Botschaft in Tokio kritisierte in der Zeitung „Yomiuri“: „Wenn wir mehr konkrete Informationen von der japanischen Regierung bekommen würden, welche Hilfen in bestimmten Gebieten benötigt werden, könnten wir effizienter helfen.“ Die EU schickt Trinkwasser und Radioaktivitätsmessgeräte. Bisher stellte die EU 220 Tonnen Hilfsgüter zur Verfügung, darunter Matratzen, Schlafsäcke, Decken und Lebensmittel.
Immer wieder Beben
Auch die Gefahr weiterer Beben in Japan ist nicht gebannt. Erst am Montag gab es neuerlich ein Erdbeben mit einer Stärke von 5,1 laut US-Erdbebenwarte. Das Zentrum lag nach Angaben der nationalen meteorologischen Behörde vor der Krisenregion Miyagi, rund 160 Kilometer von Fukushima entfernt.
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