Von Tunesien nach Ägypten
Spanien hat am Donnerstag ein Militärflugzeug an die Grenze zwischen Libyen und Tunesien geschickt, um rund 4.000 Ägypter, die vor den blutigen Unruhen aus Libyen geflohen sind, in ihre Heimat zu bringen. Das bestätige am Donnerstag Spaniens Außenministerin Trinidad Jimenez.
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Am Mittwoch hatte Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero bei einem Besuch in Tunesien dem Interimspräsidenten Fouad Mebazaa und dem neu ernannten Ministerpräsidenten Beji Caid Essebsi die spanische Hilfe zugesagt. Damit ist Spanien das erste EU-Land, das Tunesien bei der Bewältigung der großen Flüchtlingsströme an der Grenze zu Libyen hilft.
EU verdreifacht Hilfe
Laut ungarischer EU-Ratspräsidentschaft werden dringend Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge benötigt. Die ungarische Staatsministerin im Außenamt, Enikö Györi, sagte im Zuge eines Besuchs an der tunesisch-libyschen Grenze am Donnerstag in einem Telefonat mit der APA: „Das größte Problem ist die Evakuierung. Am dringendsten werden Fahrzeuge, Schiffe und Zelte benötigt.“
Die Europäische Union verdreifachte ihre humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus Libyen. Die für Katastrophenhilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgijewa kündigte am Donnerstag eine Aufstockung der Unterstützung der EU-Kommission von derzeit zehn auf 30 Millionen Euro an. Mit dem Geld sollen Zelte, Nahrungsmittel und medizinische Versorgung bereitgestellt werden.
180.000 Menschen auf der Flucht
Derzeit befinden sich an der Grenze zwischen Tunesien und Libyen rund 100.000 Menschen, die vor den blutigen Angriffen der Milizen des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi gegen Regimegegner und Demonstranten auf der Flucht sind. Die Zahl der Flüchtlinge aus Libyen ist insgesamt auf mehr als 180.000 gestiegen. Das bestätigte die Sprecherin des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR), Melissa Fleming, am Donnerstag in Genf.
„Und die Zahl steigt weiter“, sagte Fleming. Von ihnen seien rund 80.000 nach Ägypten und etwa 3.000 nach Tunesien eingereist, andere warteten an der Grenze. Am Mittwoch seien 7.500 Menschen an der Grenze zu Tunesien angekommen, vornehmlich Menschen aus Bangladesch. Es herrsche Angst und Betroffenheit unter den Menschen, sagte Fleming.
Das spanische Militärflugzeug, das zudem mit 30 Tonnen Hilfsgütern beladen ist, wird voraussichtlich dreimal täglich ägyptische Flüchtlinge von der tunesischen Grenze nach Kairo fliegen. Ferner könnte Spanien Schiffe bereitstellen, um Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen, versprach Zapatero bereits am Mittwoch der tunesischen Übergangsregierung.
„Marshall-Plan für Nordafrika“
Um die wirtschaftliche Erholung in Tunesien zu unterstützen, werde Spanien zudem einen Kredit in Höhe von 300 Millionen Euro über die kommenden drei Jahre bereitstellen. „Spanien will an der Spitze der Länder stehen, die den demokratischen Wandel in der arabischen Welt unterstützen“, sagte Zapatero laut spanischen Medienberichten vom Donnerstag.
Der spanische Premier sprach sich für einen internationalen „Marshall-Plan“ für die nordafrikanischen Länder aus und kündigte an, sich bei der Europäischen Union für eine Unterstützung der Flüchtlinge aus Libyen einzusetzen. Die EU solle einen Plan aufstellen, um die aus Libyen geflüchteten ausländischen Arbeitskräfte in ihre Heimatstaaten zurückzubringen, so Zapatero weiter.
Auch Malta bereitet sich derzeit auf die Aufnahme von Flüchtlingen vor. Am Freitag fliegt der Burgenländer Hannes Guger für das Rote Kreuz nach Malta, um zu helfen - oesterreich.ORF.at.
WHO bereitet Hygiene Sorgen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte vor Epidemien in den tunesischen Lagern. Es gebe noch keine humanitäre Krise, aber ein „reales“ Risiko von Epidemien, sagte der ranghohe WHO-Vertreter Eric Laroche am Donnerstag in Tunis. In den Lagern herrschten eine große Beengtheit und mangelnde Hygiene, berichtete Laroche nach einer Fahrt in den Süden Tunesiens.
Es sei daher dringend, die Flüchtlinge per Flugzeug und Schiff in ihre Heimat zu bringen und ein Überwachungs- sowie Frühwarnsystem für ansteckende Krankheiten einzurichten. Die WHO benötige rund drei Millionen Dollar (2,1 Mio. Euro) an Soforthilfe für ihre Arbeit in Tunesien, schätzte Laroche.
Auch Italien und Deutschland machen mit
Der italienische Ministerrat gab unterdessen am Donnerstag grünes Licht für eine humanitäre Mission in Tunesien, um den Flüchtlingen aus Libyen zu helfen. Das teilte Italiens Innenminister Roberto Maroni mit. Im Auftrag der ägyptischen Regierung werde Italien Tausende ägyptische Migranten, die aus Libyen nach Tunesien geflüchtet sind, bei der Heimkehr unterstützen, so Maroni. Zu diesem Zweck wird Rom Schiffe der italienischen Marine, Fähren und Charterflüge zur Verfügung stellen.
Deutschland will sich mit drei Schiffen der deutschen Bundeswehr ebenfalls an der Hilfsaktion für ägyptische Flüchtlinge aus Libyen beteiligen. Die Schiffe sollen Ägypter aus Tunesien über das Mittelmeer in ihre Heimat zurückbringen, kündigte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FPD) am Donnerstag an.
„Massenflucht soll vorgebeugt werden“
Italien erklärte sich bereit, die tunesischen Behörden bei der Patrouillierungsaktion der Häfen zu unterstützen, um somit Massenabfahrten von Migranten in Richtung Süditalien abzuwenden. Seit Dienstagabend haben 700 meist tunesische Flüchtlinge die italienische Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Tunesien erreicht, hieß es am Donnerstag. „Wir wollen eine Massenflucht in Richtung Europa vorbeugen“, sagte Innenminister Maroni am Donnerstag.
Italien will in einigen Tagen nahe der tunesischen Grenze ein Transitlager für mindestens 50.000 Flüchtlinge aus Libyen errichtet haben. Damit sollen jene, die vor den Bürgerkriegswirren in Libyen fliehen, Hilfe, Nahrung und medizinische Versorgung erhalten können, kündigte Außenminister Franco Frattini am Mittwochabend an. Derzeit befinden sich an der Grenze zwischen Tunesien und Libyen rund 100.000 Menschen, die vor den Kämpfen zwischen den Milizen Al-Gaddafis und Regimegegnern auf der Flucht sind.
Amnesty fordert offene Grenzen
Amnesty International forderte die Nachbarstaaten Libyens auf, ihre Grenzen geöffnet zu halten, wie die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in einer Aussendung mitteilte. Befürchtet wird eine humanitäre Krise im Zuge der anhaltenden Unruhen in Libyen. Amnesty verlangte daher von den Nachbarländern, ihre Grenzen geöffnet zu halten und allen Flüchtlingen aus Libyen - gleich welcher Herkunft - Schutz und Hilfe zu gewähren.
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